38. Brandon

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November

Wir sitzen alle an Tommys Schreibtisch und starren ratlos die große Projektion vor uns an. Elian hat das Entschlüsselungsprogramm dreimal laufen lassen, ohne Ergebnis. Manuell knacken scheint jetzt also unsere einzige Option. Tommy sitzt schweigend neben uns, während wir diskutieren. Was immer er auch Jade erzählt haben mag, anscheinend ist sie explodiert wie ein Vulkan. Ich möchte jetzt wirklich nicht mit Tristan tauschen, der mit Bewachen dran ist.

„Ich habe das Teil in einem Aktenschrank in irgendeinem Abstellraum gefunden", fahre ich dazwischen. „Vielleicht ist da auch überhaupt nichts Wichtiges drauf."

„Aber es ist verschlüsselt." Stella runzelt die Stirn. „Vielleicht war es in einem Abstellraum, weil es nur für nicht wichtig befunden wurde. Oder sie konnten den Code selbst nicht knacken."

„Von wem sollte sonst der Chip sein?" Ich lehne mich auf meinem Stuhl zurück und starre auf die riesige Projektion. Bitte geben Sie Ihr Passwort ein. Ja, aber was ist das Passwort?

Stella zuckt mit den Schultern und folgt meinem Blick. „Wir sollten es mit unseren Ideen versuchen. Wie wär's mit 1234 und so weiter?"

„Das ist ein idiotisches Passwort." Elian beugt sich über die Platte im Tisch, mit der man die Projektion bedienen kann.

„Ich konnte mir meine Passwörter nie merken und habe so Passwörter immer benutzt", sage ich.

„Mein Passwort war der Name meines Haustiers", pflichtet Stella mir bei.

„Wir wissen aber nicht, wie das Haustier vom Besitzer des Chips hieß." Unsere Köpfe schießen zu Tommy. Das ist das erste Mal, das er etwas gesagt hat. Er sieht ganz schön fertig aus.

„Probier mal die Zahlen", drängt Stella Elian. Sie legt ihr Kinn auf seine Schulter und drückt ihm einen Kuss auf die Wange.

Er brummelt etwas Unverständliches und gibt die Zahlenfolge ein.

Zugriff verweigert. Falsches Passwort.

Wir seufzen, ein kollektiver Laut der Resignation. Dann deutet Elian auf die Projektion.

„Nur noch ein Versuch. Wir haben doch nur ein Passwort eingegeben."

Ich runzele die Stirn. „Normalerweise hat man doch mindestens drei Versuche."

„Entweder der Programmierer war ganz schön komisch oder es hat schon einmal jemand versucht, den Chip zu knacken." Stella rümpft die Nase. „Ich hatte noch nie viel mit Technik am Hut, aber so etwas weiß ich schon."

„Elian, was passiert, wenn wir das Passwort noch einmal falsch eingeben?" Tommy fummelt an seinem Brillenbügel herum. Anscheinend ist er also nervös.

„Ein Selbstzerstörungsmechanismus. Alle Daten auf dem Chip werden gelöscht." Elian kratzt sich an der Stirn. „Es gibt keine Möglichkeit, ihn dann wiederherzustellen. Zumindest wüsste ich nicht wie."

Wir alle wissen, was das bedeutet: Wir sind so ziemlich da, wo wir vorher waren. Komplett ahnungslos.

„Warte mal", sagt Stella. „Da unten blinkt ein Icon. Geh mal drauf."

Sie hat recht, an der rechten unteren Ecke blinkt ein kleines Fragezeichen, als schreie es um unsere Aufmerksamkeit. Elian wählt das Fragezeichen aus und der Bildschirm wird schwarz.

Stella entfährt ein kurzer Aufschrei, gefolgt von einer Welle Entschuldigungen. Elian würgt sie mit einer kurzen Handbewegung ab. Buchstaben erscheinen auf dem Bildschirm, formen sich zu Wörtern.

Wasserstoff, Helium, Kohlenstoff, Neon, Sauerstoff, Silizium, Eisen.

