Kapitel 1

43 4 1
                                    

- P.O.V. Gothel

Es war mal wieder eine tolle Nacht hier. Alle tanzten glücklich, die meisten waren schon betrunken, aber das machte mir nichts aus. Ich wollte bloß feiern! So wie ich es auch die letzten Jahre tat und die nächsten Jahre tun werde. Mein Leben könnte nicht perfekter sein!

„Hey, gib mir noch ein Bier!" schrie ich dem Kellner zu. Er gab es mir gern. (Auf welche Weise ihr diesen Satz interpretieren wollt, ist eure Sache 😉). Er war schon seit ein paar Wochen in mich verknallt. Wenn ich es richtig wollte, machte ich manchmal mit ihm rum, aber Gefühle konnte ich für so einen Menschling nie entwickeln. Pah, wer braucht schon Liebe! Allerdings hat er auch nicht besonders viel Geld, somit kann ich ihn nicht einfach töten, zumal er auch zurzeit der einzige Kellner in dieser Taverne ist. Die meisten, die hier hergekommen, sind betrunken, bevor sie es merken und wieder Zuhause in ihren Betten, ehe sie diesen Job annehmen könnten. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als diesem Kellner meine junge Frucht zu bieten, solange ich nicht genug Geld hab, denn er bietet mir im Gegenzug jeden Tag kostenloses Bier.

Er war auch momentan der einzige, der halbwegs gut für mich und mein Bett war. Alle anderen waren entweder halb Mensch und halb Tier oder andere Hexen, die bloß auf der Durchreise waren. Allerdings habe ich schon lange aufgehört, Geschäfte mit anderen Hexen zu machen. Obwohl ich selbst eine bin... Sagen wir, es wurde zu gefährlich für mich.

„Hey, Schnuckelchen, du bist doch heute frei, oder? Lass mich dich wieder kosten, ich hab's nötig." Ich verdrehte die Augen. Heute hatte ich keine Lust auf ihn. Ja, ich wollte wieder Spaß, aber nicht mit ihm. Er kommt immer so schnell und schlapp wird er dann auch... Am liebsten würde ich ein bisschen Magie an ihm anwenden, aber Menschen sollte man nicht trauen. Generell sollte man niemandem trauen.
„Heute nicht. Bin müde." Log ich. Ich bin noch fit, wie vor hundert Jahren. Aber ich werde mir heute jemand anderes suchen.

Stunden vergingen wieder und ich tanzte immer noch hier, neben vielen anderen Kreaturen. Zwischendurch musterte ich ein paar immer wieder, in der Hoffnung, es sei jemand dabei, den ich heute vernaschen könnte. Bis jetzt hatte ich jedoch noch kein Erfolg.
Allerdings sagte ich „bis jetzt".
Ein Mann betrat gerade die Taverne und setzte sich an die Bar. Er war neu hier, ich hatte ihn noch nie gesehen. Jung war er auch, seine Muskeln trotzten nur vor Stolz. Zuerst bestellte er ein Bier, seine Stimme konnte ich bis hier hören. Er war ein Pirat, das erkannte man sofort an der Art, wie er redete. Laut und lallte bereits, als hätte er schon ein ganzes Fass ausgetrunken, obwohl er noch ziemlich nüchtern war. Eine Eigenschaft, die meist nur Piraten besitzen.

Als er zu mir rüber sah, versteckte ich mich schnell in der Menge und tanzte weiter. Ich spürte seinen Blick auf mir. Vielleicht empfand er ja das gleiche. Ach, natürlich empfand er das gleiche. Ich bin so ziemlich die einzige in der Taverne hier, die attraktiv ist. Wenn er nach einer Frau Ausschau hielt – und das taten Piraten immer –, dann wird er mich schon für heute eingeplant haben. Jetzt musste ich nur noch warten, bis auch er sich auf die Tanzfläche traute, damit der Kellner nicht sah, wie ich an seiner Bar jemand anderes anbaggere.

Es verging ein wenig Zeit, bis er sich endlich aufrappelte und auf die Tanzfläche zusteuerte. Mittlerweile hatte er schon viel getrunken, das erkannte man an seiner Gangart. Deshalb tanzte ich weiter zur Musik und wie ich hervorsehen konnte, spürte ich nach ein paar Sekunden schon seinen Atem an meinen Haaren. Er stand hinter mir, also drehte ich mich, passend zum Rhythmus der Musik, zu ihm um. Er grinste mich schmutzig an und ich grinste auch, aber weil ich die Musik genoss und ihm damit zeigen wollte, dass er mich so nicht rumkriegen konnte.
Später legte er auch noch seine Arme um meine Taille, um mich näher zu ziehen. Je näher der Morgen anbrach, desto ruhiger und langsamer wurde die Musik. Wir beide tanzten immer noch. Als die Lieder nun immer romantischer wurden, wollte ich eigentlich die Taverne verlassen, doch er zog mich zurück. Dann rückte er langsam mit seinem Kopf an mein Ohr und flüsterte mir etwas zu. Bei seinen Worten musste ich grinsen, nickte ihm also zu und packte sein Handgelenk, um ihn mitzuziehen. Zuerst überlegte ich mir, gleich nach draußen zu gehen, aber irgendwie entschied ich mich dann doch anders und bog kurz vor der Tür ab, zu einem Tisch. Dort platzierten wir uns auf die zwei Bänke, die jeweils an einer Seite standen. Wir saßen uns gegenüber.
Er sah mich erst, wie zu erwarten, komisch an. Er fragte sich vermutlich, warum ich nicht raus ging, um dort mit ihm rumzumachen. Aber warum nicht hier drinnen ein bisschen Spaß haben? Es sind hier sowieso alle sturzbetrunken, also würde sich keiner an ein küssendes Paar erinnern. Und ich würde gerne mal einen eifersüchtigen Kellner sehen.

„Also meinst du es wirklich ernst..." murmelte er, nachdem auch er begriff, dass ich tatsächlich hier mit ihm rummachen wollte. Hier, vor all den anderen.
„Dachtest du was anderes, Pirat?" Ich lehnte mich zu ihm vor, über den Tisch und streichelte sanft seine Wange, um ihn zu erregen. Ich nannte ihn deshalb Pirat, da ich wusste, dass er versuchte, seine Identität zu verbergen. Auch wollte ich aber seinen verdutzten Blick sehen, nachdem ich ihm zeigte, dass mir nichts entging.

-----------------------------

Feedback? <3

The Love Potion Where stories live. Discover now