31. Jade

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Tag 36

Mit kochendem Blut stürme ich durch die Gänge zu Dr. Ruths Laboren. Ihr Büro ist mir zwar verschlossen, aber wenn ich daran hämmere, wird sie mir bestimmt öffnen. Die scharfen Kanten des Mikrochips bohren sich in meine Handfläche.

Ich klopfe wie eine Irre gegen die Tür, bis sie endlich aufgleitet. Dr. Ruth sitzt an ihrem großen Schreibtisch, eine Lesebrille kunstvoll auf ihrer Nase, und sieht mich erwartungsvoll an.

„Setz dich, Jade", sagt sie seelenruhig. Ich würde sie in diesem Moment am liebsten schlagen.

Anstatt ihrer Aufforderung nachzukommen, tigere ich wild im Raum auf und ab. Wortfetzen schießen aus meinem Mund, größtenteils Fluchwörter. Ich weiß nicht, ob ich von ihm enttäuscht bin. Vielleicht ein bisschen. Natürlich mochte er mich nicht. Das war alles nur gespielt, damit ich ihm vertraue und unvorsichtig werde. Und alle blöden Geschichten? Nur Ablenkung.

„Von vorne bitte, Jade. Ich verstehe ja kein Wort." Sie runzelt die Stirn.

Ich bleibe stehen und schnappe nach Luft. Okay, Konzentration. Jetzt kannst du ihr zeigen, dass du nicht nutzlos bist. „Ich habe Brandon beim Spionieren ertappt."

Sie lacht. Sie lacht!

„Schätzchen, erzähl mir was Neues." Sie schüttelt missbilligend den Kopf, als hielte sie mich für dumm. „Glaubst du wirklich, die Rebellen sind die Einzigen, die auf die Idee kommen, einen Spion zu schicken. Nur, dass meiner viel effektiver und unauffälliger ist."

„Du weißt davon?" Meine Knie geben nach. Ich muss mich an der Stuhllehne abstützen.

Ein triumphierendes Lächeln umspielt ihre Mundwinkel. „Natürlich. Sind sie nicht ein einziges Mal auf die Idee gekommen, dass unser Testgerät die Daten an einen zentralen Server schickt, der Alarm schlägt, wenn eine Person sich mehrmals testen lässt?"

„Aber ... wieso wurde er dann in das Programm aufgenommen?"

„Um ihn in Sicherheit zu wiegen natürlich. Denkst du wirklich, meine Leute haben sein kleines Kommunikationsgerät nicht entdeckt? Wir sind keine Stümper." Sie lacht.

„Wieso dann die Verlegung? Wieso sollte ich dann ein Auge auf ihn werfen, wenn sowieso von Anfang an klar war, dass er ein Spion ist?" Ich balle meine Hände zu Fäusten. Langsam möchte ich sie wirklich schlagen.

„Ich konnte ihn unmöglich ausbilden." Sie verschränkt die Arme vor der Brust. „Das wäre doch ironisch, nicht? Ihm alle unseren Tricks beizubringen."

„Aber wieso ich?" Ich fuchtele mit meinem Finger vor ihrer Nase herum. „Du wolltest mich aus dem Weg haben! Ich sollte mich wichtig fühlen. Jade, die Überwacherin. Aber du vertraust mir nicht. Ich bin eigentlich überflüssig für dich. Aber ich weiß etwas. Infos, die du brauchst. Deswegen behältst du mich hier, um mich hervorzuholen, wenn du mich brauchst. Ist es nicht so?"

„Genug!" Sie springt auf. „Ich habe deine andauernden Anschuldigungen satt, Jade. Ich habe dein Leben gerettet! Ohne mich wärst du gar nicht hier, sondern ein Haufen verbranntes Fleisch."

„Glaubst du, ich bin dir deswegen dankbar? Ich wäre lieber tot!" Heiße Tränen rollen meine Wangen hinab. Ich wische sie weg. Meine Stimme stirbt. „Ich will so nicht leben."

„Jade ... Es tut mir leid." Sie sieht mich mitleidig an.

„Nein. Es tut dir nicht leid. Das ist es, was du machst. Leute nach deiner Pfeife tanzen lassen. Ich bin nur eine dieser Idioten." Ich wende mich ab. Wieso können meine blöden Augen nicht aufhören, Tränen zu produzieren? Ich höre nicht, was Dr. Ruth sagt. Stattdessen haue ich ab. Ich stürme in mein Zimmer und schmeiße mich auf das Bett. Meine Fäuste trommeln auf das weiche Bettzeug ein.

Keine Ahnung, wie lange ich so da liege. Ich bin hier. Ich bin allein. Alle benutzen mich nur für ihre Zwecke. Mag mich überhaupt jemand einfach nur, weil ich so bin wie ich bin?

Ich hole den Mikrochip hervor und streiche darüber. Dann stehe ich auf und stecke ihn in mein Terminal. Es analysiert die Daten und spuckt schließlich einen Startbildschirm aus. Bitte geben Sie Ihr Passwort ein.

Scheiße, tippe ich ein. Abgelehnt.

Ich reiße den Chip wieder raus und stecke ihn in meine Tasche. Dann lasse ich mich wieder auf mein Bett fallen. Erschöpfung holt mich ein. Ich bin müde.

Sehr müde.

Die EliteWhere stories live. Discover now