33. Dreiunddreißig

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Kaia

Ich wrang mein nasses Haar ein letztes Mal aus und stieg tropfend aus der Dusche. Der Spiegel, der sich vor mir aufbaute, war bis an alle Ecken beschlagen und erst als ich nach einem trockenen Tuch griff und damit die Feuchtigkeit vom Glas wischte, konnte ich mich selbst darin betrachten. An meiner blassen Haut perlten kleine Wassertropfen ab und mein blondes Haar klebte durchnässt an meinen Schultern. In dem Moment wo ich meine Strähnen auf eine Seite schob, wanderten meine Augen tief genug um die große Brandnarbe zu begutachtet, welche sich über meine linke Hüfte erstreckte.
Wie ich diesen Teil meines Körpers hasste. Ich ließ meine Finger über die leicht gerötete Haut wandern und ein krampfhafter Schmerz durchzuckte mich. Obwohl ich wusste, dass die Narbe bereits ausreichend verheilt war und mir körperlich überhauptkeine Schmerzen mehr bereitete, verursachte der Gedanke an das dazugehörige Erlebnis mir einen Stich.

Die Flammen, die Hitze, das Geschreie und das Gesicht meines Bruders. Nur Bruchteile von Erinnerungen befanden sich noch in meinem Kopf, jedoch würde ich niemals vergessen, was die schrecklichen Folgen dieser Nacht waren.

Ich schluckte schwer. Mein Hals wurde plötzlich staub trocken und bevor meine Augen anfangen konnten zu brennen, schnappte ich das nächstbeste saubere Handtuch und wickelte es um meinen Körper, womit ich nicht nur die Narbe, sondern auch die damit verbundenen Erinnerungen verdeckte.

Nichts ahnend ging ich auf die Badezimmertür zu, öffnete sie schnell genug, um dieses unaufhaltsam quietschen der Scharniere zu vermeiden, und trat durch sie hindurch in mein Zimmer.
Ein großer Raum mit einem Bett, dass nach einer Mischung von Kingsize und Himmelbett aussah. Über dem Boden ausgelegt, ein dünner, Flieder-farbener Teppich.
Trotz der Tatsache, dass dieses Gästezimmer, abgesehen von dem Bett, einer kleinen Kommode und einer Art Nachtkästchen, ziemlich leer war, brauchte mir Gehirn einige Momente um Matthew auf der frisch gemachten Matratze zu entdecken.

Als er mich sah, erhob er sich sofort von seinem Platz und machte einen Schritt auf mich zu. Ich hatte ihn seit der kleinen Familienkrise zwischen seiner Schwester und dem König nicht mehr gesehen, und eigentlich hätten wir uns auch erst heute Mittag wieder getroffen.

Verwirrt hielt ich den Abstand zwischen uns ein und trat ein wenig zurück.
"Was machst du hier?", fragte ich misstrauisch, während sein Blick unverstohlen über meine Erscheinung wanderte. Sofort zog ich das Handtuch enger um meinen Körper.
Als er nicht antwortete, sondern nur noch mehr Schritte vorwärts machte, streckte ich meinen Arm nach ihm aus und versuchte seine Brust mit der flachen Hand wegzudrücken.
"Matthew, geh aus meinem Zimmer damit ich mich anziehen kann."
Inzwischen klang meine Stimme gereizt, obwohl sich in meinem Inneren ein Unbehagen ausbreitete.

Ich wusste, wie unberechenbar dieser Typ war und ohne Grayson in meiner Nähe, fühlte ich mich noch hilfloser.
"Du kannst dich auch vor mir umziehen, Prinzessin. Mich stört das sicherlich nicht", raunte er mir zu und ich hätte schwören können, dass er nach dem Saum meines Handtuches zielte, als ich einen Satz zur Seite machte und mich an ihm vorbei schob, schnell genug um rechtzeitig an der Kommode anzukommen, mir meinen Bademantel überstreifte und, erst als mein dreifacher Knoten fest genug war, das Tuch fallen ließ.

Ich sah wie mir jemand das Stück Stoff vor den Füßen weg zog und spürte im nächsten Atemzug bereits Matthew's Präsenz an meinem Rücken.
Mein ganzer Körper erstarrte und für ein paar Sekunde war ich dazu gezwungen meine Augen zu schließen um nicht augenblicklich in Panik zu geraten.

Eigentlich hatte ich es geschafft Matthew ziemlich neutral gegenüber zu stehen. Doch vor allem jetzt, wo ich mich in einem anderen Land befand, kroch meine Angst wieder in mir hoch.

"Ich hatte gestern noch ziemlich Stress mit meinem Vater", hauchte er und ich konnte förmlich spüren wie der vornehme Prinz aus ihm entweichte und sich der krankhafte, aufdringliche Matthew nun wieder entfalten konnte.
In meinem Magen breitete sich Übelkeit aus, weswegen ich wieder einen Schritt zur Seite machen wollte, um ihm erneut zu entfliehen. Doch wie aus dem Nichts, packte mich seine Hand am Oberarm und hielt mich fest, woraufhin er mir noch näher kam und leise in mein Ohr flüsterte: "Und ich hab das Bedürfnis, diesen Druck an dir auszulassen, meine Schöne."

