2 | Ihre Ewigkeit

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Die Situation spielt sich längere Zeit nach dem ersten Kapitel ab. In der Geschichte werden beide Handlungsstränge parallel erzählt. Heißt, nächstes Kapitel knüpft an die Handlung des ersten Kapitels an. So werdet ihr die Umstände und Gründe, die Izuku am Ende Katsuki darlegen möchte, in den künftigen Kapiteln erfahren. Das alles mündet in dieser Konfrontation.


***

Ungeduldig tippte er mit den Fingerspitzen auf die Holzplatte vor ihm, genervt die Augen rollend, nur um sie dann über das Ziffernblatt der Uhr fliegen zu lassen.

"Überlass ihn mir", sagte er mit einem drohenden Unterton in der Stimme, welcher nicht charakteristisch für ihn war. Sein Gegenüber nickte stumm, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Im selben Moment vernahm er ein lautes Fluchen aus dem Raum am Ende des Korridors - unverzögerlich zauberte dies ein Grinsen auf seine Lippen.

Sein dreckiges Grinsen blieb bestehen, bis er die Klinke des Raumes nach unten drückte und mit hallenden Schritten eintrat.
"Hallo, Kacchan!", säuselste er, gleichzeitig strich er sich die länger gewordenen Locken aus der Stirn. Eine Antwort erwartete er nicht; Katsukis irritierter Gesichtsausdruck reichte, um ihn köstlich zu amüsieren. "Weißt du", sagte er darauf nachdenklich und provokant zugleich, "alte Muster und Gewohnheiten muss man loslassen, wenn man fortschreiten will." Er umkreiste seinen alten Klassenkameraden, der gefesselt auf den Boden kniete. "Habe ich denn nicht Recht, Kat-su-ki?" Letzteres betonte er exzentrisch und wirkte nun noch amüsierter. Er lachte schallend auf. "Es ist wirklich lange her, was? Lange her, dass du ein nicht durch dein egozentrisches Weltbild verdorbenes Kind warst. Na, tatsächlich warst du auch als Kind schon verdorben." Izukus grüne Augen durchbohrten Katsuki, der seine weit aufriss und der Situation nicht im Ansatz folgen konnte.

"Ah, 'tschuldigung", sagte der Grünhaarige und riss brutal das provisorisch angebrachte Klebeband von Katsukis Mund ab, sodass dieser reden konnte. "Deku, was zur verfickten Hölle-", keuchte er, doch Izuku fiel ihm ins Wort. "Aber, aber. Bei diesem Namen stellen sich mir die Nackenhaare auf. Ich heiße Izuku - I-zu-ku - nicht Deku", seufzte er. "Ein sehr groteskes Szenario, nicht wahr? Zum Dank bin ich dir dennoch verpflichtet", sagte er mit einem unschuldigen Lächeln auf den Lippen. "Immerhin warst du es, der mir damals riet, mich vom Schuldach zu stürzen und auf eine Reinkarnation mit einer Macke zu hoffen! Dass du mir alle Träume entrissen und meine Hoffnung mit den Füßen getreten hast, war für dich nicht im Geringsten moralisch diskutierbar", seine Miene verfinsterte sich schlagartig, während er sprach, "aber wie würde es dir unter der Annahme, dass ich mir kaltblütig deinen Suizid wünschen würde, gehen?"

Die Panik in Katsuki war gewichen und hatte Platz für Verwirrung und
Hass geschaffen. Er spürte, wie seine Hände taub wurden, so fest schnitten die Fesseln in sein Handgelenk. "Hör verdammt nochmal auf mit dem Scheiß! Was soll das Drecksdeku, hä?", knurrte er zornig. "Deku, der nichts kann", zitierte Izuku Katsukis Worte, "damit begann, mein Leben dank dir ein einziger Scherbenhaufen zu werden." Er seufzte. Stirb! Stirb! Stirb! Stirb! - warum brachte der Blonde dieses scheiß Wort nicht über die Lippen?
Schweißperlen tropften von Katsukis blonden Haaransatz und glänzten auf seinem teilweise noch dreckigen Gesicht. Die roten Augen blitzen hasserfüllt auf, die Wangen von der Aufregung leicht gerötet. Sein Versuch, sich zu befreien, blieb ohne Erfolg.

"Keine Sorge, ich werde dir schon nichts antun. Letzendlich bist und bleibst du mein kostbarer Freund", zirpte Izuku mit einem breiten Lächeln, "auch wenn ich nie deiner war." Er lechzte nach der Zuneigung und Bewunderung des Anderen, der mit seinen Worten und Taten widerum ein Dolch in sein Helz legte. "Es hätte mir viel Leid erspart, hätte ich deinen Rat befolgt. Nun, stattdessen bin ich hier gelandet. Wie pathetisch! Ausgerechnet ich, der immer darauf pochte, der beste Held zu werden", bemerkte Izuku theatralisch, "war nicht mal in der Lage, sich selbst zu retten."

Der Blonde war mit der Situation maßlos überfordert. Er hatte ihn für tot gehalten. Sich sogar Vorwürfe für sein Verhalten gemacht, diese jedoch selbst aus Angst an der Schuld abgestritten. Er hatte Izukus Gewohnheit, immer nach vorne zu preschen und keine Mühen zu scheuen, überschätzt, ja, es sogar für selbstverständlich gehalten. Nie hat er gesehen, wie sein Kissen nachts die Tränen auffing und er auf kalten Fliesen mit einem zerrissenen Poster von All Might in der Hand zusammenbrach, weil seine Träume zertrümmert wurden. "Tsk", zischte Katsuki, "Du solltest dich selbst reden hören! Der Deku, den ich kannte, würde lieber sterben anstatt ein erbärmlicher Verräter zu werden und seinen Traum aufzugeben, du mieses Stück Scheiße!"

"Ach, ist das so?", fragte Izuku hellhörig. "Wie tragisch." Er wirkte seltsam melancholisch. "Ironie des Schicksals, was?" Plötzlich versetzte Izuku der Anblick seines Freundes aus Kindheitstagen einen heftigen Stich in der Brust. Verletzt und mit klaffenden Wunden kniete er vor ihm, die Fesseln schnitten in sein Fleisch. Mitleid überkam ihn. Freude, Trauer, Zorn, Verzweiflung... die bunte Palette an Emotionen fühlte er nur bei Katsuki. Vor seinem inneren Auge zeichneten sich Bilder aus längst vergangenen Tagen ab. Eine Erkenntnis lies das Blut in seinen Adern gefrieren: Katsuki Bakugō ist nicht sein Freund. Er war es nie und würde es nie sein. Egal wie sehr sein Herz nach nur einem Zeichen von positiven Gefühlen suchte, so blieb es für die Ewigkeit eine grausame Illusion - und ihre Ewigkeit eine noch grausamere Lüge. Er wusste es, hatte es eben noch geäußert, trotzdem tat es furchtbar weh.

"Kein Plan, was zum Fick falsch mit dir ist, aber lass mich auf der Stelle frei, sonst...", drohte Katsuki ihm. Izuku konnte ihn nicht ernst nehmen. "Ich habe nichts zu verlieren. Bereits von Anfang an wäre ich doch tot besser dran gewesen", erklärte er nüchtern und fuhr mit einer Frage fort: "War ich für dich ein guter Mensch?" Katsuki knurrte wütend und überlegte, wie er das Gebäude am besten in die Luft sprengen könnte. Er hatte sich von seinen Gefühlen, die er nicht einordnen konnte, leiten lassen, doch jetzt brauchte er einen klaren Kopf. Die Erinnerungen daran, wie er an diesen Ort gelangt war, waren undeutlich und verschwommen und er konnte ahnen, dass Izuku seinem Gedächtnis nicht auf die Sprünge helfen würde.

Er musterte ihn in der Hoffnung, Rückschlüsse auf die Gründe für das alles zu finden. Tatsächlich fiel ihm auf, dass er dünn, fast schon mager war, seine Haut noch bleicher geworden war und man unter den zerfetzten Ärmel seines Hemdes unendlich viele Narben erkennen konnte.

Katsuki konnte nicht lange darüber nachdenken, da sich Izuku wieder an ihn wendete: "Wir sind bereits vor unserer Geburt todgeweiht. Unsere Existenz wird ausgelöscht, deswegen wäre es mir eine Ehre, von dir erlöst zu werden, Katsuki!"
Er schenkte seinem Gegenüber ein ehrliches Lachen. Wie, fragte Katsuki sich, kann er so aufrichtig lachen, während er dermaßen mit den Psychen der beiden spielte?

"Du mieser Verräter!", brüllte er ihn an, "Erklär mir das gefälligst, elender Nerd! Drecksdeku!" Als er die Beleidigungen hörte, schüttelte er den Kopf, prüfte dann mit einem Blick auf sein Handgelenk die Zeit. "Du lernst auch wirklich nie, was? Vielleicht ist das der Grund, warum du die Umstände und Gründe nicht wissen brauchst. Aber gut, wir haben noch Zeit, da kann ich dir deinen Wunsch erfüllen."

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i found [katsudeku] Where stories live. Discover now