1. Kapitel

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Langsam glitt ich über das Eis. Die Kufen meiner Schlittschuhe hinterließen kleine Kerben in dem frisch poliertem Eis, doch das war mir egal. Mir war egal, dass das Eis frisch gemacht worden war und dass ich eigentlich nicht mal hier sein durfte. Im Moment zählte einfach nur das hier und jetzt, ich und die Bahn. Ich war seit einem Jahr auf keiner Eisfläche mehr gewesen, 365 Tage in denen ich dieses Gefühl so unglaublich vermisst hatte. Doch nachdem ich im letzten Jahr im Dezember einen schlimmen Unfall auf dem Eis gehabt hatte, nachdem ich für drei Wochen im Krankenhaus gewesen war und für ein halbes Jahr Sportverbot bekommen hatte, war es so unglaublich seltsam gewesen. Danach hatte ich mich beim Eislaufen immer unwohl gefühlt, es war einfach nicht mehr so wie früher. Ich weiß bis heute nicht wie genau ich dieses Gefühl beschreiben soll, es war eine Mischung aus Angst und etwas was ich nicht beschreiben konnte. Ein Gefühl, das mich komplett unwohl fühlen lies. Der Unfall war nicht mein erster gewesen, ich hatte davor schon ein paar Mal das Krankenhaus besuchen dürfen, allerdings hatte ich mich dann direkt aufgerappelt und weitergemacht. Aber diesmal war es anders, es fühlte sich einfach falsch an. Die ersten Monate durfte ich so oder so nicht aufs Eis, doch auch nachdem mir der Arzt erlaubt hatte wieder Sport zu machen hatte ich, als ich wieder auf dem Eis stand, eine Panikattacke. Ich hatte einfach unglaublich viel Angst und fühlte mich klein und verletzlich , obwohl es keinen Grund dafür gegeben hatte. Seitdem hatte ich das Eisstadion immer gemieden, war zu keinem Training mehr gekommen, hatte bei Spielen nicht mehr mitgespielt und war nur manchmal mit in unsere Eishalle gekommen um meinem Bruder und meinem Team bei Spielen zu zusehen. Meine Eltern haben mich immer ermutigt wieder ins Training zu gehen, doch irgendwann hatten sie es aufgegeben und mich mit dem Thema in Ruhe gelassen.
Ich stieß mich vom der Bande ab, drehte mich mehrmals, wobei meine blonden langen Haare durch die Luft wirbelten, und legte dann einen Sprint zur anderen Seite der Bahn ein. Dabei fühlte ich mich so frei wie schon lange nicht mehr. Es fühlte sich irgendwie komisch an wieder auf dem Eis zu sein, doch trotzdem war es ein einfach unbeschreiblich. Diesmal war es richtig, ich fühlte mich wieder stark. Ich stieß mich erneut von der Bande ab und wirbelte immer weiter über das Eis. Dabei vergaß ich alles um mich herum. "Cady*!", rief plötzlich eine Stimme und holte mich zurück in die Wirklichkeit. Erschrocken blieb ich stehen, dabei fiel ich fast über meine Beine. Am Rand der Bahn stand mein Vater zusammen mit meinem Onkel. Ich hatte keine Ahnung wie lange die beiden dort schon standen, doch mir war klar, dass sie mir wohl ein paar Minuten zugesehen hatten. So gut kannte ich meinen Onkel und seinen Bruder. Langsam fuhr ich rüber zu meinen geheimen Zuschauern. "Hey Onkel John!", begrüßte ich meinen Onkel ein wenig schüchtern. "Hey Cady!", grinste er. "Wie lange steht ihr da schon?", fragte ich sie. Ich lächelte leicht.  Ich war es eigentlich gewöhnt, dass mir irgendjemand beim Eislaufen zusah, doch es fühlte sich im Moment so seltsam und ungewohnt an, vor allem weil sowohl mein Onkel als auch mein Vater mich seit langem nicht mehr eislaufen gesehen hatten. "Lange genug, um dir zuzusehen, wie du über das Eis gewirbelt bist. Du bist nach wie vor eine der besten Eisläufer die ich je gesehen habe, obwohl du wohl länger nicht mehr trainiert hast!", antwortete mein Onkel an stelle meines Vaters, der mich im Moment einfach nur anstarrte, und zwinkerte mir zu. Ich rollte gespielt genervt mit den Augen. Mein Vater starrte mich immer noch wortlos an und in mir breitete sich ein mulmiges Gefühl aus. Mein Vater hatte es stark getroffen als ich ihm mitgeteilt hatte, dass ich mit dem Eissport aufhören würde. Seit ich klein gewesen war, war das Eishockey unser ding gewesen. Mein Bruder, mein Vater und ich. Wir hatten fast jedes Wochenende auf Spielen verbracht, als mein Bruder und ich noch ganz klein gewesen waren auf der Tribüne zusammen mit Mom und Dad und später hatten wir selbst gespielt. "Und, hast du vor wieder zu trainieren?", wollte mein Onkel wissen. Ich zuckte mit den Schultern, obwohl ich tief in mir bereits wusste dass sich heute alles geändert hatte..

*Cady: (gesprochen Keydie)

Ice cold LoveWhere stories live. Discover now