25 - Chaos

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Ich konnte es kaum erwarten, am Abend in den tropfenden Kessel zu kommen. Immer wenn ich tagsüber auch nur daran dachte, meldete sich mein Magen. Es war eine verrückte Idee gewesen, dessen war mir selbst auch klar, aber ich bereute es nicht, würde es sofort wieder machen. Ich wollte nichts von ihm, erwartete weder dass er mich mochte noch dass wir zusammen sein würden. Trotzdem fehlte er mir. Mir würde es schon genügen, ab und zu seine Stimme zu hören. Oder einen Brief von ihm zu bekommen. Oder seine Hand mal zu halten. Aber vermutlich war das etwas sehr hoch gehofft. Bleiben wir realistisch, ein Brief ab und an.Ob er geschrieben hatte? Und was? Würde er mich treffen wollen?
Ich liess mein sonst übliches Essen aus, nahm den Schlüssel und ging hinauf. Bevor ich den Raum betrat, versuchte ich mich zu wappnen, dass es sein könnte, dass kein Brief da sein würde. Tief durchatmen und dann Augen auf.
Vor dem Kamin lag nicht ein Brief, es waren hunderte. Während ich auf die Briefe starrte und versuchte zu verstehen, wo die hergekommen waren, hörte ich auf dem Gang schnelle Schritte und eine Stimme, die erschreckend wie die von Rita Kimmkorn klang "Wo ist das Zimmer dieser Nummer 14?" Mit einer schnellen Bewegung warf ich die Tür ins Schloss, holte meinen Zauberstab heraus, liess die Briefe mit einem „Accio Briefe" in meiner Tasche verschwinden und apparierte. Nur weg von hier!
Ich hatte einige Tage nicht appariert, sondern nur das Flohnetzwerk benutzt. Vielleicht lag es daran, oder vielleicht auch hatte ich einfach auf nur zu hastig appariert. Oder es hing mit meinem rebellischen Magen zusammen, oder das ich heute praktisch noch nichts gegessen hatte... jedenfalls vertrug ich das Drehen überhaupt nicht. Apparieren mit einem empfindlichen Magen ist etwas, was man nur machen sollte, wenn man sich in Lebensgefahr befindet. Für alles andere sind die Folgen zu hart. Während es mich noch herumwirbelte, drehte es mir schon den Magen um und als ich ankam, rotierte alles um mich herum, inklusive ich selbst. Wieso musste diese Kimmkorn hier auftauchen? Der Zeitpunkt war zu gut um Zufall gewesen zu sein. Sollte die Longbottom...? Das Kreiseln wurde schlimmer und ich merkte, wie meine Kraft nachliess. Meine Beine wurden weich, hielten mich nicht mehr und dann tauchten auch noch Sterne an einem immer dunkler werdendem Nachthimmel auf, bevor es endgültig Nacht wurde

*

„Wo haben sie apparieren gelernt?!" Ich war noch nicht lange wieder da und hatte gerade erst verstanden, dass ich wieder mal im St. Mungo war, musste ich mir schon die Ermahnungen von Miss Wintershackle anhören. Es fing an zu einer unschönen Gewohnheit zu werden: Umzufallen und hier wieder aufzuwachen. Die Heilerin war wütend. „Seien sie froh, dass jemand sie so schnell hier her gebracht hat, wer weiss, was sonst..." Sie sah so aus, als wollte sie noch etwas sagen, unterliess es und ging.
Nach einer Weile ging die Tür auf und Malfoy kam herein. „Entschuldigen sie, aber Miss Wintershackle ist etwas... engagiert. Ich wollte sie nur informieren, dass ich sie weiter betreuen... Granger, Du schon wieder?" Soviel zum Thema unschöne Gewohnheiten. Es war natürlich auch noch Malfoy, der hereingekommen war und mich ungläubig anstarrte.
„Ich freu mich genauso, dich zu sehn." knurrte ich ihn gereizt an. Wenn es mir nicht so schlecht gehen würde, würde ich mir überlegen, was ich machen sollte. Ich hatte noch die eine oder andere Rechnung mit ihm offen.
„Miss Granger, bitte entschuldigen sie meinen Fauxpas. Ich werde nach Miss Wintershackle sehen."
Malfoy hier zu sehen und seine glatte Art, mit der er versuchte sich heraus zu winden, brachte mein Blut sofort wieder in Wallung. Sofort ging es mir besser. Zumindest fühlte ich mich viel weniger schlapp. Es kostete mich trotzdem viel Kraft, mich zu konzentrieren, andererseits war es das wert. Ich hatte unsere letzte Begegnung nicht vergessen, ich würde diesmal die Gelegenheit mir nicht wieder entgehen lassen. Meine Hände zitterten, obwohl ich den Zauberstab fest umklammerte unter der Decke.
„Wo ist eigentlich der alte Malfoy? Der, der mich immer abfällig als Schlammblut bezeichnet hat?" fragte ich ihn provozierend. Das war eine Frage, die ich mir wirklich schon seit einiger Zeit stellte. Ich hätte ihn nie deswegen angesprochen, aber wenn er hier war... Warum nicht. Es schien mir ein guter Auftakt zu sein.
Er schaut mich beinahe traurig an und sagt dann zu meiner vollkommenen Verwunderung. „Ich möchte mich ausdrücklich und mit vollem Bewusstsein meiner Schuld und dass das Geschehene durch diese Entschuldigung nicht ausgeglichen sein wird, für mein Verhalten entschuldigen." Ich suchte den Unterton in seiner Stimme. Nichts. Seine Miene, Haltung... er schien es wirklich ernst zu meinen. Aber das nahm ich ihm nicht ab. So einfach würde er nicht davon kommen. Ich spürte das brennende Verlangen, ihn leiden zu sehen.
„Warum machst du das?" fragte ich ihn spöttisch von oben herab. Er klang mit seiner geschliffenen Rede wie Cornelius Fudge, wenn er viel redete ohne etwas zu sagen.
„Ich habe gehört, wie sich die Heilerinnen über Sie unterhalten haben... Sie arbeiten im Ministerium und sind dort scheinbar recht gefürchtet und der Minister deckt ihnen den Rücken. Sie nennen sie den Eiserner Besen und Eislady und noch ein paar andere, weniger schmeichelhafte Ausdrücke." Es war kein Geheimnis, trotzdem ärgerte es mich, als ich es vom ihm hören musste.
„Was hat das damit zu tun?" fuhr ich ihn wütend an. Die Wut verlieh mir ungeahnte Energie, sodass ich mich gerade wieder richtig gut fühlte. „Warum habe ich gefragt!"
„Gegenfrage: Warum?" kam es von ihm zurück. Aber ich war gerade richtig in Fahrt, so einfach wollte ich mir die Initiative nicht aus der Hand nehmen lasssen. Ausserdem verstand ich nicht ganz auf was er hinaus wollte.
„Was: Warum?" Die Wut, die Malfoys Erscheinen ausgelöst hatte, liess langsam nach. Ich verstand ihn nicht. Sein Verhalten, seine Fragen... eigentlich alles. Ohne die Wut liess meine Kraft schon wieder nach.Ich musste mich beeilen,
„Warum haben Sie sich so verändert, aber wundern sich, dass sie mich verändert vorfinden." fragte er kühl zurück.
Ich versuchte überlegen zu lachen, es klang aber lahm. „Das Gespräch ist ziemlich schräg, selbst für unsere Verhältnisse." sagte ich und hatte die Kontrolle wieder in der Hand. Ich würde es ihm zeigen, ich würde allen zeigen, wer dieser kleine, feige Todesser wirklich war. Willkommen in meinem Reich, sagte die Spinne zu der Fliege. Ich grinste.
„Immerhin schaffen wir es, unsere Feindschaft nicht so offen zu zeigen." sagte er. Es klang eigentümlich zufrieden. Alles, was er sagte, klang zufrieden. Es machte mich wütend, so etwas von ihm zu hören. Andererseits war es gut, sofort hatte ich wieder mehr Kraft. Aber ich wollte partout nicht, dass er zufrieden war. Es durfte nicht sein, dass er zufrieden sein Leben lebte und andere unter dem litten, was er ihnen angetan hatte. Er reizte mich und seinem Gesicht nach zu urteilen, dass beinahe ruhig und entspannt aussah, gefiel es ihm.
„Ja. Erstaunlich." stimmte ich ihm spöttisch zu. Aber er ging nicht auf meinen Tonfall ein.
„Vielleicht ein Zeichen, das wir doch ein Stückchen erwachsener geworden sind." es klang ernst und in keinster Weise angriffig. Zu gut um echt zu sein. Was wollte er, fragte ich mich nervös. Wenn man nicht weiter kam, ging man am Besten zum Anfang zurück.
„Okay, Malfoy. Ich verstehe dich nicht, und ehrlich gesagt, ich glaube dir nicht. Weder dass du wirklich hier arbeitest... eigentlich glaube ich dir gar nichts! Warum ziehst du das hier ab?Was springt dafür bei dich raus?"
Er lächelte anstatt einer Antwort. Aber es war ein ganz anderes Lächeln als sonst. So hatte ich ihn noch nie lächeln sehen: Etwas scheu, vorsichtig, abwehrend... und auch verletzt. Vielleicht hatte ich noch nie jemand überhaupt so lächeln sehen. Es wollte mich berühren, mit aller Kraft konzentrierte ich mich auf die Wut: Er war ein Todesser! Bring ihn zum Reden und dann verwende es gegen ihn. Den Tipp hatte ich in einem der Bücher für magisches Recht gelesen. Ich glaube es ging um Taktiken im Gerichtssaal. Sie kamen mir gerade sehr gelegen.
„Wie wäre es...", schlug ich ihm vor, da er nicht gleich reagierte. „Wir machen einen Deal. Du erzählst, was dir passiert ist und ich erzähle dir, warum ich so herumlaufe? Und nenn mich Granger, wie immer. Aber nicht mehr Miss. Das klingt zu schräg." Stelle Vertrautheit her. So langsam begann ich zu verstehen, was der Autor des Buches gemeint hatte.
Zu meiner Überraschung nickte er uns sagte: „Es gibt den Spruch, dass ein guter Feind mehr wert ist als 100 Freunde. Ich denke, das gilt auch für eine Feindin." er sagte es ruhig, nickte und fing dann an zu erzählen:

Ich und DracoWhere stories live. Discover now