18. Achtzehn

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Grayson

„Du weißt, dass du mir von deinen Albträumen erzählen kannst."

Ich warf Liliana einen verwirrten Blick zu, der zugegeben teilweise gespielt war. Sie unterbrach immerhin gerade unsere Konversation über ihre Vergangenheit mit etwas, worüber ich ganz und gar nicht gerne sprach. In unserer gemeinsamen Zeit durchlöcherte ich sie mit Fragen, damit sie erst gar nicht darüber nachdenken konnte, mich etwas über meine Familie oder Herkunft zu fragen. Aber je mehr Zeit sie mit mir verbrachte, desto weniger konnte ich meine, viel zu dunklen, Geheimnisse vor ihr verheimlichen. Deswegen versuchte sie in letzter Zeit immer wieder auf ein anderes Thema abzulenken. Mir hätte eigentlich von Anfang an klar sein sollen, dass es keine gute Idee war ihr so nahe zu kommen. Doch damals wusste ich noch nicht wie viel ich ihr wirklich bedeutete, und wie weh es ihr tat, wenn es mir nicht gut ging.

„Du hast sie jeden Abend, wenn ich bei dir bin. Das ist doch nicht normal", warf sie wieder ein, da ich versuchte ihre Bemerkung zu ignorieren und natürlich auch den fürsorglichen Blick, den sie mir zuwarf.

Ich hasste es Menschen zu manipulieren, sie zu belügen und um den Finger zu wickeln, so wie ich es bei Kaia vor ein paar Nächten getan hatte. Aber in diesem Fall blieb mir nichts anderes übrig, und da kam mir es gerade richtig, dass wir bereits vor der Tür meines Zimmers standen. Also nahm ich ihre Hand in meine, verschränkte unsere Finger und lehnte mich mit ihr an die kalte Wand.

„Obwohl sie, wenn du bei mir bist, schon weniger werden", flüsterte ich und wollte mich einerseits für die unfassbar schlechte Lüge, und andererseits für das hoffnungsvolle Funkeln in ihren Augen, schlagen. Diese Träume verschwanden nicht so einfach, und werden schon gar nicht besser.

„Wirklich?"

Ihre Stimme wurde plötzlich um ein paar Oktaven höher und ihr Lächeln wurde immer strahlender als ich zustimmend nickte und einen sanften Kuss an ihren Handrücken drückte. Innerlich fühlte ich mich, als hätte mir jemand einen kräftigen Tritt in die Magengrube verpasst, den ich auch verdient hatte. Wo andere Männer froh wären die Fähigkeit, eine Frau innerhalb von Sekunden um den Finger zu wickeln, zu haben, war es für mich fast ein Fluch. Zumindest in Fällen wie diesen.

„Vielleicht sollte ich dann ja öfter über Nacht bleiben", grinste sie verschmitzt und gab mir erst gar nicht die Möglichkeit zu antworten, da ihre Lippen bereits meine suchten und ihre Fingern durch meine blonden Locken strichen. Sie zog mich immer mehr an sich, doch ich dachte nicht einmal daran sie aufzuhalten, da sich gerade ein gewohntes Kribbeln durch meinen Körper bahnte. Ich merkte wie mit der Zeit immer mehr Hitze in mir hoch stieg, während wir den Kuss vertieften. Als ich meine Hand unter ihre Bluse schob, fühlte ich wie glühend ihre Haut an meinen Fingern war und um nicht erwischt zu werden griff ich nach dem Türgriff und taumelte mit ihr in mein Zimmer. Wissend was als nächstes passieren wird, griff meine Hand nach dem Schlüssel und sperrte die Tür ab. Und gerade als ich dabei war zarte Küsse an ihrem Hals zu verteilen und sie von ihrem Oberteil zu befreien, räusperte sich hinter uns jemand.
„Ich will euch Turteltäubchen ja nicht stören..."

Lilianas Körper zuckte heftig zusammen und sie stieß mich noch im selben Moment von sich, so dass ich kurz überrascht nach hinten taumelte. Sie drehte mir schweratmend den Rücken zu und versuchte mit ihrer Bluse ihre Brust abzudecken. Erst als ich mich sammelte, mein Körper sich langsam beruhigte, konnte ich erkennen wer uns unterbrochen hatte.

Mein Bruder.

Sein strahlendes Grinsen und die markanten Gesichtszüge konnte ich aus mehreren tausend Metern Entfernung noch erkennen. Seine Körperhaltung wirkte auf mich entspannend, was im Gegensatz zu Liliana gar nicht der Fall war. Er konnte auf andere Menschen schnell einschüchternd und streng wirken, deswegen spürte ich förmlich wie angespannt Liliana ihn musterte. Er lehnte gerade an meinem Schreibtisch und grinste uns breit an, erfreut über die peinliche Situation, die er uns gerade bescheren konnte. Seine Arme hatte er vor seiner Brust verschränkt, wodurch sein Hemd sich um seinen Bizeps spannte. Zugegeben, war er immer der attraktivere von uns. Neben dem Aussehen war er auch um einiges charmanter und anmutiger. Ich beneidete ihn mein ganzes Leben um, einfach gesagt, alles. Mit seinem strahlenden Lächeln lagen ihm alle Frauen zu Füßen, was er natürlich auch ausnutzte. Man konnte von Glück sprechen, dass wir nie den gleichen Frauengeschmack hatten. Und genau deswegen durchbohrte sein Blick in diesem Moment Lilianas ganzen Körper, wodurch ich Angst hatte sie gleich vor einer Ohnmacht bewahren zu müssen.

„Was machst du hier?", entfuhr es mir lachend und ich versuchte die Situation zu überspielen um es Liliana zu erleichtern. Sie stand nämlich noch immer verstört neben mir und schluckte schwer.

„Du kennst ihn?", flüsterte meine Begleitung verwirrt und würdigte mir nur einen kurzen Blick, bevor sie sich wieder meinem Bruder widmete. Reed stieß sich von dem Tisch ab und ging in großen Schritten auf sie zu, natürlich stets mit einem hinreißenden Lächeln aufgesetzt.

„Natürlich kennt er mich. Ich bin sein Bruder, Reed", sagte er schließlich, nach einer langen Pause, und durch sein Lächeln bildeten sich leichte Grübchen an seinen Wangen. Er hielt ihr seine Hand hin, aber anstatt, ihre einfach zur Begrüßung zu schütteln, drückte er einen Kuss auf ihren Handrücken und für einen kurzen Moment brodelte Wut in mir auf. Deswegen legte ich meine Hand an ihren Rücken, beugte mich zu ihrem Ohr und versuchte so verträumt wie nur möglich zu flüstern: „Warte in deinem Zimmer auf mich...ich komme nach." Und schon richtete sich ein paar hoffnungsvolle Augen auf mich. „Natürlich. Lass dir ruhig Zeit", hauchte sie und schenkte mir ein liebevolles Lächeln. Kurz darauf verschwand sie, mit einem letzten Blick auf meinen Bruder, aus dem Zimmer.

"Sie ist doch nicht der Grund warum du so verdammt lange brauchst, oder?", lachte Reed auf, als Liliana die Tür hinter sich schloss. Da ich merkte, dass er sofort damit beginnen würde mir eine Standpauke zu verpassen legte ich mein Sakko ab und stülpte die Ärmel meines Hemdes hoch.

"Ist das nicht egal. Was machst du überhaupt hier?", fragte ich und versuchte das Thema zu wechseln, da ich wusste, dass er die unglaubliche Fähigkeit besaß, mich innerhalb von Sekunden zu durchschauen.

"Staatsanwalt, ein paar Städte weiter", antwortete er und zuckte nur unbegeistert mit den Schultern. Mein ganzes Leben lang war ich eifersüchtig wegen der Perfektheit meines Bruders. Doch jetzt hatte ich endlich einen Fall bekommen, der ihm einen Grund gab neidisch zu sein.

"Und da du so lange brauchst, dachte ich mir, dass ich dich besuchen komme", ergänzte er und verschränkte wieder seine Arme vor der Brust.

"Wie heißt sie?", hackte er nach, als ich von selbst nicht sprechen wollte und damit begann irgendwelche Sachen unnötig aufzuräumen, was in meinem Zimmer wenig Sinn ergab, da alles penibel seinen Platz hatte.

"Liliana", sagte ich nur kurz, obwohl ich genau wusste, welchen Namen er hören wollte. Ich wollte nur nicht ein weiteres Mal an die Fehler meiner Vergangenheit erinnert werden. Und schon gar nicht sollte er denken, dass ich wieder schwächer geworden war und meinem alten Schema verfiel.

"Nein, Grayson. Die Andere. Die Prinzessin."

In seiner Stimme war ein gewisses Mitleid, jedoch wusste ich, dass es gelogen war. Ich war der Schuldige, für den Mord an unseren Eltern. Und in seinen Augen werde ich das auch immer sein. Ein Schwächling, der sich immer in die falsche Frau verliebte. Meine Hand ballte sich zu einer Faust als ich wusste, was als nächstes auf mich zukam.

"Sie heißt Kaia", murmelte ich kaum hörbar und ich spürte wieder die Wärme, die sich in meinem Körper ausbreitete, obwohl ich nur ihren Namen ausgesprochen habe.

"Ich weiß, dass sie Quinn ähnlich sieht. Pass auf was du da tust."

Meine Fingernägel bohrten sich leicht in meine Handflächen, als er ihren Namen sagte. Kaia sollte nie so enden wie sie. Deswegen musste ich alles dagegen tun, der Prinzessin näher zu kommen.

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written by artisticwinchestxr

Hier ist endlich das neue Kapitel <3
Ich hoffe es gefällt euch?

Tut euch Grayson leid?

Wie ist euer erster Eindruck von Reed?

Was denkt ihr wie sie zusammen so sein werden?

Meinungen zum Kapitel?

Kritik und andere Anmerkungen sind immer erwünscht!

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