Seit sie dunkel ist, hat sie alles Mitgefühl und was sie früher ausgemacht hat verlassen. Es gibt kein Ausweg für sie. Sie ist für immer mit diesem Dasein bestraft und dass ist meine Schuld. So hätte das alles nicht ablaufen sollen.

»Schnüffelst du in meinen Sachen herum?«, fragte Des und riss mir wütend sein Notizbuch aus der Hand. Er stand vollkommen durchnässt vor mir. Anscheinend war er im Bach schwimmen gewesen, bevor er mich entdeckt hatte. »Was hast du gelesen?«

»Das mit Kate.«, sagte ich, um mehr aus ihm herauszubekommen. Er musterte mich unsicher, als würde er auf eine Reaktion warten.

»Ich wusste, dass es dir egal sein würde.«, sagte er niedergeschlagen. »Du bist nicht mehr dieselbe.«
»Hast du früh gemerkt.«, gab ich zurück.

»Du bist genau wie deine Mutter. Sobald ihr euch etwas in den Kopf gesetzt habt, konnte euch niemand mehr davon abbringen. Egal wie dämlich euer Plan war.« Mayser hatte ihren Plan nicht alleine gemacht? Aber Mehyl hatte unsere Mutter doch umgebracht.

»Also haben ich und meine Mutter alles geplant?«, fragte ich unsicher. »Zu zweit?«
»Mit Holyosar.«, fügte er hinzu. »Ihr habt eine Hellseherin gebraucht, um den letzten Teil der Prophezeiung abzuwarten. Jeder Hellseher hat einmal in seinem Leben eine Vision von dir und Mehyl. Holyosars Mutter verriet uns, dass ihre Tochter den letzten Teil sehen würde. Deshalb mussten wir warten. Viele Jahre. Bis sie alles sah.«

»Was hat sie gesehen?«, fragte ich ungeduldig. »Dachten wir, dass wir die dunklen Neyfrem umbringen konnten?«

»Nein.«, erwiderte Des.
»Nicht? Und was hat Kate damit zu tun?«, hackte ich weiter nach.
»Du meintest ...« Seine Miene hellte sich belustigt auf. »Du hast gar nichts über Kate gelesen.«

»Nur das sie ES ist. Aber was?«, fragte ich neugierig. »Mayser hat in der Perle gesagt, du solltest mir alles erzählen.«

»Das kannst du einfach behaupten. Wieso sollte ich dir glauben?«, fragte er mich vorsichtig.

»Wir sollen uns die nächste Perle zusammen anschauen. Danach wirst du mir spätestens alles erzählen. Ich verlange nicht von dir, dass du mir vertraust. Schließlich vertraue ich dir auch nicht.«, gab ich ehrlich zu.
»Du bist also hier um mich rauszuholen?«, fragte er unsicher.

»Ja.«, bejahrte ich.
Er musterte mich lange. »Und was machst du mit Luc.« Ich verdrehte die Augen.

»Ich habe dir schon gesagt, dass Luc nicht in deinem Körper steckt.«, widerholte ich zum tausendsten Mal. »Aber dein Körper ist wieder frei.«

»Klingt, als ob du es vermieten würdest wie ein Hotelzimmer.« Sein bitterer Unterton entging mir nicht.
»Wenn du es nicht wieder beziehen willst, kannst du auch hierbleiben.«

»Nein. Ist schon gut.«, sagte er schnell. »Was muss ich tun?«
Ich hielt ihm meine Hand hin, wie zuvor auch Zach. Er ergriff sie. Das war viel schwerer, als jemanden zu töten und ihn im Dolch gefangen zu nehmen. Mit all meiner Kraft zerrte ich Des hinter mir mit aus dem Dolch und ließ seine Seele in seinen Körper gleiten. Ich ließ seine Hand los. Zach stand vor uns und beobachtete uns durch seine neuen Augen. Des blinzelte und begann sich langsam aufzurichten.

Er schaute an sich hinab und bewegte langsam seine Hände. Erst als er sich sicher war, dass er wieder in seinem Körper steckte, bemerkte er Zachs Anwesenheit.

»Was will der hier?«, fragte Des unfreundlich.
»Du erinnerst dich sicherlich noch an Zach. Er war derjenige, der mit uns ins Lager gekommen ist und mit Luc fliehen konnte. Zach war auch derjenige, der in deinem Körper gesteckt hat.«, erklärte ich. Hauptsächlich, weil ich seine Reaktion sehen wollte.

»Ah ja.«, erwiderte Des mürrisch und richtete sich auf. »Der Freund der Anführerin der Zoyats. Ihm hast du vertraut? Du kennst ihn nicht.«
»Nein. Ich hatte etwas gegen ihn in der Hand.«, widersprach ich.

