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Ich war schon eine ganze Weile wach. Die Schmerzen in meinen Schultern und meinem Kopf hatten mich geweckt. Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich geschlafen hatte. Aber es fühlte sich nicht so an, als wäre ich ausgeschlafen. Im Gegenteil. Ich fühlte mich wie gerädert. Wenigstens hatte sich mein Körper so langsam von dem Sauerstoffmangel erholt. Nach dem nächtlichen Besuch der beiden Männer hatte ich noch so lange geweint, bis ich vor Erschöpfung eingeschlafen war. Ansonsten hätte ich vermutlich gar nicht geschlafen.

Gequält kreiste ich meinen Kopf hin und her und versuchte dann, meine Schultern zu lockern. Ich war total verspannt. Konnten diese Männer mich nicht endlich von diesem Stuhl losbinden? Ich wusste wirklich nicht, wie lange ich das noch aushalten würde. Außerdem machte sich so langsam mein Magen bemerkbar. Ich hatte gestern kein Abendessen gehabt. Und ich hatte keine Ahnung, wie viel Uhr es inzwischen war. Für mich war immer noch stockdunkel. Die Zeit schien hier unten stehen zu bleiben. Ich hatte überhaupt kein Zeitgefühl. Wieder knurrte mein Magen und krampfte sich schmerzhaft zusammen. Mein Schädel pochte und meine Nase schmerzte. Aber die Schmerzen waren mir erschreckend vertraut. Ich wusste, wieso, schob den Gedanken aber sofort wieder zur Seite. Ich wollte jetzt nicht darüber nachdenken. Ich hatte im Moment ganz andere Probleme. Viel größere Probleme.

Ich versuchte, meine Gedanken zu ordnen und alles Revue passieren zu lassen, woran ich mich erinnerte. Ich war von drei Männern entführt worden. Bisher hatte ich keinen davon ohne Maske gesehen. Aber die Stimmen waren mir fremd. Heute Nacht hatten sie mich mit meinem Namen angesprochen, aber das hatte nichts zu bedeuten. Ich hatte meine Tasche bei mir, als sie mich entführten, sie hätten meinen Namen also problemlos von meinem Ausweis ablesen können. Das bedeutete, ich wusste immer noch nicht, ob ich ein Zufallsopfer oder gezielt ausgewählt worden war. Und dann war da dieses Gerede von meinem großen Auftritt. Was hatte es damit auf sich? Wollten sie mich auf eine Bühne stellen?Das bezweifelte ich. Zumindest lag ihnen etwas daran, dass ich für diesen Auftritt in einem schlechten Zustand war. Immerhin hatten sie mich dafür extra verprügelt. Das einzige, was mir dazu einfallen wollte, war ein Bild oder eine Videobotschaft, um Lösegeld zu fordern. Mein Herz wurde schwerer und meine Kehle schnürte sich langsam zu. Meine arme Mum! Sie durfte mich nicht so sehen.Sie würde bei dem Anblick zusammenbrechen. Ich war alles, was sie hatte. Und was sie ganz sicher nicht hatte, war Geld. Panik überkam mich. Was, wenn es wirklich um Lösegeld ging? Meine Mum konnte nichts bezahlen. Wir hatten doch nichts. Als Kassiererin verdiente sie gerade genug, um uns jeden Monat über die Runden zu bringen. Deshalb verdiente ich mit ein wenig Babysitten extra noch Geld dazu. Wenn es um Lösegeld ginge, wäre ich verloren!

Ein Geräusch ließ mich zusammenzucken. Es waren Schritte. Schritte von mehreren Personen. Die Männer kamen wieder zu mir! Sofort schlug mein Herz schneller. Gebannt starrte ich in Richtung Tür, auch wenn ich sie nicht sehen konnte. Ich hielt die Luft an. War es soweit? Stand nun mein großer Auftritt bevor?

Entführt - Im Dunkeln (Leseprobe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt