Wir näherten und einer Höhlenwand. Am Eingang hang ein Metallstück an der Wand. Im Dunkeln konnte man die Wörter kaum lesen. Mehyl reichte mir eine Fackel. Die Wörter erleuchteten im goldenen Metall. Geschwungene Buchstaben gaben die ersten Anweisungen, wie man zum Heilmittel kommen konnte. Hermes hatte sich aber viel Mühe gemacht, um die dunklen Neyfrem aufzuhalten. Ich lass die Worte laut, damit jeder sie hören konnte.

»Hier her finden nur die Suchenden,

doch nicht jeder wird erhalten, wonach er sucht.

Das Gift, welches hier versteckt , 

alle Welten in den Abgrund zu reißen vermag.

So höre Suchender:

Nur ein dunkles Herz, welches zu lieben gelernt hat,

wird hier das Gift finden, 

um den Fluch der dunklen Neyfrem zu brechen.

Damit diese Pforte auf ewig verschlossen bleiben mag, 

für all diejenigen, die das Unheil der Welten beschwören wollen.

Zwei dürfen eintreten.

Blut für Blut.

Die Schale als Blutwährung.

So möge sich die Pforte öffnen.

Doch bedenke, zwischen Leben und Tod hängt nur ein hauchdünner Schleier.«

Ich sah Mehyl skeptisch an. »Tja. Es muss wohl jemand anderes rein.«

»Nein. Mayser. Du bist die einzige die das Heilmittel holen kann.«, beharrte er. Mehyl sah mich tatsächlich bittend an.

»Ich habe kein Herz, dass zu lieben gelernt hat.«, erwiderte ich beleidigt. Er sollte doch mittlerweile wissen, dass ich den dunklen Neyfrem loyal war. Zu lieben wäre Verrat. Außerdem wäre ich dazu -auch wenn ich wollte- nicht in der Lage.

»Du bist die Auserwählte. Nicht nur für die Neyfrem, sondern auch für die Dunklen. Die Prophezeiung geht in beide Richtungen.«, ermutigte er mich. Ich konnte mich jedoch nicht daran erinnern, dass die Prophezeiung davon sprach, wie ich ihnen helfen würde. »Bitte, Mayser.«

Ich hatte ihn noch nie bitte sagen hören, also nickte ich nur. »Na gut. Aber ich sag dir jetzt schon, dass das schiefgehen wird.«

»Ohne mich, vielleicht.«, entgegnete Luc hinter uns.

Mehyl schnaubte neben mir. »Er hat allerdings recht. Die Prophezeiung spricht davon, dass er dir helfen wird.«, zeigt Mehyl auf.

Attica lachte, als hätte er etwas witziges gesagt. »Sie sind ein Team. Wenn wir das Heilmittel wollen, müssen sie zusammen da rein.«, stimmte sie Mehyl zu.

»Das stimmt so nicht. Die Prophezeiung spricht nur in dem ersten Teil von Luc. Diese Hilfe hat Mayser schon von Luc bekommen. Aber er ist nicht ihr engster Begleiter.«, schaltete sich Des ein. Er klang ziemlich wütend, dass er aus der Rechnung genommen wurde.

»Komm schon Des du hast gesehen wie die beiden vorhin gegen die Volari gekämpft haben. Sie sind ein unschlagbares Team. Das musst du zugeben.«, widersprach Attica.

»Eben Luc ist von dem Kampf vorhin ausgelaugt.«, drängte er weiter.

»Die beiden haben so viel Zeit miteinander verbracht. Er muss ihr Begleiter sein.«, brachte Attica vor. »Es ist egal ob er verletzt ist. Außerdem wird der Begleiter sterben. Sei doch froh, wenn er ausgewählt wird. So gewinnt jeder von uns. Außer Luc vielleicht.« Attica lachte kalt, aber warf Luc einen schnellen Blick zu. Die anderen sahen es nicht mehr, da sie sich auch zu Luc gewandt hatten, um ihn zu mustern.

»Ich werde mit Ivy gehen. Das ist schon beschlossen seitdem die Prophezeiungen niedergeschrieben wurden.«, schaltete sich Luc wieder ein.

»Nein. Ich muss Des zustimmen. Luc ist nicht mein engster Begleiter. Der wäre dann wohl Rrru. Das ist es! Mit Rrru kann ich jedes Heilmittel bekommen.«, erwiderte ich.

»Es ist nicht Rrru. Lass Luc mit dir gehen.«, unterbrach Mehyl mich, als würde ich Halluzinieren.

»Was?«, fragte ich schockiert. »Hast du Verstand verloren? Er wird nur versuchen mich aufzuhalten.«

Mehyl sah zwischen mir und Luc her. »Lass es ihn versuchen. Jemand muss mit dir da rein.«

»Dann nehme ich Des oder Attica mit.«, schlug ich vor. »Sie wollen das Heilmittel auch. Es ist wichtig. Wir sollten das nicht aufs Spiel setzen. Die Prophezeiung ist nicht klar. Wenn du mich fragst ist mein engster Begleiter wirklich Rrru.«

»Dein Ivok hat kein liebendes Herz. Du musst Freya oder Luc mitnehmen. Aber Freya muss uns zurückbringen. Wenn sie da drin sterben sollte, wären wir für immer hier eingesperrt.«, erklärte Mehyl. Zu meinem Bedauern hatte er einen Punkt. »Also bleibt nur noch Luc.«

Luc musterte ihn überrascht. Mehyl war der festen Überzeugung, dass es Luc sein musste.

Des kam wütend dazwischen. »Ich werde mit Mayser rein gehen. Wieso sollte ich kein liebendes Herz haben? Ich bin kein dunkler Neyfrem.«

»Nach allem was du für mich gemacht hast, kannst du kein gutes Herz haben. Außerdem hatten wir das schon besprochen. Luc ist Maysers engster Begleiter.«, erwiderte Mehyl amüsiert. Des schüttelte den Kopf und bohrte seinen Blick in mich rein. Etwas schien sich darin zu lösen und er wirkte trauriger, als ich ihn je erlebt hatte. Auch er schaute -wie zuvor Mehyl- zwischen Luc und mir her. Er ließ seinen Kopf sinken. »Vielleicht kein gutes Herz, aber doch ein liebendes.« Alle Blicke richteten sich auf ihn. Alle schwiegen.

»Luc ist entbehrlich. Er wird mit Mayser gehen.«, brach Mehyl schließlich die Stille.

Luc nickte und lief zur Schale. Anscheinend hatte er gehört was an der Pforte stand, denn er zog ein Messer und schnitt sich in die Hand. Blut tropfte von seiner tiefen Wunde in die Schale. Während er weiterhin seine Hand über die Schale hielt, reichte er mir sein Messer. Ich tat es ihm gleich und schnitt mir in die Hand. Sobald mein erstes Tropfen Blut in der Schale landete, begannen sich die Pforten zu öffnen.

Dark Neyfrem #2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt