„Mit Ron ist es... kompliziert." gestand ich. Und das war es wirklich. Ich mochte ihn - irgendwie - aber nach der... Trennung im Drei Besen war so etwas wie eine unsichtbare Wand zwischen uns. Er bemühte sich irgendwie und ich versuchte es auch... irgendwie zumindest, aber es ist bei dem kurzen Versuch des Händehaltens geblieben. Es war komisch...irgendwie anders als davor. Ich seufzte innerlich, bemerkte es und meine Laune nahm rapide ab. Die ganze Situation war mühsam... dazu kam, das es mich ärgerte, dass ich es mühsam empfand, was es noch mühsamer machte, was mich noch ärgerlicher machte... wie gesagt... komplizierte Situation... Ich holte tief Luft und redete einfach los: „Wir sind dran... aber ist jedes mal eine komische Sache. Er erzählt von der Ausbildung und ich aus dem Ministerium und danach fängt es an peinlich zu werden. An Quidditch hat mich hauptsächlich unsere Hausmannschaft interessiert und sonst... es ist einfach so, dass es kaum etwas gibt, was uns beide interessiert." Die Hitze war schlimm, ich war schon ganz verschwitzt... am liebsten wäre ich jetzt im Ministerium an meinem Schreibtisch. Dort war es jahrein jahraus immer gleich warm. Ich sah Ginny an und meine Gedanken schwenkten wieder zu Ron und unserem Gespräch.... das ich mich jedes Mal überwinden musste, mich mit Ron zu treffen, sagte ich ihr lieber nicht. Und das ich ab und zu zusammenzuckte, wenn er sich schnell bewegte, liess ich auch lieber aus. Ginny hat zugehört und genickt. „Ich glaube ich weiss was du meinst, im letzten halben Jahr hat er sich verändert."

„Ich glaube er wird ein guter Auror." sagte ich ausweichend. Ich wollte Ginny ihren Bruder nicht schlecht machten, nahm nebenbei meinen Zauberstab aus dem Ärmel und zog einen Kreis über meinem Kopf damit. „Aer frigidior thracam". Der Zauberstab hinterliess eine weissliche Spur und als der Kreis geschlossen war, bildete sich für einen Moment ein weisser Nebel, in dem die Feuchtigkeit der Luft sogar gefror, bevor er sich schnell wieder in der Augusthitze auflöst. Immerhin machte er die Luft darunter für einige Minuten erträglicher.
"Verrückte Hitze." nickte Ginny und sah zu, wie sich der weisse Nebel auflöste. "Was war das für ein Zauber?"
"Ein Bürozauber." zuckte ich mit den Schultern. Ginny schaute mit gross Augen an und ich musste lachen. Ich hatte erwartet, dass sie zumindest das Wort schon mal gehört hatte, nachdem Arthur im Ministerium arbeitete. Ich lächelte - bemühte mich es fröhlich aussehen zu lassen und meinte dann: "Tatsache. Es gibt sogar ein kleines Büchlein, dass im Ministerium kursiert, in dem eine ganze Menge solcher Zauber drin sind. Das meiste sind irgendwelche Haushaltszauber, ein paar etwas anders. Sie erleichtern das Organisieren der Papiere, kühlen oder wärmen das Büro.. so Zeug eben." erklärte ich, froh eine Möglichkeit gefunden zu haben, nicht mehr über Ron reden zu müssen.
Ginny schaute nachdenklich und hielt dann ihre Hand an die Stelle, wo der Nebel gerade gewesen war. "Das ist ja richtig kalt." staunte sie.
"Ja, aber hier draussen nützt es nicht so viel." beschwerte ich mich. Bei wem eigentlich?
"Besser als gar nichts. Kannst du mir den zeigen?" fragte Ginny interessiert. Froh, nun wirklich ein anderes Thema gefunden zu haben, willigte ich begeistert ein: "Sicher." nickte ich und fing an, ihr die Handbewegung zu zeigen. "Je exakter der Kreis, desto kühler wird es." erklärte ich ihr, als ihre ersten Versuche kaum Wirkung zeigten. Sie probierte es eine Zeitlang, bis sie einen kleinen Nebel erzeugen konnte.

"Das ist mühsamer als es aussieht." meinte sie dann, während sie zwei „Aer frigidior thracam" hintereinander über sich zauberte und sich dann entspannt zurücklehnte. "Das braucht ewig, bis man den Kreis perfekt machen kann." lamentierte sie.
"Deswegen heissen sie auch Bürozauber." sagte ich und versuchte ernst zu bleiben. Das war eine Art Insiderwitz im Ministerium.
