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PAUL

Im Grunde weiß ich gar nicht, was ich hier tue. Ich habe ihm eigentlich abgesagt. Immerhin habe ich beschlossen, auf Abstand zu gehen.

Plötzlich ist Jan in mein Zimmer geplatzt, hat mir die Kopfhörer aus den Ohren gezogen und mir die Gitarre entrissen. Ohne auf meine Einwände einzugehen, hat er Klamotten aus meinem Schrank genommen. Mit dem ausdrücklichen Appell, dass ich in fünfzehn Minuten geduscht und fertig sein soll, hat er sie mir entgegengeworfen.

Mittlerweile sind wir auf irgendeiner Hausparty

Ich habe ihn schon lange verloren. Nicht, weil hier so viele Menschen sind, sondern weil ich aufgegeben habe, ihn zu suchen. Er hat sich absichtlich aus dem Staub gemacht, damit ich uneingeschränkt mit Mädchen reden kann.

Das Problem hierbei ist allerdings, dass mir überhaupt nicht danach ist und ich mein Bett vermisse. Die letzten Nächte sind nicht sehr lang gewesen und das beginne ich nun deutlich zu spüren.

Seufzend lasse ich mich auf die Stufen der Veranda fallen und fahre mir mit meinen Händen über das Gesicht.

Ihn vor mir mit Mädchen flirten zu sehen, macht das Ganze nicht besser. Eigentlich hatte ich gehofft, auf schmerzlose Weise für ihn wegkommen zu können. Wenn er eine Freundin finden würde, würde das vielleicht alles beschleunigen.

Ihn täglich in der Schule zu sehen, macht das natürlich nicht einfacher.

Ich hasse es, dass er noch so viel Macht über mich hat.

Nach einer Weile Trübsal blasen, lässt sich jemand neben mich fallen. Ich drehe meinen Kopf nach links und entdecke ein Mädchen mit kürzerem haselnussbraunem Haar, das zu den Spitzen immer heller wird.

«Bist du allein hier?», fragt sie und lächelt mich lieb an. Kurz bin ich etwas überfordert und sehe sie einfach nur an. Ich habe nicht damit gerechnet, dass jemand meine desinteressierte und gelangweilte Aura geflissentlich ignorieren wird.

Ich schüttle schlussendlich den Kopf und richte mich auf. «Eigentlich bin ich mit einem Kumpel hier. Der ist nur plötzlich spurlos verschwunden.»

Eigentlich könnte ich auch einfach gehen. Merken würde er das sowieso nicht.

Sie nickt, als wüsste sie ganz genau, wie es mir dabei geht. Dabei weiß sie gar nichts. «Die Zunge meiner besten Freundin steckt im Mund irgendeines Typen.»

«Freut mich», entgegne ich mit scharfer Zunge. Sie runzelt die Stirn und wirkt etwas verletzt. Mir tut mein harscher Ton sofort leid. Sie kann nichts dafür, dass ich mich unglücklich verliebt habe. «Tut mir leid», seufze ich und verberge mein Gesicht für kurze Zeit hinter meinen Händen. «Heute ist kein guter Tag.»

«Kein Problem. Meine Laune ist, seit ich allein durch die Gegend wandle, auch ziemlich am Boden. So viel zu auf seine besten Freunde kann man sich verlassen.» Die Fremde sieht vor uns auf den Boden und lacht ironisch auf.

«Wahrscheinlich macht sie sogar mit meinem besten Freund rum. Das würde ich ihm zutrauen.» Ich versuche sarkastisch zu wirken, aber ich könnte bei dem Gedanken laut aufschreien.

Es zuckt um ihre Mundwinkel und sie reibt sich seufzend über ihre Oberschenkel. «Ich bin übrigens Lediana, aber nenn' mich ruhig Dina.» Sie hält mir ihre Hand hin und ich schüttle sie lächelnd.

«Paul», stelle ich mich vor.

«Ich hätte eher auf Robin getippt.»

Leise lache ich auf und fahre mir durchs Haar. «Robin?»

Vor meinem inneren Auge taucht das Bild des Baristas, aus dem Café in der Nähe unserer Schule, auf. Wieso kann ich nicht für jemanden wie ihn schwärmen? Also für eine Person, die sich nicht inmitten meines Lebens steht. Ich könnte das Café meiden und gut ist.

the love you wantWhere stories live. Discover now