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Ich saß auf einer massiven Eiche und starrte auf den Waldboden, während ich gedankenverloren eines der grünen Blätter des Baumes zerrupfte. Meine Gedanken waren aber nicht im Wald, sie waren bei meinen Mitschülern. Alle waren sie heute auf einer Hausparty. Alle würden Spaß haben. Alle waren vor einem Monat eingeladen worden. Alle - außer mir. Und ehrlich gesagt konnte ich es ihnen nicht verübeln. Wer wollte schon einen Freak in seinem Haus haben? Ich strich mir durch das glänzende, braune Haar, welches im Sonnenlicht leicht bläulich schimmerte. Mein Haar war blau wie die Nacht gewesen, bis eine neue Schulordnung solche Haarfarben verboten hatte, und ich sie braun färbte. Nun, im Licht der untergehenden Sonne, schimmerte das blau und ich für meinen Teil, fand das ziemlich hübsch. Es war ein Kompromiss gewesen. Aber auf meine Kleidung, meist Merch von irgendwelchen Superhelden oder Schurken, wollte ich nicht verzichten. Die anderen Leute von meiner Schule sahen mich deshalb oft komisch an. Sie fanden es kindisch. "Entschuldigung, dass ich mir lieber solche Filme ansehe, als irgendwelche Liebesschnulzen", brummte ich und lehnte mich an den massiven Stamm des Baumes. Weil ich nicht ins Bild passte, wollte niemand etwas mit mir zu tun haben. Mit einem Mädchen, dass Team Joker war, nicht Team Edward. Einem Mädchen, dass sich prügelte, wenn es sein musste und nicht ihren Freund vorschickte. Einem Mädchen, dass auf Bäume kletterte, anstatt Bilder für Instagram zu bearbeiten - oder auf Partys zu gehen.

Ich wischte mir einen Käfer von der schwarzen Sport Leggins und wollte mich gerade an den Abstieg machen, denn die knapp 6 Meter nach unten auf den unebenen Waldboden wollte ich nicht springen, am Ende brach ich mir noch den Knöchel, als ich ein Geräusch hörte. Schritte. Sie kamen schwerfällig näher. Mein schlanker Körper erstarrte und ich blieb leise sitzen, froh darüber, kein Shirt in einer knalligen Farben zu tragen. So blieb ich unentdeckt. Jemand schleppte sich unter mir entlang. Ein groß gewachsener Mann mit verdeckter Kleidung. Er lief unter mir vorbei und dann tiefer in Richtung Wald. Doch nur wenige Meter von mir entfernt brach er schließlich zusammen und fiel auf den Rücken. Hastig kletterte ich vom Baum und sprintete zu ihm. Ich ging neben ihm auf die Knie und erstarrte beim Anblick der Maske, die er trug. Sie war mal weiß gewesen, doch jetzt hatte sie Dreckspuren überall auf sich verteilt, die Eishockey Maske, die ich nur von einer Figur kannte. Ich atmete auf. "Hey... Hallo?", sagte ich und schnippste dem Fremden gegen die Maske. Er rührte sich leicht, also war er scheinbar bei Bewusstsein. Mein Blick glitt über seinen Körper, bis er schließlich an einer klaffenden Wunde am Bein des Mannes hängen blieb. "Ich habe selten so ein krasses Cosplay gesehen.", sagte ich während ich zur Wunde rutschte und begann diese zu Inspizieren. Mit Blut hatte ich kein Problem. Nur wenn Knochen brechen oder sichtbar waren, lief mir ein Schauern über den Rücken. Die Wunde war tief und verdreckt. "Du solltest damit besser zum Arzt gehen, die Wunde wird sich sonst entzünden.", sagte ich zu dem vermeidlichen Cosplayer. Dieser hob den Oberkörper, sodass er beinahe saß. Sein Blick ruhte auf mir und machte mich nervös. "Du bist wohl an die Falschen geraten, was? Ich kenne das. Sobald man aus der Norm fällt, weil man anders denkt oder anders aussieht, ist man als Freak abgestempelt. Und als Cosplayer ist man für viele die Krönung des Ganzen." Ich wandte mich noch einmal seinem Bein zu. Dann spürte ich einen dumpfen Schmerz am Hinterkopf. Ich fiel in den Dreck und bemerkte, wie sich mein Sichtfeld binnen weniger Sekunden einschränkte. Ich stöhne, kurz bevor alles schwarz wurde und ich das Bewusstsein verlor.

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Jason hob das Mädchen auf. Er war versucht ihr einfach das Genick zu brechen und sie liegen zu lassen. Doch etwas an ihren Worten hielt ihn davon ab dies zu tun. Man hatte ihn verspottet, weil er anders war. Und sie schien zu wissen, wie er sich fühlte. Durfte er sie jetzt noch töten? Er warf sich das bewusstlose Bündel über die Schulter und stapfte mit ihr durch das halbdunkel. Ihr Gewicht erschwerte das Laufen mit seinem verletzten Bein zwar, aber er ging immer weiter, immer tiefer in den Wald hinein.

Does Jason Voorhees has a heart? Where stories live. Discover now