Teil 5 ~ 12.04.2013

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P.O.V. Lina

Ich schaue ihn erwartend an, während er kurz überlegt, um dann die Augen zu verdrehen und zu antworten: "Ich komm gerne mit. Also wenn ich weiß, wer 'wir' ist." Wir schauen ihn verwundert an, denn eigentlich ist Nico keiner, der mit irgendwem ein großes Problem hat. Er ist allgemein ein sehr angenehmer Mensch, mit dem jeder irgendwas zu reden hat. "Naja bis jetzt Lena, Lilli ", sage ich, nachdem ich meine Worte wiedergefunden habe, und zeige fragend auf Erik, "Erik, kommt auch?" Dieser nickt kurz und lächelt mich an.

Erik ist fast 2 Meter groß und durchtrainiert. Seine Haare sind dunkelblond, oder von mir so schön 'Straßenköter-Blond' genannt, und relativ kurz. Er hat hellbraune Augen und ist das komplette Gegenteil von Paul. Zusammen mit Nico geht er immer weg in irgendwelche Discos und hat jedes Wochenende irgendwen neuen. Aber er ist, entgegen dem ersten Eindruck, ein sehr netter Mensch und kümmert sich um die Gefühle der anderen Personen. Er ist eindeutig jemand mit dem man Spaß haben kann und der einen hochzieht, wenn man unten ist. Ich kann mit ihm reden, wann auch immer ich will, wenn ich ein Problem habe. Er gehört auch zu den einzigen Menschen, denen ich überhaupt alles anvertraue. Aber er ist eben eine andere Person, sobald Freunde in der Nähe sind. 

"Gut, also Lena, Lilli, Erik, Flo, der mir geschrieben hat, das Tom auch mitkommt, und ich. Und sind die Personen in Ordnung für dich, Nico?", sage ich mit einem Grinsen. Die anderen lachen und auch Nico muss sich ein Grinsen verkneifen. Dann nickt er und antwortet: "Natürlich. Wohin wollt ihr?" "Hermes?", frage ich in die Runde und vernehme allgemeine Zustimmung. "Das hört sich nach einem Plan an!", sagt Lilli und schaut mich an: "Ich komme auf jeden Fall nach der Peißnitz mit was trinken. Ich will da nicht bei Lena und Leo sein. Vielleicht kann ich ja bei dir pennen?" Ich grinse sie an und ziehe eine Augenbraue hoch: "Du immer gerne, Schneckchen. Also steht das jetzt? Heute beim Hermes, dann Peißnitz, dann 'Connoisseur'? Und wer will, kann bei mir pennen.", fasse ich zusammen und sie nicken wieder alle. "Kann ich gleich mit dir mitkommen? Ich kann doch bei dir duschen, oder?", fragt Nico und schaut mich erwartend an.

In dem Moment kommt Florian auf uns zu mit Tom im Gepäck. "Also ich kann los", sagt Flo zu mir und drängt sich dabei zwischen mich und Nico, "Wer kommt mit?" "Lina, Lena, Lilli, Erik und ich", antwortet Nico deutlich beleidigt, "Also ich würde gleich mit euch mitfahren, wenn das in Ordnung ist." Ich schaue gespannt zwischen Nico und Flo hin und her, während Flo einen Tick zu lange überlegt. "Ja, er kann mitkommen.", sage ich an Flo gerichtet und lächle Nico zu. "Wenn du das sagst, Kleine. Ach, Papa hat für heute Abend eine Verabredung", antwortet Florian, wobei er Nico aber weiter mit Blicken löchert. "Ich will auch mitkommen, Schatzi!", ruft Tom aus und schlingt seine Arme um Florians Hals. Dieser sackt kurz weg und streichelt dann Toms Arm, während wir anfangen zu lachen. "Jaja. Können wir?", fragt Florian, immer noch nur an mich gerichtet. 

Ich nehme ihn am Arm und antworte: "Jungs, setzt euch schonmal ins Auto, ich muss noch was mit dem Idioten besprechen." Kurz verabschiede ich mich von den anderen und zusammen mit Flo gehe ich zwar Richtung Auto, gehe dann aber einfach weiter, um ein paar Meter weiter stehen zu bleiben. Ich schaue ihn strafend an und fange an loszureden: "Hör auf damit! Ich kann alleine mit meinen Problemen umgehen. Der Junge weiß ja nicht mal, wofür er bestraft wird. Kümmer' du dich um deine Probleme und ich mich um meine. Ich komme sehr gut ohne dich aus." Langsam hole ich Luft und schaue kurz weg. Als ich wieder hinschaue, merke ich wie Florian meinen Blicken ausweicht. "Was ist?", frage ich wahrscheinlich einen Ticken zu genervt. "Ich wollte nur... also ich wollte...", ich merke, wie ich nicht weiß, was ich eigentlich wollte. "Es tut mir leid", sagt er nun und windet sich unter meinem Blick. Ich merke, wie ich langsam einknicke und der Drang in mir aufsteigt, ihn zu umarmen. "Du hast nur so traurig geguckt, als du mir das heute morgen erzählt hast und ich dachte, ich muss irgendwas machen. Ich bin doch dein großer Bruder und ich war ein Jahr lang weg und weiß gar nicht mehr, was bei dir los ist, und morgen fahre ich wieder", fährt er fort und ich muss ihn einfach umarmen. "Idiot", murmle ich in sein T-Shirt, "Wie soll ich dir lange böse sein, wenn du so zerknirscht aussiehst. Danke, ok? Ich weiß ja, irgendwo in deinem seltsamen Kopf, ergibt es Sinn. Aber ich bin nicht böse auf irgendwen. Also bis auf Ariana, aber das hat außerdem noch andere Gründe." 

Wir trennen uns, als Tom zu uns kommt und sagt: "Leute? Alles gut? Können wir los?" Ich schaue Florian an und frage: "Verstanden?" Er nickt kurz, fängt an zu grinsen und nimmt mich über seine Schulter. "Lass mich bitte runter", rufe ich aus, ohne es wirklich zu versuchen. Ich muss anfangen zu lachen und er stimmt mit ein. 

Er macht die hintere Tür auf, wobei ich anfange zu protestieren: "Ey! Ich bin deine Schwester! Du kannst mich doch nicht auf die Rückbank verfrachten!" Er lässt mich auf den hinteren Sitz und schließt die Tür. "Doch kann er", höre ich Tom dumpf lachen und die beiden bleiben noch kurz draußen stehen, um zu quatschen. "Alles gut?", fragt Nico, den ich bis zu diesem Zeitpunkt nicht richtig registriert hatte. "Ja, ich glaube schon.", antworte ich und schaue aus dem Fenster. "Was war los?", hakt er weiter nach und ich drehe mich zu ihm. Ich fange an, rüber zu rücken. "Wir haben so über dieses und jenes gesprochen.", er fängt an zu grinsen und ich komme ihm langsam näher, "über 'nen Idioten, der mich einfach so verletzt hat. Der das wahrscheinlich nicht mal mitbekommen hat. Aber schade, findest du nicht auch?", sage ich und bin ihm nun so nah, dass sich unsere Nasenspitzen berühren. 

Nico und ich verstehen uns gut, sehr gut sogar, aber wir waren immer nur Freunde. Also nie mehr als das. Wir haben uns einmal geküsst, aber daran erinnert er sich nicht mehr. Da hat es angefangen zu kribbeln wie bekloppt, jedes Mal, wenn wir uns auch nur berühren. Und ich hasse es. Ich meine, wir haben auch vorher einfach solche Späße gemacht, bei denen wir uns sehr nah waren, aber da hatte ich ja keine Gefühle für ihn. 

Er schaut mir in die Augen und streckt seine Hand aus in Richtung meines Gesichts, seine normale Reaktion darauf, wenn ich ihm so nah komme. Ich spüre wie ich rot werde und schließe meine Augen. Eigentlich machen wir das, wenn wir die anderen verwirren wollen. Jetzt macht er einfach mit, ohne Zuschauer. Obwohl er eine Freundin hatte.

Ein lautes Klopfen an der Fensterscheibe hinter mir, weckt mich aus meiner Trance und ich drehe mich erschrocken um. Schnell bringe ich wieder eine Armlänge Abstand zwischen uns. Dort steht Ariana und schaut mich ganz angeekelt an. Ich blicke zu Nico, der ebenso entsetzt aussieht. Hinter Ariana stehen mein Bruder und Tom, die versuchen, sie zu beruhigen. Nur leise, aber gut verständlich, höre ich sie rufen: "Was macht sie da drinnen mit meinem Freund?!" Man sieht, wie sich Toms Mund bewegt und er beruhigend seine Hände hebt. "Ich sollte mal rausgehen", seufzt Nico resigniert und schaut mich bedauernd an und er streckt kurz seine Hand aus, um sie gleich wieder fallen zu lassen. "Sollen wir warten?", frage ich stattdessen und er nickt kurz und entschlossen: "ja, ich will das schnell geregelt haben."


Mein Leben ist ein ArschlochWo Geschichten leben. Entdecke jetzt