Teil 6

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Natalies Angst wurde inzwischen auf den Höhepunkt getrieben. Sie war fertig mit dem Schminken. Das hieß, jetzt ging es raus. Nur noch die Handschuhe anziehen und dann war es so weit. Sie nahm ihre schwarzen von Everlast und versuchte nicht zu zittern während sie sie anzog. Das gelang ihr sogar ziemlich gut. Sie schaute in den Spiegel und merkte, dass sie es schaffte sich nichts anmerken zu lassen. Ihr Blick war hart und gleichgültig. Kein Außenstehender würde in diesem Moment erahnen, was in ihr vorging. Und das war auch gut so. Natalie wusste, dass sie Marjie gegenüber keine Schwäche zeigen durfte. Sie schaute an sich hinab. Ihr großer heller Pelzmantel ging viel zu weit über ihre Handgelenke und bedeckte fast die Hälfte ihrer Handschuhe. Sie fragte sich, wie sie damit kämpfen sollte, doch wenn sie die Hände hob ging es. "Du zeigst es ihr" sagte sie sich, obwohl sie in ihrem Spiegel nicht das Selbstbewusstsein wiederfand, das sie für den Kampf brauchte. Das ungute Gefühl in ihrem Magen wuchs und sie konnte es nicht verhindern. Ohne ihre harte Miene zu verlieren, atmete sie tief durch und begann im Spiegel Schatten zu boxen. Links, rechts, ein paar Geraden. Irgendwann nahm sie die Hände wieder runter und warf ihre blonden Haare zur Seite. Es war soweit. Sie blickte nach links, wo sich ein dunkler Gang öffnete, der sie in die Arena bringen würde. "Arena". Sie musste beinahe schnauben bei dem Wort. Sie wusste genau, dass sie nicht in einer "Arena" kämpften. Das, was die Spielemacher Arena nannten, war genauso ein kalter Raum irgendwo in diesen Katakomben. So wie der, in dem sie sich gerade befand. Kahl, mit vier weißen Wänden, von denen der Putz abbröckelte und rostenden Rohren an der Decke. Die einzige Einrichtung war der Spiegel und der kleine Holztisch daneben. Dass die Spielemacher diesen Ort Arena nannten, war lächerlich. In einer Arena gab es Zuschauer und tausende von Leuten, die mitkriegten was passiert. Hier unten gab es niemanden, der mitbekam, was geschah. Sie spürte das Verlangen wütend zu schreien, doch sie riss sich zusammen. Sie durfte ihre Fassade nicht fallen lassen."Keine Schwäche zeigen" sagte sie sich. Die wichtigste Regel, an die sie sich selbst geschworen hatte, zu halten. Ihre einzige Chance heute bestand darin, sich daran zu halten und ihre Fassade aufrecht zu erhalten. So, wie sie es jetzt gerade tat, obwohl sie noch keiner beobachtete. Sie war gut darin zu verbergen, was in ihr vorging. Vielleicht war das eine Chance. Auch wenn sie selber nicht daran glaubte. Aber sie musste es probieren. Sie hatte sowieso keine Wahl. Ihre Gesichtszüge waren immer noch hart. Gleichgültig. "Aufrecht erhalten." "Keine Schwäche zeigen." Bevor sie sich abwandte, beugte sie sich vor und gab dem Spiegel einen kleinen süßen Kuss. Doch egal, wie selbstsicher diese Geste wirken mochte, in ihrem Bauch wuchs das ungute Gefühl, dass sie verlieren würde.


Alles zu EndeTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang