Das Leben ist kein Wunschkonzert

VIERUNDSIEBZIG

Fieberhaft dachte ich nach, aber mir fiel nichts Glaubhaftes ein, also fing ich an zu stottern: "Ähm... Ich... Also, ja... Ich bin... Vom Fahrrad gefallen."

Herr Koch seufzte und zog eine Augenbraue hoch. "Selbst wenn das eine gute Ausrede wäre, müsste die nächstes Mal noch deutlich selbstbewusster rüberkommen, um jemanden zu überzeugen. Ehrlich Vitus, ich soll dir das glauben?" fragte er und musterte mich eindringlich.

Erneut entwich ihm ein Seufzen, dann wanderten seine Augen zum Fenster und sein Blick wurde für einen Moment nachdenklicher. Mein Lehrer schien lange nachzudenken, dann musterte er wieder mich sah mir direkt in die Augen.

Es war, als versuchte mein Lehrer mir direkt in die Seele zu schauen, also wand ich meinen Blicl ab und starrte auf meine Schuhe.

Als nach winer Weile immernoch niemand von uns etwas gesagt hatte, fragte ich vorsichtig: "Darf ich jetzt gehen?". Als ich nun wieder Herrn Koch mussterte, sah ich, dass er angestrengt und müde aussah. Machte er sich etwa Sorgen um mich?

Obwohl er nichts sagte, zwang sein Blick mich dazu, weiterzureden.

"Also gut, ich habe mich geprügelt. Mit einem Jungen aus dem Heim.", erklärte ich und hatte dabei gar nicht mal gelogen. Als ich Herrn Kochs fragenden Blick sah, fügte ich noch schnell hinzu: "Aber der Heimleiter darf das nicht erfahren, sonst geht das noch schlimmer aus."

Immernoch hatte ich nicht gelogen. "Wenn ich oder irgendwer anders dir irgendwie helfen kann, dann sag bitte Bescheid, Vitus. Und jetzt geh.", sagte mein Lehrer und mach eine Kopfbewegung in Richtung Tür. Schnellen Schrittes und ohne mich noch einmal umzudrehen, verließ ich den Klassenraum und eilte auf den Schulhof.

Draußen atmete ich die frische Luft ein und meine Kopfschmerzen wurden weniger. Ich schloss die Augen und atmete tief ein. Die Luft war in den letzten Wochen deutlich kühler geworden und man merkte, dass der Herbst vor der Tür stand. Nicht mehr lange und die Bäume würden ihre Blätter verlieren.