13 | Reue

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Ich bin gespannt, was ihr sagt. Wieder ein extralanges Kapitel. Danke für all eure Votes und Kommentare. 

2010.

John warf Cassie einen kurzen Blick zu. Sie saß abseits gemeinsam mit Marten am Rand des Geschehens und ließ ihren Blick über das dunkelblaue Wasser gleiten. Es war bereits wieder Spätherbst, dabei hatten sie doch gerade erst ihren ersten Jahrestag im Frühling gefeiert.

Die meisten Bäume hatten ihre Blätter gelassen und der Wind am Hamburger Hafen war rau, also hatte Cassie sich die Kapuze ihres gelben Windbreakers aufgesetzt, aus der ein paar ihrer wilden Locken hervorschauten. Als sie seinen Blick bemerke, schenkte sie ihm ein Lächeln. Er erwiderte es, ging jedoch trotzdem nicht zu ihr hinüber. Die Sonne stand bereits tiefer und sie mussten sich beeilen, wenn sie das Video heute noch komplett abdrehen wollten.

Als sie den Dreh fortsetzten, zog er den Reißverschluss seiner dunklen Jacke auf, unter der er einen schwarzen Pullover und die Kette trug, die Cassie ihm im vergangenen Jahr zum Geburtstag geschenkt hatte. Er richtete noch einmal seine dunkle Snapback, bevor es weiterging.

Erst, als es dunkel wurde und sie alle Bilder hatten, die sie brauchten, packten sie zusammen und machten sich auf den Weg zurück. Als sie den kleinen Parkplatz erreichten, blieb Cassie stehen und John zog sie zu sich heran.

„Kommst du gleich zu mir?", fragte sie.

Sie wusste, dass er nicht mit ihr fahren würde, auch, wenn sie inzwischen endlich nicht nur ihren Führerschein, sondern auch ein kleines, eigenes Auto hatte; einen Alfa Romeo Mito. John war einfach zu groß für den Wagen – selbst, wenn er den Beifahrersitz ganz nach hinten schob. Deshalb vermied er es so gut er konnte, sich in ihr Auto zu setzen, vor allem, weil sie jedes Mal dämlich grinste, wenn er versuchte, es sich irgendwie gemütlich zu machen.

Ihr Großvater hatte sich finanziell an den Kosten für das Auto beteiligt, als sie in diesem Jahr ihr Wirtschaftsabitur gemacht hatte. Da sie bis jetzt keinen Job gefunden hatte, arbeitete sie erst einmal mit mehr Wochenstunden in der Tanzschule und gab dort zusätzlich Kurse. Seit sie in diesem Sommer zusammen mit Malia die Weltmeisterschaften in der Kategorie Hiphop in Frankreich gewonnen hatte, waren die Kurse gut besucht, doch um wirklich über die Runden zu kommen, reichte es noch nicht aus.

Trotzdem war sie zu stolz, etwas von dem Geld anzunehmen, dass John noch immer nebenbei mit der Grasdealerei machte. Er hatte sich inzwischen damit abgefunden und versuchte nicht mehr, sie zu überzeugen, das Geld anzunehmen. Einerseits nervte ihn ihre Sturheit, andererseits zeigte sie ihm aber auch, dass ihr sein Geld egal war und sie ihn einfach als Menschen liebte. Das war für ihn das Wichtigste.

„Später, Shorty. Ich muss erst noch was erledigen."

Er wusste, dass sie ihn auch ohne weitere Erklärungen verstand.

„Okay", sagte sie, dann verabschiedeten sie sich mit einem Kuss voneinander. Er stieg in Martens Mercedes, sie in ihren kleinen, bordeauxroten Flitzer.

John überbrachte ein paar Lieferungen, kassierte die Kohle und ging mit den Jungs noch etwas essen. Anschließend fuhren sie noch im Studio vorbei, wo er – wie momentan so oft – hängenblieb. Sie arbeiteten an neuen Songs, Jakob produzierte einen Beat und John schrieb im Studio einen Text dazu. Zwischendurch drehte er ab und zu einen Joint, rauchte, trank etwas, und vergaß dabei vollkommen die Zeit.

Erst, als sein Handy irgendwann in seiner Tasche piepte, zog er es heraus und warf einen Blick darauf. Er seufzte schwer. Vor lauter Song schreiben hatte er Cassie wieder mal vergessen.

Started from the Bottom 1 & 2 & 3Where stories live. Discover now