2 - Mut und schlingernde Zimmer

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Die Distanz war nicht ganz so weit, aber so schnell hintereinander apparieren über doch eine rechte Strecke etwas viel. Ich musste mich eine Weile an eine Hauswand lehnen, bis es besser ging. Der leichte Regen half. Aber das war auch das Einzige.

Als ich mich dann umsah, erschien mir die Winkelgasse beinahe erdrückend. Das Wetter passt perfekt zu dem besch...en Tag: Ende Oktober, kalt und trüb und verregnet. Der Himmel bleigrau und die nasse Kälte kroch langsam durch die Kleider. Ich hielt es hier nicht länger aus, drehte um und rannte beinahe zum Tropfenden Kessel, bremste nur etwas, als ich durch den Raum musste und dann stand mit meiner Tasche über der Schulter auf der belebte Charing Cross Road, wo zwischen der Buchhandlung und einem Musikladen der unscheinbare Pub „Zum tropfenden Kessel" seinen Eingang von der Muggelseite her hat. Und jetzt?

Mit einem Mal holte mich die ganze Situation ein. Es war wie ein Hammerschlag auf den Kopf: Ich bin aus dem Aurorentraining geflogen. Fertig! Ich hatte versagt!! Versagt!!! ICH! VERSAGT!!! Irgendwann bin ich einfach losgelaufen und gelaufen und gelaufen. Einfach gelaufen, weil ich nicht wusste was ich sonst machen sollte und weil mein Kopf im Stakkato «Versagt» hämmerte.

Nachdem ich stundenlang ziellos umher gelaufen war ohne zu wissen was ich nun machen sollte... der Gedanke an den Fuchsbau, an Ron – naaah, auf keinen Fall. Aber was sonst? So lief ich eine lange Zeit nur herum, nass wie eine Katze frisch aus dem Fluss - oder besser Maus? Ich fror, vermutlich schon ziemlich lange, mein Zeitgefühl hatte vor dem Fuchsbau aufgehört und ich konnte mich nicht wirklich klar erinnern, wo ich überall herumgelaufen war, war auch nicht wichtig. Nur das ich gelaufen bin, bis ich wieder vor dem Tropfenden Kessel stand. Eine Zeitlang starrte ich auf den Eingang, während der Regen an mir herunterlief. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Was sollte ich also anderes machen, als da stehen? Ich war kein Muggel, zu vieles war mir fremd. Und die Zaubererwelt wollte ich gerade auch nicht sehen. Was blieb mir übrig. Mit einem Mal erschien mir der Tropfende Kessel sehr passend. Auch er stand ja zwischen den beiden Welten. Wie ich. Und mir war kalt. Richtig kalt. So kalt, dass meine Muskeln schmerzten und ich meine Finger und Zehen kaum noch spürte. Was nun? Ich starrte auf den Eingang und dann setzten sich meine Beine fast von alleine in Bewegung. Als ich die Tür mit einiger Mühe aufdrückte, ich hatte vor lauter Kälte keine Kraft mehr, war ich froh, wenigstens diese Entscheidung geschafft zu haben. Ich würde hier bleiben. Ein Zimmer im Tropfenden Kessel.

Eine eher hässliche Hexe stand hinter dem Tresen und sah mich an. „Wollen sie ein Zimmer, Miss? So wie sie aussehen könnten sie eines brauchen." sie trug einen alten, abgenutzten Hexenhut und hatte eine Warze auf der Nase. Eine Hexe der alten Schule. So sah sie zumindest aus. Ich nickte und sie legte mit einem lauten Klack einen grossen Schlüssel auf den Tresen. „Zimmer 24. Zweiter Stock, rechts." Ich nickte wieder, sah an mir herunter. Um mich herum eine Wasserlache und ich hörte die Tropfen, die von mir auf den Boden fielen. Ich starrte einen Moment auf das Wasser, drehte mich um, ging am Tresen vorbei, wobei ich eine Wasserspur hinterliess, jeder meiner Schritte ein schmatzendes Geräusch von sich gab und Wasser aus meinen Schuhen quoll. Als ich zur Tür ging, die nach oben zu den Zimmern führten, sah ich wie die Hexe ihren Zauberstab hervorholte und etwas murmelte. Die Wasserspur, die ich am Boden hinterlassen hatte, verschwand. Ich sagte in Gedanken Danke, brachte aber keinen Ton heraus, quälte mich nach oben, schaffte es kaum, mich die Stufen nach oben zu schleppen und fand das Zimmer nach einigem Suchen. Kaum war ich drin und die Tür zu, verliess mich das letzte bisschen Kraft. Ich sank an der Tür zu Boden und starrte einfach vor mich hin. Das Zimmer war recht gross, der Boden aus Holz, ein grosser Kamin, in dem schon ein prasselndes Feuer brannte und den Raum gemütlich aufgewärmt hatte. Ich fragte mich für einen Moment, wie sie das machten? Brannte in jedem Raum dauernd ein Feuer?

Nach einer langen Weile zwang ich mich wieder hoch, quälte mich aus den vollkommen durchnässten Sachen, wickelte mich in eine Decke, schob den Sessel nahe ans Feuer und fiel völlig erschöpft hinein. Ich sass unbewegt da, bis das Feuer heruntergebrannt war, unfähig, auch nur einen Finger zu bewegen. Erst als es kühler wurde, zwang ich mich auf. Ich musste etwas anziehen. Trockne Sachen. Ich merkte erst jetzt, dass ich vor Kälte zitterte. Immer noch? Oder schon wieder? Mit einem Schulterzucken murmelte ich Accio Tasche. Keine Kraft bis zur Tür zu laufen. Mein Zauberstab zitterte dabei. Ich schaute in die Tasche und sah die nassen Sachen darin. Ich hatte vermutlich meine Tasche offen gelassen und so waren meine ganzen Sachen darin nass geworden. Erschöpft fiel ich in den Sessel zurück. Ich brauchte einen Moment, bis ich meine Gedanken halbwegs wieder ordnen konnte, dann dirigierte ich neues Holz in den Kamin, viel Holz, bis das Feuer richtig heiß war. Mit der Wärme kamen auch langsam meine Gedanken zurück. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich heute ausser dem Frühstück noch nicht weiter gegessen und getrunken hatte und so motivierte ich mich, aufzustehen. Ich trocknete meine nassen Sachen am Feuer, bestellte eine Kanne heissen Tee und Sandwichs verbrachte den restlichen Abend damit, in die Flammen zu starren, den Tee zu schlürfen. Es dauerte lange, bis die Wärme des Feuers mich ganz durchgewärmt hatte. Ich hatte alles: Tee, Sandwiches, Feuer. Weiter konnte ich gerade nicht denken. Wollte ich auch nicht. Irgendwann bin ich dann ins Bett gekrabbelt, nachdem ich mehrmals im Sessel eingenickt war.

Ich und DracoWhere stories live. Discover now