Ginny schaut mich fragend an und ich muss nun doch lachen - diesmal sogar ohne mich zu bemühen. "Es heisst, der faulste Mitarbeiter ist der Meister der Bürozauber." Ginny verstand und lachte: „Wieso kannst du den Zauber dann schon so gut?" neckte sie.

„Reines Talent." erwiderte ich, froh ein unproblematisches Thema gefunden zu haben. Ginny probierte es noch ein paar Mal und dann überlegten wir laut, wer der Meister der Bürozauber sein könnte und mussten bei der Vorstellung, eine "Bürozauber-Meisterschaft" im Ministerium abzuhalten und dann den Gewinner zu feuern, laut loslachen. Es tat gut, einer der selteneren Momente mit Ginny in der letzten Zeit, so unbeschwert... nicht nur mit Ginny... einer der selteneren Momente überhaupt... Ich versuchte mich zu erinnern, wann ich das letzte Mal unbeschwert gelacht hatte. Ich konnte mich nicht erinnern. Es musste vor dem Krieg gewesen sein.
Nach einer Weile war das Thema aber dann leider durch und wir sassen da, erneuerten gerade die „Aer frigidior thracam", als Molly kam und uns eine neue Kanne Eistee brachte. "Angenehm kühl habt ihr es hier." sagte sie und wir kamen so nochmals auf den „Aer frigidior thracam" zu sprechen, gingen über zu Haushaltszauber im Allgemeinen und Mollys Spezialitäten im Speziellen. Als sie ging, sagte Ginny. "Es würde ihr das Herz brechen... du gehörst für sie praktisch schon zur Familie." Augenblicklich wurde die Atmosphäre schwer, was nicht nur darauf zurückzuführen war, dass sie Zauber langsam ihre Wirkung verloren.
"Ich weiss. Es ist auch ein bisschen wie Zuhause hier." Ich seufzte, diesmal hörbar.
Ginny schaute bedrückt, zwang sich dann zu einem Lächeln und versuchte die Stimmung aufzulockern: "Notfalls muss du eben Georg..." sie grinste. Ich ging darauf ein, froh um die Auflockerung: "Warum nicht gleich Percy?"
"Stimmt, warum nicht Percy?" lachte Ginny und spann den Gedanken weiter: "Ihr habt so viel gemeinsam. Ihr arbeitet im Ministerium... ihr könnt euch über die besten Bürozauber austauschen und..." sie schaute meine Kleidung an "...wahrscheinlich würde ihm dein neuer Stil sogar gefallen. Er mag das Strenge, Ordentliche." Ich hatte aber den vagen Eindruck, dass sie damit vielleicht sogar recht haben könnte. "Haha." sagte ich trocken und gespielt ernst und dann lachten wir beide. Es tat gut mit Ginny zusammen zu sein. Ein kleiner Lichtblick, eine Ablenkung in meinem aktuell ansonsten eher deprimierenden Dasein.
Ich seufzte - schon wieder. „Ich glaube, ich bin nicht für Beziehungen gemacht." sagte ich dann zögernd. Ginny sah mich an und verzog dann ihre Stirn. „Hast du einen anderen?" sie hatte wirklich ein zu gutes Gespür. Für einen Moment zögerte ich. Einerseits wollte ich sie nicht mit meinem Müll belasten, andererseits würde es gut tun, mit jemandem darüber zu reden. Ich entschloss mich: „Ich will ehrlich sein, aber behalte das bitte für dich, ok? Nicht Ron, Harry ist ok." Sie zögerte kurz, dann nickte sie.
„Als Ron mit mir Schluss gemacht hatte war ich am Boden. Es kam auch das mit dem Aurorentraining dazu. Ich hatte bisher alles in meinem Leben immer gut geschafft und dann kam das. In dem Moment schien es mir, als hätte ich in allem versagt. Im St.Mungo hab ich wochenlang einfach dagesessen, selbst zum Essen mussten sie mich immer wieder auffordern. Erst als einer von den Patienten dort anfing, Blumen zu sammeln und den Raum unter dem Glasdach in eine Art Gartenzoo zu verwandeln, ging es aufwärts. Es war eigentlich ein dummer Zufall... er hat mich aufgefangen als ich ein Kätzchen – er hatte sie auch mitgebracht – zurücklegen wollte und er hielt mich, damit ich nicht stürzte. Das war der Moment. Jemand hielt mich. Ich habe das damals nicht verstanden, aber ich habe jemand gebraucht, der mir Halt gibt. Für ihn war es nichts. Er hat sich um alle anderen auch gekümmert, bis ich ihn dann mit Beschlag belegt habe. Ich bin völlig ausgetickt, wenn die Hand nicht mehr da war. Er hat es einfach gemacht. Hat sich neben mein Bett gesetzt und die ganze Nacht meine Hand gehalten. Und dann den Tag über und... eigentlich immerzu." Ich muss es ja nicht so deutlich machen, dass ich ihn auch mit auf die Toilette genommen hätte am Anfang. Das ist zu peinlich.