»Du weißt, dass ich dir nicht nur deshalb geholfen habe. Anfangs vielleicht. Aber wir stehen auf derselben Seite. Wir sind Freunde. Aber ich versteh nicht warum du den Verräter zurückgeholt hast.«, sagte Zach provokativ. Wieso klang er immer mehr nach Caleb.

Dieser Junge hatte einen zu großen Einfluss auf alle in seiner Umgebung.
»Weil sie meine Hilfe braucht.«, antwortete Des knapp.
»Genau. Ich habe immer die Perlen bei mir.« Des zog die Augenbrauen zusammen und schaute unsicher zu Zach. »Er sollte gehen.«

Ich zuckte mit den Schultern. Zach war keine Bedrohung. Mir war es gleichgültig, wenn er blieb. Auch Zach schien es egal zu sein, denn er ging zur Tür. Bevor er sie öffnete hielt er inne.

»Jetzt kann ich wohl nicht mehr einfach durchs Lager spazieren. Und Freya kann ich jetzt wohl auch nicht mehr sehen.«, stellte er bedrückt fest.
» Die nächsten Tage, passiert hier nichts. Morgen ist das Treffen, zu dem nur Attica und ich gehen. Halte dich am besten an die Wolfsbestien. Ich hole dich, wenn es etwas Spannendes zu tun gibt.«, bot ich an. Zach nickte und schaute niedergeschlagen von mir zu Des.

»Ich kann aber nicht hier weg, ohne deine Hilfe.« Er kratzte sich unsicher am Kopf. Das hatte ich vollkommen vergessen. Zoyats konnten sich nur mithilfe von irgendwelchen Münzen teleportieren.

»Stimmt. Warte ich bring dich kurz hin.«
Zügig ging ich auf ihn zu und nahm seine Hand. Im nächsten Augenblick waren wir abseits des Lagers der Wolfsbestien.

»Pass dich an. Das sollte nicht so schwer sein. Der Typ indessen Körper du steckst war nicht sehr schlau.«, gab ich zu. »Wenn du willst kannst du auch zurück auf die Erde, aber...«

»Nein. Ich will helfen. Von der Erde aus, kann ich nichts tun. Hier kann ich wenigstens behilflich sein.« Er lächelte mich aufmunternd an. Ich nickte.

»Wenn was ist, kannst du ...« Ja. Was genau? »Ich weiß nicht wie es die Wolfsbestien machen. Schick mir einen Boten oder was auch immer.«
»Danke, Mayser.«, sagte er berührt.
»Ich tue es ja nicht für dich.«, erinnerte ich ihn daran.

»Was auch immer.«, erwiderte er lachend.
Ich verdrehte die Augen, woraufhin er nur noch breiter grinste. Mit einem kleinen Schritt nach vorne kehrte ich zurück in die Halle.

Des stand noch an den Tisch gelehnt in der Halle. Auf dem Weg zu ihm holte ich den Beutel mit den Perlen raus. Ein Blick hinein verriet mir, dass die lila Perle immer noch leuchtete.
»Also gut. Jetzt erfahre ich wohl endlich die ganze Wahrheit.«, sagte ich neugierig.

»Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob das in deinem jetzigen Zustand so schlau ist.«, antwortete er vorsichtig.
»Warum? Weil das nicht geplant war? Mayser war wohl nicht so allmächtig, wie du immer behauptest. Manche Dinge kann man eben nicht mit einkalkulieren.« Sein Blick schon zu mir hoch und rastete sich mit meinen ein.

»Wenn du nicht gelogen hast und Mayser er wirklich erlaubt hat, erzähle ich dir alles. Wenn du damit zu Mehyl gehst, ist es sowieso egal, weil sonst niemand diesen Plan ausführen kann. Falls du ihm nicht die Wahrheit sagst, gibt es noch Hoffnung. Also so oder so, habe ich nichts zu verlieren.«, erkannte Des.
»Hier. Nimm die Perle.«, forderte ich ihn auf, während ich sie ihm reichte. Er nahm sie vorsichtig, zwischen seinen Fingerspitzen, als hätte er Angst sie zu zerstören.

Wir warteten einige Sekunden ab, aber nichts geschah. »Das funktioniert nicht. Ich habe dich umsonst aus dem Dolch geholt.«
»Was hat Mayser den genau gesagt?«, fragte er.
»Nichts nur, dass wir sie zusammen anschauen sollten.«, erklärte ich.
Er nahm meine Hand. Schnell entzog ich sie ihm. »Was machst du?«

»Ich glaube wir müssen sie zusammen anfassen.« Widerwillig ließ ich ihn meine Hand nehmen. Er legte die Perle behutsam in meine und umhüllte sie behutsam, als er meine Hand in seine nahm. Eine seltsame Energie umhüllte uns, wie in Nebel.

Dark Neyfrem #2Where stories live. Discover now