Kapitel 6 - Keiner glaubt Verrückten

22 2 2
                                    

Zitternd liege ich im Zimmer meiner Schwester. Stimmt das, was sie in diesem Buch geschrieben hat? Wieso sollte Mike so was tun? Aber wieso sollte Issie lügen? Immerhin ist sie tot. Ich versuche mich zu erinnern wann ungefähr das alles passiert sein sollte. Letztes Schuljahr haben die zwei auf einmal kein Wort mehr miteinander gesprochen. Ich habe Issie mal gefragt was da zwischen denen vorgefallen sei und sie meinte nur, dass Mike etwas ziemlich dolle verbockt hat. Gedacht aber ich mir schon, dass er bestimmt versucht hatte sie zu küssen oder so was, aber dass Mike so weit ging war schrecklich. Er hat meiner kleinen Schwester etwas schrecklich grausames angetan ohne zu zögern und Issie konnte nicht darüber reden. Es ist verständlich, ich könnte so was wahrscheinlich auch nicht über so was reden. Doch ich konnte ihr auch nicht helfen, doch ich werde ihr helfen, wenn auch zu spät.

Da heute Montag ist werden Eric und ich heute zur Schule gefahren. Wutentbrannt sitze ich im Auto und Eric fragt mich immer wieder was los ist aber ich kann es ihm nicht sagen. Issie wollte noch nicht mal, dass ich von diesem Ereignis weiß dann hätte sie erst recht nicht gewollt, dass Eric es weiß. Als der Wagen hält springe ich förmlich aus dem Auto doch Eric hält mich zurück. "Falls du es vergessen hast, Amanda. Du wolltest mich doch zum Sekretariat bringen und all diesen Neuling-Kram mit mir erledigen." Hin und her gerissen zwischen dem Versprechen Eric gegenüber und dem Vorhaben Mike umzubringen gehe ich erst mal mit Eric. Mike kann ich dann auch in der Pause umbringen. 