„Und?" fragte Ginny irritiert.
„Und? Miss... eine Heilerin dort hat es mir später erklärt... es passiert wohl sehr oft, dass man sich in den verliebt, der einem hilft. Und das ist mir wohl auch passiert."
Ginny schaut mich auffordernd an und so rede ich weiter. „Naja, es kam wie es kommen musste. Als es mir dann wieder besser ging, habe ich es ihm gesagt – auf eine unmögliche Art. Er hat mir gesagt, dass es eine rein einseitige Sache war und ist gegangen."
„Gegangen?" Ihr Gesicht hatte mehr Fragezeichen als was anderes. Vermutlich würde es mir auch so gehen, wenn ich das einfach so hören würde. Vermutlich kann man auch nicht verstehen, wenn man es nicht selbst erlebt hat.
„Verschwunden. Weg. Ich habe ihn seitdem nicht mehr gesehen. Vertrieben." Ich habe ihn eigentlich nie gesehen, wenn ich ehrlich war.
Ginny schaut mich an und man sieht ihr an, dass sie nachdachte. „Hast du versucht, ihn zu finden?"
„Er ist nicht zu finden." antwortete ich schnell und es klang ziemlich deprimiert.
„Woher weisst du das? Hast du es versucht?" insistierte Ginny.
„Wir hatten nur Nummern. Ich habe die im St.Mungo gefragt, wollte seinen Namen. Aber sie haben ein unbrechbares Versprechen abgegeben, dass sie nie die Identität eines Patienten verraten." Sackgasse. Ende des Weges. Aussichtsloses Unterfangen. Ich versuchte mich selbst nochmal davon zu überzeugen, dass es keinen Sinn hatte.
„Und sonst?" wollte Ginny wissen. Ich weiss, was sie meinte, auf was sie anspielte.
„Nichts. Er war ein schwarzer Umhang mit einer Zahl darauf und eine Hand. Nichts mehr."
„Und Ron?"
Uh, waren wir doch wieder dort gelandet. „Es ist anders... ich glaube, ich bin wirklich nicht für so was geeignet. Sie laufen immer weg." Etwas in meiner Stimme liess sie aufhorchen.
„Du solltest es Ron sagen." meinte sie dann.
"Was... das mit dem St. Mungo? Das weiss er doch. Er hat mich sogar mit euch zusammen besucht."
"Das mit dem Anderen..." deutete Ginny an.
"Da war nichts. Was sollte ich ihm sagen? Es war so wie wenn man ein Medikament einnimmt. Da war nichts weiter." wiegelte ich ab. Das war so ziemlich das letzte, was ich mir vorstellen konnte. Mit Ignoranz-Ron darüber reden... das würde in einem Fiasko enden. Nein danke, es war schon schwierig genug mit Ron ohne das. Da musste ich es nicht wegen einer Unwichtigkeit unnötig verkomplizieren.
"Was willst du dann machen... ich meine du und Ron..."
"Ehrlich gesagt... ich habe im Moment keine Idee. Das im Ministerium ist ziemlich anstrengend. Ich falle am Abend praktisch tot ins Bett. Ich hatte noch keine Zeit, mir wirklich Gedanken darüber zu machen."
Ginny sah skeptisch zu mir herüber.
"Für mich klingt das so, als würdest du Ausreden suchen, weil du noch an den anderen denkst."
„Was?!... Nein... ich... ich denke nicht... also ok, ja manchmal... aber ich weiss, dass das nur so eine Schwärmerei war. Ich glaube nicht, dass das im Alltag klappen würde, selbst wenn ich ihn finden würde. Er hat es mir sehr deutlich gesagt und als ob das nicht genug wäre, ist er auch noch gegangen. Er hat sich nicht einmal verabschiedet. Ich denke nicht, dass es mich überhaupt leiden kann. Ich war wohl ziemlich lästig." wehrte ich ab und gleichzeitig... wer weiss... vielleicht... Ich unterbrach meine Gedanken, sie bereiteten nur unnötig Schmerzen.
„Du scheinst aber noch sehr oft an ihn zu denken." Ginny blieb hartnäckig.
„Ja, wie gesagt... Aber nicht so. Er hat mir wirklich geholfen, ich schulde ihm was. Und das Andere... es ist eher hart so mitgeteilt zu bekommen, dass man sich Illusionen gemacht hat und dabei die ganze Zeit auf einem völlig anderen Stern war."

Ich und DracoWhere stories live. Discover now