2. Die Stunden zuvor

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2.      Die Stunden zuvor

 Ich wusste nicht was ich mir wirklich dabei gedacht habe, doch jetzt wo ich barfuß über die asphaltierte Straße ging, bereut ich es ein wenig. Mein Kopf tat mir jetzt schon weh, da wollte ich gar nicht wissen wie es morgen früh wohl aussehen würde. Von dem flauen Gefühl in meinem Magen wollte ich gar nicht denken, bevor ich mich mitten auf der Straße übergeben muss.

Es waren heute – wieder mal- ein paar Drinks zu viel gewesen. So ging es schon seit einiger Zeit mit mir Berg ab.

Mal fing ich mich, arbeitete, ging in die Schule und war von den Depressionen gemixt mit Schuldgefühlen verschont.

Doch es gab diesen schwarzen Tag im Monat.

Da wo wieder alles über mir zusammen brach, wie die Wellen in der Bucht. Ich ertrank kümmerlich darin ohne dass es Jemand sah.

Heute Nachmittag war wieder einer dieser Tage, an denen ich selbst die Kontrolle über mich verlor und irgendwie erwachte ich jedesmal leicht bekleidet irgendwo in der Stadt, betrunken nach Hause taumelnd.

 Es gab natürlich die guten Monate,  an denen wirklich nichts geschah und ich selbst erstaunt war. Jedoch immer im Hinterkopf, das es bald wieder so weit seien würde.

Alkohol macht es einfach nur erträglicher, einer der Gründe weshalb ich dorthin seit Jahren flüchte. Es lässt einen den Kummer vergessen, auch wenn nur für einen kleinen Augenblick.

Es wird niemals für immer verschwinden. Schuldgefühle sind etwas Schreckliches. Sie fressen einen von Innen ganz langsam und qualvoll auf, ohne Rücksicht auf Verluste.

Mit leichtem Kopfschütteln bog ich in den Hof ein und hoffte dass ich meine Schlüssel nicht schon wieder irgendwo liegen lassen hab. Doch ein Blick, gefolgt mit langem Suchen in der Handtasche, ließ mich erleichtert aufatmen. Ich hatte meine Schlüssel noch!

Jedoch ärgerte ich mich in meinem betrunkenen Zustand über die Tasche. Wieso war dieses blöde Ding auch so groß? Darin findet man doch rein gar nichts mehr, genauso wie das zweite Paar an Socken nach der Wäsche. Es verschwindet in irgendeinem schwarzen Loch zwischen den Universen.

Fest entschlossen das Ding morgen in den Abfall zu schmeißen, nahm ich den Aufzug nach oben. War schon schlimm genug, dass heute der schlimmste Tag meines Lebens sich aufs Neue wiederholte. Nein, ich wurde auch noch auf der Anzeige daran erinnert. Nicht das es schon schlimm genug gewesen wäre, diesen Tag wieder zu durchleben.

Die Albträume jede Nacht aus denen ich schweißgebadet aufwache, reichen wohl auch nicht mehr aus. Ob Sie wohl dafür sorgt?

Will Sie dass ich noch mehr leide?

Ich spürte wie mir die Tränen hochkamen, weshalb ich mich auf die Fahrstuhlmusik konzentrierte und schon fast im Stehen einschlief. Als die Türen aufgingen wollte ich schon raus rennen, bis ich bemerkte dass ich nicht richtig war. Es war das falsche Stockwerk.

Vor mir stand ein älterer Mann, jedoch in einem guten Anzug. Man sah ihm an, dass er sehr viel Geld hatte. Allein schon die Uhr mit den Schuhen kostete mehr als mein gesamter Jahreslohn. Vom Anzug wollten wir gar nicht reden.

Aus Freundlichkeit fragte ich ihn in welchen Stockwerk er wollte, doch er schüttelte lächelnd den Kopf.

„Heute ist Sophies Jahrestag oder?“, meinte er sobald die Türen wieder zugingen und wir uns in Bewegung setzten.

Ich sah ihn erstaunt an. Eine schreckliche Kälte umgab mich sofort bei ihrem Namen. Welch Ironie das doch gerade wieder war.

Mit wehleidigem Blick, sah ich Richtung Himmel, was eigentlich nur die Decke des Aufzugs war, und fragte mich ob Sie diesen Mann geschickt hatte. Wollte Sie wirklich dass ich noch mehr leide?

How to be Amy?Where stories live. Discover now