Kapitel 3

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Das zweite Schuljahr

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"Wo habt ihr gesteckt?!"

Bei Mrs Weasleys lautem Ruf musste ich den Kopf schütteln. Als Fred, George und Ron sich heute Nacht rausgeschlichen hatten, bin ich aufgewacht und hatte sie gefragt, was sie vorhatten. Sie meinten, sie wollten Harry abholen und seien bald wieder da. Als ich sie gewarnt hatte, ihre Mutter würde das sicher nicht gutheißen, haben sie bloß gemeint, sie würde das nicht einmal merken.

Tja, falsch gedacht.

"Das kommt davon, wenn sie nicht auf mich hören", murmelte ich und ging nach unten, um Harry zu begrüßen.

Die Ferien bei den Weasleys waren ziemlich schön gewesen. Meine Bedenken, sie würden mich anders behandeln, weil ich eine Slytherin war, hatte ich bald vergessen, denn nach kurzer Zeit schon hatte Molly Weasley scheinbar gemerkt, dass die ganzen Vorurteile Slytherins gegenüber nicht auf jeden zutrafen. Außerdem war ich mit dreien ihrer Söhne befreundet. Auch mit Ginny, Rons kleiner Schwester, die dieses Jahr nach Hogwarts kommen würde, hatte ich mich gut verstanden. Genervt hatte jedoch, dass sie die ganzen Ferien ununterbrochen von Harry geredet hatte. Was Arthur Weasley, Rons Dad, anging - ihn hatte der Fakt, dass ich aus der Muggelwelt kam, mehr interessiert, als dass ich eine Slytherin war. Ständig hatte er mich die merkwürdigsten Sachen über Muggelzeug gefragt und mir war aufgefallen, wie wenig die Reinblüter doch von unserer Welt kannten. Der einzige, den ich nicht wirklich mochte, war Percy, aber ihn kannte ich auch schon aus der Schule. Bill und Charlie konnte ich leider nicht kennenlernen, doch Ron sprach in großen Tönen von ihnen.

"Pass du besser auf, dass vor dein Fenster nicht auch Gitter kommen, Ronald Weasley!", sagte Molly gerade, als ich am Ende der Treppe ankam.

Als Harry mich entdeckte, begann er zu lächeln. "Ivy!" Freudig gingen wir aufeinander zu und umarmten uns. "Wie schön, dich zu sehen!", sagte ich. "Wie waren deine Ferien?"

"Naja..." Harry zuckte mit den Schultern und gab mir so zu verstehen, dass seine Tante und sein Onkel noch immer die Biester waren, von denen er uns letztes Jahr erzählt hatte. Ich seufzte und lächelte mitleidig.

"Kommt, Kinder", lächelte Mrs Weasley. "Jetzt wird erstmal gefrühstückt."

Das Frühstück verlief relativ normal und ruhig (wenn man von Ginnys merkwürdigem Verhalten gegenüber Harry, Mrs Weasleys Beschwerde über das Stehlen des Autos und Mr Weasleys Frage, wozu denn Gummienten dienten, absah). Bis Errol angeflogen kam. Er brachte uns die Einkaufslisten für Hogwarts - sogar Harrys und meine. Dumbledore blieb wohl nichts verborgen.

Mrs Weasley stellte uns alle vor dem Kamin auf. "Harry, du machst den Anfang." Sie winkte ihn näher. Ron musste ihr erklären, dass weder Harry, noch ich je zuvor mit Flohpulver gereist waren. Ron zeigte es uns, und ich ging als zweite in den Kamin. "Denk dran", Mrs Weasley hob einen Finger, "schön deutlich sprechen." Ich nickte und nahm eine Handvoll Flohpulver in die Hand, bevor ich es mit dem Wort "Winkelgasse!" fallen ließ.

Feuer umringte mich und ich kniff die Augen zusammen. Als ich sie wieder öffnete, stand ich Ron gegenüber. "Es hat funktioniert", freute ich mich.

"Natürlich hat es das. Jetzt komm schnell aus dem Kamin raus!"

Nach und nach kamen auch alle anderen Weasleys raus, nur Harry fehlte. Mr Weasley erklärte, er hätte genuschelt und sei deshalb vermutlich am falschen Kamin rausgekommen. Wir würden ihn unterwegs suchen.

Wir trafen auch auf Hermine, die uns versprach, mitzusuchen. Kurze Zeit später trafen sie und ich auf Hagrid, der Harry im Schlepptau hatte. Wir verabschiedeten uns von dem Halbriesen und gingen zu den anderen zurück, um unsere Bücher zu kaufen.

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Als ich Gilderoy Lockhart das erste Mal sah, wusste ich augenblicklich, dass ich ihn nicht leiden konnte. Hermine und Mrs Weasley schienen total hin und weg, wobei Ron und ich nur so schnell wie möglich wieder aus dem Laden raus wollten.

Während Harry, Ginny und ihre Brüder, inklusive Ron, sich zum Ausgang begaben, stellte Hermine mir ihre Eltern vor. Sie waren wirklich nett. Ich kam nicht umhin, mich zu fragen, wie meine Eltern wohl früher waren. Immerhin hatte ich kaum noch Erinnerungen an sie. Harry ist der Einzige, der das versteht. Doch ich redete nicht einmal mit ihm über meine Eltern, wenn es sich vermeiden ließ.

Nach einer Weile, in der ich mich mit Mr und Mrs Granger unterhalten hatte, stieß Mr Weasley zu uns und verwickelte sie in ein Gespräch über irgendwelches Muggelzeug. Aus Langeweile sah ich mich um und entdeckte Harry und die anderen, die immer noch am Eingang des Ladens standen - mit Draco Malfoy. Und es sah nicht so aus, als würden sie ein Kaffeekränzchen in freundschaftlicher Runde abhalten. Ich stupste Hermine an und nickte in die Richtung unserer Freunde. Sie verstand. Wir verabschiedeten uns eilig von den Erwachsenen und gingen rüber.

Ein blonder Mann stand vor Harry. Er sah aus, als wäre er mit Draco verwandt, vermutlich sein Vater. Hermine und ich stellten uns zwischen Ginny und Draco.

"Lord Voldemort hat meine Eltern umgebracht", sagte Harry gerade. "Er war ein gemeiner Mörder, sonst nichts."

"Du bist offenbar sehr mutig, seinen Namen zu nennen. Oder aber sehr töricht."

Ich rollte mit den Augen und ehe mich jemand zurückhalten oder ich überhaupt darüber nachdenken konnte, sagte ich: "Angst vor einem Namen macht nur noch größere Angst vor der Sache selbst."

Mr Malfoy drehte sich zu uns um. "Ihr beide seid demnach Miss Granger..." Er sah zu Hermine, die trotzig seinen Blick erwiderte, und dann zu mir. "Und Miss Clover?" Sein Blick wanderte kurz weiter zu Draco, der abfällig nickte. Mr Malfoys Augen bohrten sich in meine, ich erwiderte seinen Blick. Hermine neben mir spannte sich an und starrte Mr Malfoy beinahe so wütend an wie ich. "Ja, Draco hat mir alles über dich erzählt. Über euch beide - und eure Eltern." Er sah zu Hermines Eltern hinüber, die sich nach wie vor mit Mr Weasley unterhielten. "Muggel, oder?" Er schnaubte und wandte sich wieder an mich. "Draco hat recht. Es ist eine Schande, jemanden wie dich nach Slytherin zu schicken."

Nun reichte es mir. Ich fuhr zu Draco herum. "Wie kannst du es wagen?", keifte ich, worauf er seine Augen überrascht etwas aufriss, sich jedoch gleich wieder fing. "Du kennst mich überhaupt nicht", knurrte ich, "also hör auf, über mich zu urteilen. Und dasselbe gilt für Hermine." Damit drehte ich mich um und verließ den Laden, ohne Mr Malfoy noch eines Blickes zu würdigen, um draußen auf die Weasleys zu warten.

Ich hatte gehofft, mit Draco Malfoy einigermaßen Waffenstillstand schließen zu können. Wir mussten uns nicht anfreunden (Merlin, bewahre!), aber ich hatte gedacht, seine blöden Sprüche würde er sich nun verkneifen. Was er seinem Vater jedoch über Hermine und mich erzählt hatte, bewies nur, wie falsch ich mit dieser naiven Annahme doch lag.

Draco Malfoy würde sich nie ändern.

↬ 𝐒𝐞𝐫𝐩𝐞𝐧𝐭 𝐄𝐲𝐞𝐬 // 𝐃𝐫𝐚𝐜𝐨 𝐌𝐚𝐥𝐟𝐨𝐲Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt