Teil 3 ~ 12.04.2013

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P.o.v Lina

Langsam öffne ich meine Augen und rolle mich in den Kissen rum. Ich gucke auf die Uhr und stöhne genervt auf. Es ist 04:57 Uhr. Mittlerweile bin ich daran gewöhnt, früh aufzuwachen.

Meine Mitschüler machen ihre Hausaufgaben am Abend, noch spät in der Nacht. Ich mach sie am Morgen.

Ich stehe auf und strecke mich. Langsam schaue ich mich um, trotte auf meinen Schreibtisch zu und krame in meiner Tasche nach meinem Mathezeug. Ich ziehe den Hefter aus der Tasche und schmeiße ihn auf mein Bett. Dem Hefter folgt meine Federmappe. Wer liebt es nicht, Exponentialfunktionen.

Aber Mathe ist noch mein geringstes Problem. Es fällt mir wirklich leicht, mathematische Probleme zu lösen. Also solange es nichts mit organischen Lebensformen zu tun hat, bin ich gut darin Lösungen zu finden.

Ich schlage mein Heft auf und fange an die Logarithmen zu lösen. Vertieft darin Lösungen zu finden, merke ich nicht, wie die Tür geöffnet wird. "Morgen", höre ich die raue Stimme von Florian und fahre erschrocken um. "Guten Morgen. Du kannst mich doch nicht so erschrecken", sage ich gespielt empört.

Flo kommt zu meinem Bett und setzt sich schwungvoll auf die Matratze. "Was machst du da?", fragt er und zieht sich meinen Hefter rüber. "Exponentialfunktion lösen. Plus Logarithmen. Ist in Ordnung, da musst du mir nicht helfen", sage ich lachend und ziehe den Hefter wieder zurück. "Was machst du schon hier?" Florian zieht die Augenbrauen hoch und sieht mich schräg an: "Erinnerst du dich nicht mehr? Ich bin immer hergekommen, wenn ich eher wach war. Und du bist zu mir gekommen."

Wir waren auch damals schon unzertrennlich und ich konnte schon immer nicht lange schlafen. Dann hab ich mich immer in sein Zimmer geschlichen oder er kam zu mir rüber. Ich habe schon immer gerne mit ihm über Gott und die Welt geredet.

"Ja, aber das habe ich mir wahrscheinlich abgewöhnt. Du warst ja dann einfach irgendwann weg", antworte ich. Ich bin schon etwas beleidigt deswegen. Er sieht mich schon wieder traurig an, überspielt es aber schnell wieder. "Sei nicht beleidigt, Kleine. Mach mir bitte keine Vorwürfe", sagt er und fängt an, mir in die Seite zu pieken, woraufhin ich anfange zu kichern. "Dir kann ich eh nicht lange böse sein.", flüstere ich und konzentriere mich wieder auf die Aufgaben.

"Was is' jetzt eigentlich mit Micha? Also was ist passiert?", fragt er und unterbricht die schöne Stille. Ich seufze auf und schlage den Hefter zu, schmeiße ihn auf meinen Nachtisch und drehe mich zu ihm, damit ich ihm in die Augen schauen kann. Einen kurzen Moment überlege ich, was ich sagen soll: "Keine Ahnung. Irgendwie haben wir nicht mehr wirklich miteinander gerdet, also auch nicht irgendwie miteinander geschlafen oder so - naja auf jeden Fall ist er irgendwann zu mir gekommen und meinte, er habe mit 'nem Mädel von irgendeiner Hausparty geschlafen. Natürlich war ich wütend, aber ich glaube, hauptsächlich, weil man das von mir erwartet hat. Ich wusste ja, dass das zwischen uns nicht mehr lange funktionieren kann. Ich hätte mir schon gewünscht, du wärst hier, aber ich bin ja auch allein drüber hinweggekommen. Also ich hab dann mit ihr geschlafen, aber dass war hauptsächlich ein Zufall."

"Ok", sagt er nach einer Weile, "Und dich stört es nicht? Wie lange ist das jetzt her?" Kurz muss ich überlegen und antworte dann: "Naja, ich komm mittlerweile wieder gut mit ihm aus. Ich glaube, dass ist jetzt knapp neun Monate her. Ich hab auch schon jemand neuen, den ich gut finde. Er heißt Nico und geht in meine Klasse. Er ist wirklich süß. Ich hasse es, verknallt zu sein", ich sehe wie ein Grinsen über sein Gesicht huscht und haue leicht gegen seine Brust, "Nein, wirklich. Ich bin schrecklich in seiner Nähe. Mein Herz fängt an zu rasen und will aus meiner Brust springen. Ich fang an zu stottern und weiß auch nicht, was ich sagen will. Ich hasse es."

"Aha", sagt er mit einem Schmunzeln. Ich schaue wieder auf die Uhr. Es ist 05:21 Uhr. "Hör zu, so gern ich mich hier noch mit dir unterhalten würde, ich muss duschen", sage ich und gebe ihm einen Kuss auf die Wange. Ich suche meine Klamotten aus dem Schrank, einen dünnen, grünen Pullover und eine einfache Jeans. "Du kannst ja schonmal Frühstück machen", rufe ich ihm noch im Rausgehen zu und schließe die Tür hinter mir.

