14. Frisch gewischt

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Lange brauchte ich eigentlich nicht warten, bis Miriam mit ihrem ansteckenden Lächeln auf mich zu kam um mich abzuholen. Dennoch kam mir die Zeit recht lange vor, zumal der heute Morgen noch so ruhige und fast schon verwaiste Wartebereich, mittlerweile stark frequentiert war. Unzählige Male öffnete sich die große Tür am Ende des Ganges, auf der ich nun spiegelverkehrt „EIGOLORU" las. Ärzte kamen hinein, dann wieder Pflegepersonal oder Patienten; mal alleine, mal zu zweit oder auch in kleinen Gruppen. Betten mit und ohne Patienten wurden den langen Gang entlang geschoben. Neben mir füllten sich die Stühle und wurden nur langsam wieder leer, wenn ein Patient abgeholt oder aufgerufen wurde. Ab und an kam jemand aus einer der Türen des langen Ganges und bediente sich am Wasserspender, der auch hier im Wartebereich stand und jede Wasserentnahme mit einem blubbernden Geräusch quittierte.

Ich saß dort und kam mir ein wenig nackt vor ohne Hose. Ich bemühte mich, mit dem Handtuch meine Windel zu verdecken, aber dadurch fehlte natürlich am anderen Ende etwas und ich fror an den Beinen.
Einmal kam eine Mutter mit Kinderwagen in den Wartebereich. Ein kleines Mädchen saß dort drin und spielte mit einer Stoffpuppe. Als ihr diese hinunterfiel und direkt vor meinen Füßen landete, bückte ich mich, griff mit meinem intakten Arm nach dem schon etwas schmuddeligen Püppchen. Dabei ließ ich das Handtuch außer Acht und dieses landete natürlich prompt auch auf dem Boden. Ich blickte zu dem Mädchen auf und sah, dass sie Ihr Gesicht mittlerweile bedenklich verzehrt hatte und es wahrscheinlich nur noch wenige Sekunden dauern würde, bis sich daraus ein Weinen entwickeln würde. Bevor ich mich also um mein Handtuch kümmern konnte, nahm ich die Puppe auf und hielt sie ihr hin. Sofort veränderte sich das Gesicht wieder und ich wurde mit einem Lächeln belohnt. Nicht nur von der Tochter, sondern auch von der aufmerksamen Mutter, welcher der Vorgang natürlich nicht entgangen war. Ich bemerkte dabei sehr wohl, dass Ihr Blick dabei für einen Augenblick auch auf meine Windel fiel und man konnte ihr sogar ansehen, dass ihr dieses recht unangenehm, wenn nicht sogar peinlich war. Wahrscheinlich mehr, als ich das in diesem kurzen Augenblick empfand. Diesmal war sie es, die einen Knicks machte und mit geradem Rücken in die Knie ging. Während Sie mich dabei weiterhin lächelnd anblickte, fiel mein Blick auf Ihren Rock, der bei dieser Bewegung hochrutschte und ihre schwarzbestrumpften Knie in mein Blickfeld rückte. Ehe ich mich aber noch daran erfreuen konnte, hatte sie das Handtuch aber auch schon aufgenommen, kam wieder aus der Hocke und reichte es mir an. Ich bedeckte meinen Unterleib wieder damit.

„Vielen Dank!", entgegnete ich und schon forderte auch die kleine wieder die Aufmerksamkeit der Mutter. Das war der Moment, wo auch Miriam eintraf.

„Na, du scheinst ja auch hier schon Anschluss gefunden haben.", meinte Sie und lächelte mich freundlich an.

„Wo ist deine Hose?!", stellte Sie erstaunt fest.

Ich hielt die Plastiktüte mit meiner Hose in die Höhe und meinte: „Ein kleiner Unfall."

„Wie...?!", entgegnete sie fragend, packte aber im selben Augenblick die Griffe des Rollstuhls, löste die Bremse und drehte mich rum. Ich wollte gerade mit meiner Erklärung ansetzen, da schob sie auch schon los und meinte: „Ist ja auch egal... Wir müssen los, ich muss noch vor 18 Uhr etwas aus dem Labor abholen!"

Ich blickte auf die Uhr, es war 17:50 Uhr. „Na dann leg mal den Turbo ein", entgegnete ich lachend.

Rasant ging es wieder den langen Flur der Urologie entlang. Ich hielt mit beiden Händen das Handtuch fest, damit es nicht während der Fahrt verlorenging. An der großen Tür angekommen betätigte Miriam wieder den Wandschalter und die Tür ging mit einem leisen Surren auf. Dahinter verzweigte unser Weg wieder in viele Gänge, unterbrochen von diversen Fahrstühlen, welche uns mal rauf und mal runter beförderten. Ich hatte keine Ahnung, ob wir denselben Weg zurück gingen, den wir auch gekommen waren, aber bevor wir einen weiteren Fahrstuhl betraten, stoppte Miriam, fuhr mich an die Seite und legte die Bremse ein. Das Treppenhaus wurde in diesem Bereich gerade feucht gewischt und ein gelber Aufsteller signalisierte „Rutschgefahr". Das allerdings war nicht der Grund für Miriams Halt.

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⏰ Last updated: Jun 14, 2023 ⏰

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