„Das sind chemische Elemente." Tommy beugt sich vor und mustert die Wortabfolge. „Meint ihr, die Abkürzungen ergeben ein Wort?"

„Das wäre wahrscheinlich zu leicht." Stella schüttelt den Kopf. „Wenn es das wäre, wäre der Chip bestimmt schon längst entschlüsselt worden. Es muss etwas anderes sein."

Jade könnte etwas wissen. Sie ist Chemikerin, oder Juniorchemikerin oder was auch immer. Aber wenn ich das jetzt hier erwähne, köpft mich Tommy wahrscheinlich.

„Gibt es irgendeine logische Abfolge von diesen Elementen?" Elian kratzt sich nachdenklich am Kinn. „Wenn ein Element fehlt, dann könnte es das Passwort sein."

„Ich kenne so eine Abfolge nicht." Tommy schüttelt den Kopf.

„Keiner von uns hat Chemie oder was auch immer das ist studiert." Stella schüttelt den Kopf. „Das werden wir niemals entschlüsseln. Ich meine, wir könnten natürlich Jade fragen..."

„Ich bezweifele, dass sie uns helfen wird." Tommy verschränkt die Arme vor der Brust und sieht uns mit blankem Gesichtsausdruck an.

„Und was, wenn doch?"

„Ich kann erst einmal ein bisschen recherchieren", bietet Elian an. „Das Internet ist zwar zusammengebrochen, aber vielleicht bekomme ich Zugriff."

„Im Forschungszentrum gibt es eine Bibliothek. Soweit ich weiß, ist nicht alles digitalisiert. Vielleicht helfen uns die alten Wälzer." Tommy erhebt sich. „Stella, würdest du mich begleiten?"

Sie nickt.

„Perfekt. Dann sind wir uns einig."

„Ich komme mit zum Forschungszentrum." Ich erhebe mich ebenfalls.

Alle Blicke schießen zu mir, gefüllt von Unglauben.

„Hey, guckt nicht so überrascht. Das Teil hier habe ich angeschleppt. Ich bin es euch schuldig, wenigstens zu versuchen, es zu entschlüsseln."

Stella legt ihre Arme um mich und drückt mich so fest, dass mein Mittagessen fast hochkommt. „Du bist ein Schatz."

„Dann lasst uns gehen." Tommy geht in den hinteren Teil des Raumes und wirft ein paar Sachen in einen schwarzen Rucksack.

Elian hackt sich währenddessen durch irgendwelchen komischen Programme, die ich noch nie gesehen habe. Stella küsst ihn zum Abschied und wir ziehen los. Gerade, als wir bei dem Ausgang ankommen, schlittert Tristan in unser Gesichtsfeld. Er wirkt atemlos und ist total weiß im Gesicht.

„Tommy, es tut mir so leid. Jade ... sie wollte nur zur Toilette ... Ich dachte mir nichts dabei, habe aufgepasst ... Sie ... hat sich losgerissen..."

„Jetzt mal langsam", ruft Stella empört. Sie packt ihn an den Schultern und schüttelt ihn. „Was ist passiert?"

Tristan holt tief Luft und meidet Tommys Blick. „Sie ist geflohen."

Ein Fluch bricht von Tommys Lippen. „Wo ist sie hingerannt?"

„Ich habe keine Ahnung. Sie hat sich einfach losgerissen und ist losgerannt."

Tommy hebt sein Handgelenk an seinen Mund und spricht in ein Gerät hinein, was daran befestigt ist. „Alle Türen schließen."

Hinter uns bewegt sich das Tor knarrend und fährt nach unten.

„Sie kann nicht weit gekommen sein", sagt Tommy. „Wir müssen sie suchen." Der Rucksack fällt zu Boden, vergessen ist unsere Mission.

Stella und ich tauschen einen Blick dann joggen wir in eine andere Richtung davon. Irgendwo hier muss dieses verfluchte Mädchen doch sein. Da draußen wird sie sich nur umbringen.

Die EliteNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