Ich gehe in das Bad, was direkt gegenüber meinem Zimmer liegt. Das Zimmer ist schon vorgeheizt, dank der zeitgesteuerten Heizungen. Ich ziehe mir meinen Schlafanzug aus, schmeiße ihn in eine Ecke und steige unter die Dusche. Das Wasser läuft kalt meinen Rücken runter und ich fange an, Shampoo in meine Kopfhaut einzumassieren. Nachdem ich das Wasser wieder abgestellt habe, nehme ich mein Handtuch und wickle es um mich herum. Ich öffne den Schrank und hole den Föhn hervor, der lauwarme Luft durch meine Haare pustet. Ich spüre, wie sie trocken werden und durchstreiche sie vorsichtig mit meinen Finger.

Ich habe dicke Haare, die von Natur aus braun sind, ich habe sie mir aber rot gefärbt, nachdem meine Mutter abgehauen ist.

Ich stehe noch lange so da und nachdem ich dann fertig bin, packe ich den Föhn zurück in den Schrank, ziehe mich an und gehe runter in die Küche.

Die Uhr zeigt 6:00 Uhr an. "Guten Morgen", sagt Florian und gibt mir Teller in die Hand, "Deckst du mit den Tisch?" Während ich geduscht habe, hat er sich angezogen und angefangen, Frühstück zu machen. Flo hat Eier gekocht, Brötchen aufgebacken, Marmelade, Käse und Wurst auf den Tisch gestellt und Orangensaft ausgepresst. Ich stelle die Teller auf den Tisch und setzte mich hin. "Du bist ja heute richtig engagiert. Hat das was damit zu tun, dass du heute fährst?", frage ich schnippisch. "Ich fahre morgen. Das bedeutet, du hast mich den ganzen Freitagabend. Hast du irgendwas vor? Wollen wir was machen?", antwortet er mir mit einem Grinsen auf dem Gesicht. Er lässt sich mir gegenüber auf den Stuhl fallen.

Papa kommt in die Küche und schaut uns verwundert an: "Schon wach? Sehr ungewohnt. Habt ihr Kaffee gekocht?" Florian schaut auf und zeigt auf die Tasse an Papas Platz: "Klar! Steht hier." Papa setzt sich und wir essen schweigend weiter. "Habt ihr heute irgendwas vor?", fragt Papa und schaut zwischen Flo und mir hin und her. "Haben wir gerade drüber geredet. Ich bin ja für Ausgehen. Wir können was essen gehen, du kannst ja ein paar Freunde mitnehmen. Dann gehen wir in die Stadt, irgendwo was trinken und ich bring sie bis Mitternacht zurück.", sagt Flo und isst mit einem Grinsen sein Brötchen weiter. "Das hört sich doch nach einem Plan an, oder Lina?", fragt Papa und schaut mich auffordernd an. 

"Von mir aus. Wir haben heute eh nur 5 Stunden, heute ist Abi-Streich. Ich würde dann nochmal duschen und dann können wir so gegen 16 Uhr losgehen. Wenn wir laufen, kannst du ja schonmal einen Tisch für 17:30 Uhr bestellen.", antworte ich mit einem Augenrollen. Florian schaut mich an, als hätte er mit einer Diskussion gerechnet: "Dann ist es abgemacht?" Ich nicke und füge hinzu: "Vielleicht schauen wir mal auf der Peißnitz vorbei...?" Ich schaue langsam hoch und sehe wie Papa und Florian sich anschauen und eine stumme Diskussion haben. "Okay", sagt mein Vater mit einem Schulterzucken.

Ich ziehe meine Schuhe und meine Jacke an und rufe die Treppen hoch: "Kommst du, Flo? Ich will los!", wobei ich das 'O'  betont lang betone, "Ich bin noch nicht zu spät. Die Betonung liegt auf 'noch'. Beeil dich!" "Jaja, ich komm ja schon. Ich bin praktisch schon unten. Wir sitzen schon im Auto.", ruft er lachend runter. Er springt die letzten drei Stufen runter, läuft zur Tür und bleit schlitternd davor stehen. Florian öffnet die Tür und sagt: "Nach ihnen, Madam. Dürfte ich ihren Rucksack tragen?" Ich strecke mein Kinn heraus und trete durch die Tür. "Nein danke. Ich will nur nicht zu spät zur Schule kommen. Bitte.",  sage ich leicht genervt und setzte mich in Florians Auto. Er schließt die Tür ab und setzt sich auf die Fahrerseite. "Bevor wir losfahren: Was ist los mit dir? Was habe ich gemacht?", sagt er und dreht sich zu mir. Ich muss einen genervten Gesichtsausdruck haben, denn er verdreht die Augen und fügt hinzu: "Wir fahren erst los, wenn du anfängst, zu reden." "Ich bin nur genervt. Du tust so, als würdest du nicht morgen fahren und alles wäre gut und ich hab allgemein Stress und ich mache mir selber Vorwürfe, dass ich dir diese Vorwürfe mache und es ist alles Scheiße. Ich hab von Lena und Lilli gehört, dass Nico mit Ariana Stevens zusammen ist und ich kann sie nicht ausstehen.", ratter ich runter, ohne Luft zu holen und schaue ihn verzweifelt an, "Kannst du einfach losfahren und ich erzähl dir mehr davon auf dem Weg?"

Mein Leben ist ein ArschlochWhere stories live. Discover now