"Lass mich los, Matthew. Sonst rufe ich nach meinem Bodyguard", zischte ich und verkrampft meine Schultern, während seine Brust zu beben begann, als ein raues Lachen mein Ohr erreichte.
"Glaub mir. Den habe ich im Griff. Ich habe dafür gesorgt, dass uns keiner stören kann."

Ich schluckte meine Besorgnis hinunter. Wenn ich jetzt zu sprechen begann, würde das Zittern in meinem Inneren unüberhörbar sein. Aus diesem Grund hielt ich meinen Mund geschlossen und versuchte stattdessen eine Lösung für diese Situation zu erschaffen.

Im ganzen Haus waren Matthew's Leute verteilt. Niemand würde es wagen sich ihm zu widersetzen, ausser der König befahl es. Das Fenster war auch keine Option, da ich mich im 3. Stock befand und somit wohl eher in den Tod, als in die Freiheit, springen würde.
Da blieb nur noch eine Tür übrig. Das Badezimmer.
Schaffte ich es mich Matthew schnell genug zu entreißen, konnte ich mich darin einschließen.

Mein Blicke huschte zu der geschlossenen Tür und ich versuchte mir zu errechnen, wie lange ich dafür benötigen wurde sie zu öffnen, durch den Ramen hindurch zu schlüpfen und sie rechtzeitig wieder abzuschließen bevor Matthew es schaffte die Tür offen zu halten.

Ich konnte es schaffen, zumindest in meinem Kopf, denn als ich die Idee versuchte umzusetzen, wurde ich schon bei dem ersten Schritt an den Hüften gepackt und grob mit dem Rücken gegen den Rand der Kommode gedrückt.

"Nicht so schnell, Prinzessin", raunte Matthew an meine Wange und verlagerte sein Gewicht so, dass sein Körper mich stärker gegen das Holz drückte. Schmerzverzerrt blickte ich ihn an und als er meinen Gesichtsausdruck bemerkte, zeichnete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht ab.

"Was bin ich froh, dass wir endlich weg von deinem Grayson sind", flüsterte er.
Seine Finger wanderten langsam zu meiner Taille und sammelten sich um den Knoten meines Bademantels. Als er anfing an den Bändern herumzufummeln, um den Verschluss zu lösen, sammelte ich plötzlich all meine Kraft und drückte seinen Körper mit einem gewaltsamen Stoß von mir. Doch wiedermal reagierte er schneller als erwartet, umfasste meinen Arm und schubste mich mit schwungvoll auf den Boden.

"Wenn du endlich aufhören würdest dich so dumm anzustellen, wäre das alles um einiges einfacher!", sagte er wütend und während ich den Schmerz in meiner Wirbelsäule verdrängte, näherte er sich mir wieder.

Ich versuchte ihm wiedermal zu entkommen, stieß jedoch mit dem Rücken gegen eine Wand, woraufhin ich ihn nur verachtend ansah.
"Ich hoffe, dass deine Schwester sich niemals mit so einem Stück Dreck wie dir abgeben muss, das sie ohne mit der Wimper zu zucken vergewaltigen würde!", schrie ich ihn an und konnte im nächsten Moment nur noch meine eigene Atmung hören.
Mein Herz raßte.
Meine Gefühle waren ein einziger Haufen aus Angst, Zorn, Verzweiflung und Hass.
Ja. Vor allem Hass.

Als meine Augen sein Gesicht ins Visier nahmen, war er wie eingefroren. Er bewegte sich kein Stück, sah mich einfach mit solch einer Kälte an, dass ich tatsächlich erschauderte.

Im nächsten Moment landete seine blanke Faust, nur wenig von mir entfernt, an der Wand und ich zuckte erschrocken zusammen.

"Verdammte Scheiße!", knurrte Matthew frustriert und als ich ihn nochmal ansah, stürmte er an mir vorbei, aus dem Zimmer, und knallte die Tür mit aller Kraft zu.

Es dauerte einige Sekunden, bis sich meine Gedanken sammelten und ich schnellstmöglich aufsprang und mein Zimmer abschloss. Danach ließ ich mich seufzend gegen die kalte Tür sinken und atmete mehrmals durch.

Nur noch 3 Tage.
Dann würde ich mich endlich wieder in Graysons sichere Arme begeben können.
Doch an das, was danach kam, wollte ich garnicht denken. Denn auch wenn ich Matthew dieses Mal los geworden war, standen mir noch mehrere Jahre mit ihm an meiner Seite bevor. Und ewig konnte ich ihm nicht entkommen.

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written by me (writingxines)

Ach Gott Matthew.. xd Naja jetzt habt ihr sozusagen mal wirklich die ganze Entfaltung seiner schlechten Seite gesehen.

Was denkt ihr hat es mit dieser Narbe bei Kaia auf sich?
Muss ich überhaupt noch nachfragen was ihr von Matthew haltet? XD

Meinungen zum Buch?

Kritik und andere Anmerkungen sind immer erwünscht!

Danke an jeden einzelnen der dieses Buch liest!!!!

Royal Liar Where stories live. Discover now