Kapitel 2

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„Feliz cumpleaños, Sofía", vernahm ich eine Stimme, welche die Tür zu meinem kleinen Zimmer öffnete.

„Gracias, Doña Carla."

„Hast du deine Aufgaben von gestern schon erledigt?". Sie betrachtete mich mit einem freundlichen, jedoch trotz alledem distanzierten Blick. So war es immer zwischen uns. Freundlich, taktvoll, nichtsdestotrotz aber gedrückt und distanziert.

„Claro que sí, Doña Carla."

„Gut, wenn du die Hausarbeiten erledigt hast, können wir später auf eine Kugel Eis gehen. Hört sich das gut an, Kleine?" Auf ihrem Gesicht breitet sich ein sanftes Lächeln aus und ich stimme ein.

„Sí, Doña."

Ich erinnere mich noch genau an diesen Tag. Es war mein achter Geburtstag und in ganz Kolumbien herrschte eine unvergleichbare Hitze. Es war der Tag an dem Doña Carla beschloss mich mit ihrer Tochter in die USA mitzuschicken, um mir ein besseres Leben zu ermöglichen. Ich wusste, dass das nicht der einzige Grund war. Sie war krank und wusste dass ihr Leben bald ein Ende nehmen würde, sie wusste dass ich zurückbleiben würde, dass niemand mehr da war, der für mich sorgen konnte und mehr aus Pflichtgefühl als aus Liebe schickte sie mich in die USA zu ihrer Tochter Sonja. Zu deren Freund Carlos. Doña Carla war eine gute Frau, eine fürsorgliche Frau, aber seit dem Tod ihres Mannes vor allem eine von Innen tote Frau. Damals dachte ich sie würde mich lieben wenn sie mich anlächelte, sich nur um mich sorgen wenn sie mich für Fehler bestrafte und für mich da sein, indem sie sich im selben Raum befand wie ich. Es waren närrische Gedanken eines Kindes in der Hoffnung sie würden der Wahrheit entsprechen. Aber es war nie mehr als das: verräterische Hoffnung. Hätte ich nicht gehofft, hätte ich irgendwann angefangen sie zu hassen, zu hassen für die Nachsicht ihrer Tochter gegenüber, wenn sie mich mit anklagendem Blick besah. Sie war nicht meine Mutter, nicht meine Großmutter, nicht einmal mit mir verwandt. Ich wusste es, immer schon. Sonja ließ immerhin keine Gelegenheit aus, es mir unter die Nase zu reiben.

Als ich davon erfuhr mit ihr und Carlos in eine „bessere Welt" zu reisen, habe ich wieder das trügerische Gefühl der Hoffnung empfunden, mir die Aussicht einer Perspektive ausgemalt, nur um Tage später vernichtend enttäuscht zu werden. Es war keine Flucht, sondern ein Abstieg. Ein Abstieg in die Hölle.


„Weißt du was heute für ein Tag ist?", verkündete Phoenix fröhlich als wir aus dem Gebäude des RBC hinausschritten.

„Freitag?", antwortete ich in fragender Stimme weil ich echt keine Ahnung hatte auf was zum Geier er hinauswollte.

„Ding ding ding! Die Kandidatin hat die 1 Millionen Dollar Frage richtig beantwortet. Freitag der Tag vor dem Tag and dem wir für zwei Tage von unserer Pflicht als Handlanger eines aufgepumpten Riesen-Sklavenhalters befreit werden und uns darauf freuen können, uns in dem formidabelsten Club der ganzen Stadt vergnügen zu können. Was sag ich? Des ganzen verdammten Landes!"

„Verdammt Phoenix woher kennst du bitte das Wort „formidabel"?"

Ich sah wie sich die Züge meines Freundes erhellten und in sekundenschnelle der Ausdruck eines verschmitztes Lächeln auf seine Lippen gepflastert wurde.

„Oh, Savannah. Ich kenne so einige exotische Wörter wie zum Beispiel buhlerisch oder nymphoman oder libidinös.."

„Ja okay, ich habe es schon verstanden aber ich glaube du hast exotisch mit erotisch verwechselt." Ich verzog meine Züge zu einem angewiderten Gesichtsausdruck.

„Fuck, Savannah bist du immer so prüde?", fragte er mich in einem neckenden Tonfall und stieß mich mit seiner Schulter an.

„Ich werde sicher nicht mit dir über mein Sexleben reden, Phoenix."

Rhea, Born of AshesWhere stories live. Discover now