2. Kapitel

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"Was ist los?" Ich zwinge mich zu Peeta hochzuschauen, meine Tränen zu versiegeln und versuche etwas zu sagen, doch die Sätze bleiben mir im Hals stecken. Ich habe so etwas noch nie jemandem sagen wollen. Ich brauchte niemanden. Das bin nicht ich. Aber die alte Katniss gibt es schon lange nicht mehr. Sie wurde körperlich, als auch seelisch, nach ihren zweiten Spielen und der Niederbrennung von Distrikt 12 lebensgefährlich verletzt. Sie hat neu angefangen, als sie all die hoffnungsvollen Menschen im Lazarett gesehen hat. Ihre Hoffnung ist währrend der Rebellion aufgeflammt. Als sie herausfand was das Kapitol mit Peeta angestellt hatte, ist ein Teil von ihr gestorben. Sie ist innerlich gestorben, als sie ihre Schwester, ihre kleine und lebensfrohe Prim, sterben sah. Ihre ganze Stärke, ihre innere Flamme, ihr Lebensfunke und ihr Glauben waren schon tot, als sie zusammengeflickt aufwachte. Ihre Lust nach Rache war verschwunden, nachdem sie Präsident Coin in den Tod schoss. Die alte Katniss Everdeen ist tot. Zerstört von dem Kapitol. Was übrig geblieben ist, ist eine leere, kaputte und vor sich hin trauernde Hülle. Doch ich spüre etwas…eine leblose Hülle kann nichts fühlen! Vielleicht ist Peeta der, den ich jetzt brauche. Ich brauche jemanden, der mich lebendig macht. Eine neue Katniss entfaltet sich langsam in mir. Ich muss nur den Anfang machen. Ich müsste mit den Schmerzen leben und würde immer Narben in meinem Inneren haben, aber das werde ich auf mich nehmen können. Ich bin bereit für den Neuanfang. Ich bin bereit nach vorne zu blicken.
Ich spüre Peetas weichen Hände an meinen Wangen und genieße ihre Wärme. "Katniss? Alles in Ordnung?" Ja, jetzt schon. Ich öffne die Augen und sehe sein Gesicht dicht vor meinem. Unsere Nasenspitzen berühren sich fast. Ich weiß nicht, wie lang es her ist, seit ich ihm das letzte Mal so nah war. Seine Augen spiegeln aufrichtige Sorge wider. Ich mache den Mund auf, doch kein Wort kommt heraus.
Ich habe Angst. Angst vor diesen Worten und Angst vor seiner Reaktion. Angst, dass ich die letzte mir verbliebene Person schon verloren habe. Wird er mich auslachen? Mich fassungslos anstarren? Einfach weggehen?
Und dann sprudeln sie einfach aus mir heraus. "Ich liebe dich." Es ist nur ein heiseres Flüstern, aber so laut, dass er es noch hören konnte. Erschrocken presse ich meine Hände auf den Mund. Als ich seinen erstaunten Blick sehe, zieht sich mein Herz zusammen.

Der Löwenzahn im FrühlingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt