KAPITEL VIERZEHN ㅡ a ghost of christmas past

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„Ich... will es versuchen", sagte er zögerlich, nicht wissend, wie sehr ihn der Tonfall in seiner Stimme verriet. „Aber Tae hat sich verändert. Er war lange weg, und als er zurückgekommen ist, war plötzlich eine... Animosität in ihm, die mich in ihrem Zentrum sieht. Ich glaube fast, er hasst mich."

„Unsinn." Maria schüttelte ihren Kopf in vollster Überzeugung. „Taehyung könnte dich niemals hassen. Ich glaube, er ist dazu physisch nicht in der Lage. Vielleicht ist er enttäuscht, oder verletzt, aber wie ich ihn kenne, richtet sich der Hass nur gegen ihn selbst."

„Ich kann nicht glauben", warf Vale von der anderen Seite der Küche ein, „dass ihr alle diesen sagenumwobenen Taehyung kennt, nur ich nicht. Nach alledem, was ich jetzt schon über ihn gehört habe, muss er ja gottgleich sein. Oder mehr."

Maria lachte, während sie sich zu ihrer Tochter umdrehte. „Das einzige, was ich sagen kann, ist, dass dir plötzlich einiges bewusstwird, wenn du ihn kennenlernst. Wieso unser Jeonggukkie so ist, wie er ist."

„Wie bin ich denn?" Er hob beide Augenbrauen.

„So selbstlos. Genügsam. Zuvorkommend. Es liegt einfach daran, dass Taehyung ein geborener Führer ist, ein geborener Prinz. Wäre Jeonggukkie auch nur wenig wie er, dann wäre diese Freundschaft niemals zustande gekommen."

Jeongguk legte den Kopf schief. „Willst du damit sagen, dass Taehyung selbstbezogen ist?"

„Auf keine schlechte Art", antwortete Maria nachdenklich. „Aber er ist ein grüblerischer, von Natur aus düsterer Mensch. Ich glaube, er war jemand, der in seiner Jugend eine lange Zeit sehr unglücklich war, und erst vor kurzem festgestellt hat, dass der Schlüssel in seinen eigenen Händen liegt. Mir ist aufgefallen, mit welcher absoluten Hingabe er sich um Camilla gekümmert hat. Ich glaube, er hatte die brennende, tief motivierende Sorge, dass sie werden könnte wie er. Unglücklich wie er."

Vale legte den Kopf schief, während sie von der Theke sprang und sich vor ihnen aufbaute. „Nein, das hat immer noch nicht geholfen. Ich werde ihn ihn vermutlich erst verstehen, wenn ich mit eigenen Augen gesehen habe und dann wahrscheinlich auch nur vermeintlich."

Sie machte einen Schritt auf Jeongguk zu und schlang ihre Arme um seinen Hals, um ihn in eine feste Umarmung zu ziehen. „Also bis dann, Bruderherz. Frohe Weihnachten. Tu nichts Dummes. Lass die Stadt ganz und schreib Maria hin- und wieder eine Nachricht, damit sie sich nicht in Rotwein und dem Glauben ertränkt, als Mutter versagt zu haben."

Er erwiderte ihre Umarmung, sodass die Spitze ihrer Pudelmütze in ihn der Nase kitzelte. „Dir auch frohe Weihnachten. Danke nochmal für die Topflappen, ich bin sicher, dass sie sich als sehr nützlich erweisen werden, falls ich jemals anfangen sollte zu kochen."

Als nächstes schloss er Maria in die Arme, die seine Umarmung um einiges länger erwiderte und ihn so fest an sich drückte, dass er beinahe das Gleichgewicht verloren hätte. „Alles, alles Gute, mi corazon. Ich bin unendlich stolz auf dich, das musst du immer wissen. Und sprich dich mit deinem Freund aus. Ich erkenne Seelenverwandtschaft, wenn ich sie sehe und ich kann als deine Mutter nicht einfach zulassen, dass du das verkommen lässt."

Jeongguk schluckte, während er sich von ihr löste. Seine Kehle fühlte sich plötzlich eng und aufgerieben an, als sei er einen Halbmarathon gerannt, ohne einen Schluck zu trinken. Er konnte die Ernsthaftigkeit in ihrer Stimme nicht von sich weisen, ganz gleich, wie sehr er es versuchte. Sie war in seinem Leben diejenige Person, der er das allermeiste Vertrauen schenkte, was Erfahrungen anbelangte; Erfahrungen, die sie gemacht hatte und er nicht. Alles in allem war sie seine Mutter, ob er sie nun so nannte oder nicht. Sie war viel mehr seine Mutter als Chaeyeon, die in seiner Erinnerung von Tag zu Tag mehr verblasste.

SLOWTOWNWhere stories live. Discover now