Die ersten beiden Stunden habe ich keinen Kurs mit Mike und immer wieder will Emma mit mir reden doch ich bemerke sie kaum. "Am, was ist denn los mit dir? In der Scheune ging es dir doch noch gut." Ich merke, dass in Emmas Stimme ernste Besorgung mit schwingt doch ich bin nicht in der Lage ein Gespräch mit ihr anzufangen. "Es tut mir Leid Emma, aber es ist was passiert und das hat erst mal jetzt Vorrang, verstehst du?" Kein Wort kommt mehr über Emmas Lippen und als Madame Guiseppe endlich den Unterricht beendet eile ich in die Mensa. Hier hält sich die ganze Schule auf und an einem ganz eigenen Tisch die Footballmanschaft. Mike ist schnell entdeckt und ich muss mich beherrschen Mike nicht schon hier und jetzt meine Nägel in die Haut zu rammen. Es klingt zwar etwas sadistisch aber ich habe sie mir gestern Abend noch scharf gefeilt. "Mike, kannst du mir mal bitte bei was helfen?", schnurre ich ihm in sein Ohr darauf bedacht es ihm nicht abzureißen. Ich bemerke ein kleines Funkeln in seinen Augen, er hat meinen Unterton also bemerkt. Breit grinsend schiebt er mich in Richtung Treppenhaus, in den Pausen darf man sich hier nicht aufhalten. Es ist bekannt, dass sich unter der Treppe eine Bank befindet, es heißt, dass der Hausmeister sie dort mal platziert hat. Etwas zu unsanft schubse ich Mike auf die Bank und setze mich breitbeinig auf ihn. "Du magst es also hart und direkt, was, Amanda?" Verführerisch raunt mir Mike ins Ohr und küsst meinen Hals doch mir steigt nur die Galle hoch. "Weißt du Mike. Ich vermisse meine Schwester unglaublich! Wir hatten ein echt enges Verhältnis zueinander und da erzählt man sich so einiges." Mike gibt ein zustimmendes knurren von sich und küsst mein Dekolleté entlang und fasst mir an den Po. Wie mich dieser Kerl anwidert! Ich nehme sein Gesicht ruckartig in meine Hände, schaue ihm tief in die Augen und sage: "Issie hat mir von dem Whirlpool erzählt!" Ich kann meine Wut nicht länger verbergen und grabe meine Nägel tief in seine Haut, die wie Butter nachgibt. "DU hast sie zerstört! DU hast ihr Leben zur Hölle gemacht! Genau DU hast ihr leben auf dem Gewissen, Mike!" Ich kralle mich weiter in seine Haut und blende seinen erstickten Schrei aus. Mir ist alles was er fühlt egal, alles was er je wieder fühlen wird genau so wie es ihm egal war, was er Issie antut! Ich schreie ihm weitere Beleidigungen entgegen und versuche mich mit meinen Nägel an ihm fest zu halten doch er ist stärker als ich und stößt mich von sich weg. Selbstgefällig sehe ich, dass er blutet und stürze mich gleich wieder auf ihn! "Du hast doch keine Ahnung! Du weißt nicht wie schlecht es ihr mit Kai ging! Du weißt..." "Und ob ich das weiß, Mike! Ich weiß alles und bete zu Gott, dass du nicht schlimmer aussiehst als jetzt wenn der Rest der Schule mit dir fertig ist!" Wutentbrannt will ich wieder in die Mensa gehen doch Mike packt mich am Arm und presst mich gegen die Wand. "Du wirst keinem sagen, was ich getan habe, Amanda!" "Sonst was, Mike? Wirst du mich sonst auch so vergewaltigen wie du es bei Issie getan hast? Oder verprügelst du mich dann einfach? Du bist Abschaum, Mike! Purer Abschaum, Mike!" Immer und immer wieder presst Mike mich gegen die Wand, immer und immer härter. "Du bist Widerwärtig, Mike! Ein kleiner ekelhafter Mistkerl!" "Du hast kein Recht mir zu sagen, wer oder was ich bin! Du nicht, Am! Du weißt gar nichts über mich!" Ich schnaube verächtlich woraufhin ich grob geschlagen werde. Die Tür springt auf als ich erneut meine Nägel in seine Haut rammen will. Ich werde im Anlauf zurück gerissen und zwei große Arme schließen sich um mich. "Du bist ein Schwein, Mike Spencer! Ich hoffe du kommst in die Hölle, weil du meine Schwester vergewaltigt hast!" Auf einmal ist es totenstill im Treppenhaus. Die Arme, die mich festgehalten haben, lassen mich los und erst jetzt bemerke ich, dass es Brians Arme waren. Eric steht neben mir und Kai zwischen uns allen. "Stimmt das, Mike?" Kais Stimme zittert und obwohl er genau so das Recht auf die Wahrheit hat hasse ich ihn für die Frage. "Natürlich ist es wahr! Wieso sollte ich oder Issie lügen?" Kais Augen sehen leer aus, wieso schaut er nur so? Er hat ihr Leben immerhin auch verpfuscht! Mike fängt an sich stotternd zu verteidigen: "Amanda spinnt doch! Sie versucht nur jemandem die Schuld an Issies tot zu geben und da komm ich ihr gerade recht! Ich habe rein gar nichts getan! Es sind reine Hirngespinst!" Mit Tränen in den Augen schüttel ich den Kopf. Mein Gesicht pocht noch von seinem Schlag. "Ich sage die Wahrheit! Ich würde niemals jemandem etwas so grauenhaftes anhängen! Es stimmt! Ihr müsst mir glauben!" Nach und nach laufen mir immer mehr Tränen über die Wangen. Meine Hände zittern und mir fällt es schwer gleichmäßig zu atmen. "Glaubt mir oder nicht, aber tote Mädchen lügen nicht!" Mit verschwommenem Blick verlasse ich das Treppenhaus und ich weiß Eric ist mir dicht auf den Fersen. Ich renne durch das halbe Gebäude und gleite irgendwo in einem Flur auf dem Boden. Ich merke wie Eric mich im Arm hin und her wiegt und immer wieder murmelt 'Ich glaube dir, kleine. Ich glaube dir.'

Ohne meine kleine SchwesterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt