Kapitel 20 - Killian

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»Ich kann so hier nicht weg«, sage ich resigniert und schaue Toni eindringlich an. »Geht! Ich verstecke mich zwischen den Korallen.«

Tonis Augenbrauen ziehen sich zusammen und sie wirkt auf mich wie eine Rachegöttin.

»Vergiss es!«, sagt sie und ihr Ton macht deutlich, dass ich absolut nichts unternehmen kann. Das wiederum macht mich wütend. Ich will, dass sie verschwindet und in Sicherheit ist.

»Verschwinde, Antonia! Ich will dich hier nicht haben!«, sage ich mit so viel Verachtung wie möglich in der Stimme. Kurz zuckt sie zusammen. Ich habe sie verletzt, das kann ich ihr ansehen, aber ich werde die Worte nicht zurück nehmen.

»Vergiss es«, wiederholt sie, nachdem sie sich wieder gefangen hat und meine Wut steigt. Toni kramt in ihrer Tasche und holt ein Stück Stoff hervor. Das Wasser zerrt an ihren Haaren, die sich aus ihrer Frisur gelöst haben.

»Haie!«, schreit Lope in dem Moment und kommt dichter. »Wir müssen hier weg«, sagt sie und bekommt große Augen, als sie meine Schwanzflosse betrachtet.

»Wir versuchen, sie zu verscheuchen«, sagt sie als nächstes und verschwindet wieder.

Toni macht sich mit zitternden Fingern daran meine Flosse zu verbinden. Ihr Gesicht ist verkniffen, meine Worte scheinen sie tiefer getroffen zu haben, als ich dachte und ich bereue es sie so verletzt zu haben, vor allem weil ich mein Ziel nicht erreicht habe und Toni immer noch in Gefahr schwebt. Als Tonis Finger meine Flosse streifen, durchläuft mich ein wohliger Schauer. In unserer Schwanzflosse laufen alle Nervenbahnen zusammen, dementsprechend ist sie extrem empfindlich. Toni scheint das zu spüren. Sie schaut auf und unsere Blicke treffen sich, während sie mit ihren Händen an ein und derselben Stelle verharrt. Nicht fähig wegzuschauen, starre ich einfach nur in diese unglaublich blauen Augen in denen so viel steht. Die Emotionen sind so vielfältig, dass ich sie gar nicht alle benennen kann. Und auch in mir tobt ein Sturm der Gefühle. Toni unterbricht den Blickkontakt und macht sich wieder daran, meine Flosse zu verbinden. Nach einigen Handschlägen, bin ich so weit verbunden, dass kein Blut mehr austritt.

Ich kann mich wieder vorsichtig bewegen. Der Sturm scheint nachzulassen, aber die Haie lassen sich nicht so einfach verscheuchen. Lope, Silas und Alessio versuchen alles um sie uns vom Hals zu halten. Es sind drei Haie die versuchen dem Geruch meines Blutes zu folgen. Wir versuchen zu verschwinden, doch ich bin der Gruppe ein Bein am Klotz und einfach nicht schnell genug. Als wir schon alles verloren sehen, bekommen wir unerwartet Hilfe. Meermänner mit Speeren und Schwertern verteidigen uns. Sie müssen aus Saagar sein, denn das ist die einzige Stadt die in der Nähe ist. Schnell haben unsere Retter, die Haie verscheucht und wir können aufatmen. Einer der Männer kommt auf uns zu.

»Unser König hat uns geschickt um Euch in unserer Stadt Unterschlupf anzubieten«, sagt der Größte der sechs Männer.

»Ich bin Neilos Michail. Oberster Wächter von Sagaar. Unser König bittet Euch seine Gäste zu sein.«

Ich nicke, unterhalte mich kurz mit Neilos und registriere wie Toni die meiste Zeit den Meeresboden anstarrt. Wir folgen dem obersten Wächter und machen uns auf den Weg in die Stadt Sagaar. Toni schwimmt mit hängendem Kopf neben mir her und Helios wirft mir immer wieder vernichtende Blicke zu. In der Stadt angekommen, versuche ich mit Toni zu reden, doch sie blockt mich sofort ab. Die Wachen zeigen uns unsere Unterkunft die sich dieses Mal im Palast befindet. Ich versuche abermals mit Toni zu reden.

»Hör zu Toni«, beginne ich, doch sie gibt mir mit einer Handbewegung zu verstehen, dass ich ruhig sein soll.

»Lass es einfach, Kilian«, sagt sie ohne mich anzuschauen. »Wir beenden diese Mission und dann bist du mich los.« Dann geht sie in unser Zimmer und lässt mich nicht mehr zu Wort kommen. Man hat uns einen Flügel im Palast zur Verfügung gestellt. Es gibt mehrere Schlafzimmer und ein großes Wohnzimmer, in dem wir uns nun alle versammelt haben. Nachdem ich mich zurück verwandelt habe, konnte ich das Ausmaß meines Unfalls richtig begutachten. Vom Knie bis zum Knöchel zieht sich eine lange Wunde hinunter. Die Wache hat mich gleich zu ihrem Heiler gebracht, der das Ganze mit einigen Stichen nähte. Das Laufen ist etwas schmerzhaft aber möglich und da wir Atlanter sind, wird die Wunde in ein paar Tagen wieder vollständig verheilt sein. Im Wohnzimmer sitzt unsere Gruppe beisammen. Lope hat sich an Alessio gelehnt und die beiden Unterhalten sich leise. Silas und Kira reden auch miteinander, so dass der Raum mit leisem Murmeln erfüllt ist. Lethe hockt allein in einer Ecke und wirkt irgendwie apathisch.

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