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Laura

So etwas muss man doch merken! Wie kann man sich denn jahrelang belügen lassen ohne eine Ahnung davon zu haben? Genau solche Gedanken würden die Leute haben, die davon erfuhren. Nun war sie eine der Hintergangenen. Ein Opfer, das dennoch von allen ob ihrer Naivität belächelt werden würde. Die Dumme. Die Blinde. Doch wie viele Leute führten eigentlich ein Doppelleben, ohne dass der Partner oder die Familie davon wussten? Wie viele Männer und Frauen behaupten auf Geschäftsreise zu sein oder länger im Büro, während sie sich heimlich mit der Affäre trafen? Und das nicht nur für ein paar Wochen sondern sogar über Jahre! Wie viele von denen, die mit dem Finger auf sie zeigen würden, sollten erst einmal vor ihrer eigenen Haustür kehren? Menschen sind geborene Lügner. Um das zu erreichen, was sie wollen, um zufrieden zu sein, um befriedigt zu sein, würden sie alles tun. Selbst, wenn das heißt, die Menschen, die sie eigentlich lieben, zu verletzen. Natürlich war sie sich bewusst, dass der Weg mit diesem Mann kein leichter sein würde. Sie kannte seine Vergangenheit. Dennoch hatte sie ihm geglaubt, als er ihr sagte, dass er sich ändern würde. Dass er mit ihr und ihren Kindern einen Grund hatte, einen anderen Weg einzuschlagen als sein Vater. Oder der, den sein Vater für ihn bereitet hatte. War sie wirklich blind gewesen vor Liebe? War Joshuas Liebe nicht groß genug gewesen?

Laura lehnte ihren Kopf an die kalte Küchenwand, an der sie lehnte, den Blick aus dem Fenster gerichtet. Doch sie starrte ins Leere. Ein paar Strähnen fielen ihr in das von Tränen gerötete Gesicht.

Sie hatte ihm die Chance auf ein normales Leben gegeben. Sie hatte ihn aufgenommen wie einen Streuner. Daran geglaubt, dass sie es gemeinsam schaffen würden, die Schatten seiner Vergangenheit zu überwinden. Sie hatte mit ihm den Entzug durchgestanden. Sie hatte ihm geholfen, über den Verlust seines Vaters hinweg zu kommen. Über den Verlust des Mannes, der ihn in diese kaputte Welt gebracht hatte. Sie hatte ihm doch erst gezeigt, was es bedeutete, zu leben! Geliebt zu werden! Hatte Josh nie verstanden, was für ein Glück er gehabt hatte? Wie dankbar er sein konnte, dass sie über seine Vergangenheit hinweggesehen und mit ihm in die Zukunft geblickt hatte?

Hatte sein Vater ihn doch noch zu sehr im Griff, dass er nicht in der Lage war, ein normales Leben zu führen?

Niemand würde das verstehen, außer Josh selbst. Ihm würde früher oder später bewusst werden, was er verloren hatte. Vielleicht würde er verstehen, dass all das, was ihm seine Kinder und sie gegeben hatten, viel mehr wert war, als ein Rausch, Geld und seine Huren. Doch jetzt war es zu spät. Wer einmal solch ein Doppelleben führte, würde es immer wieder tun, wenn er sich sicher genug fühlte, nicht erwischt zu werden, oder? Er hatte ihr Vertrauen auf das schamloseste ausgenutzt. Es gab nichts in der Welt, was es jemals wieder herstellen könnte. Kein Versprechen, keinen Schwur würde sie ihm jemals wieder glauben können. Er konnte sich nicht von seiner Vergangenheit lösen und das musste sie akzeptieren und ihre Konsequenzen daraus ziehen.

Natürlich war es schrecklich, vor allem für die Kinder. Doch im Gegensatz zu ihm, würde sie keine Scheinehe mit ihm führen. Sie würde keine Lüge leben.

Laura wischte sich mit einem Papiertaschentuch die Wangen trocken. Das, was Josh getan hatte, war kein Kavaliersdelikt. Es war kein einfacher Fehler. Er hatte sie ausgenutzt, ihr Vertrauen missbraucht, sie belogen und betrogen.

 „Du bist das Letzte," schluchzte sie, als sie an der Wand zu Boden sank und das Gesicht in den Händen vergrub. Sie liebte ihn. Doch er liebte seine kriminelle Welt mehr.

Katharina

„Puh!" seufzte ich.

Es war noch immer ein merkwürdiges Gefühl hier zu sitzen. Elizas Schreibtisch war riesig und generell war ihr ganzer Arbeitsplatz ein Paradebeispiel für eine viel beschäftigte und dennoch absolut organisierte Büromanagerin.

Addicted  - Schuld und SühneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt