»Sie hassen mich dafür. Aber ich hatte keine Wahl. Er wollte es so.«, gab sie frustriert zurück.

»Irgendetwas stimmt nicht mit dir. Du bist so emotional. Du träumst.«, zählte ich auf.

»Frag nicht nach etwas, wofür du keine Antwort haben willst«, zischte sie.

»Sag es mir.«, entgegnete ich im gleichen Tonfall.

»Lass mich schlafen.«, sagte Attica wütend und drehte sich auf die andere Seite. Damit war für sie das Gespräch zu Ende.

Ich tat es ihr gleich und wälzte mich in meinem Bett, um wieder in den schlaf zu gleiten. Doch dieser wollte mich nicht begrüßen. Der Gedanke an was Attica mir verschwieg ließ mich einfach nicht in Ruhe.

Als mir schließlich bewusst wurde, dass ich heute Nacht kein Auge mehr zubekommen würde, stand ich auf und griff in die Schublade meines Nachtisches. Leise tastete ich mich vor, bis ich den Beutel zu fassen bekam. Ohne auch nur das leiseste Geräusch zu machen zog ich ihn raus und ging aus dem Zimmer.

Erst als ich mich auf der Couch im Wohnzimmer niedergelassen hatte, öffnete ich den Beutel. Der Beutel war vor einigen Monaten noch mit einem duzenden Perlen befüllt gewesen, jetzt lagen nur noch vier der Perlen darin. Eine von ihnen leuchtete in dem gewohnten Blauton. Aus einem mir nicht begreiflichen Grund, besänftigte mich diese gleitende Energie.

Vorsichtig zog ich die leuchtende Perle aus dem Beutel. Im nächsten Moment stand auch schon Mayser vor mir. Sie machte einen müden Eindruck. Ihre Haare standen ihr zu Berge.

»Es ist bald so weit. In zwei Tagen werde ich alles vergessen. Es gibt noch so vieles was ich dir sagen muss. So vieles werde ich vergessen. Das ganze Wissen könnte ich niemals in diese Perlen stecken. Des muss dir alles erzählen. Sag es ihm.«, flüsterte sie, als hätte sie Angst, dass sie jemand belauschen könnte. »Verdammt. Du denkst bestimmt noch, dass er auf Mehyls Seite steht.« Beunruhigt strich sie sich über die Haare. Sie machte keinen guten Eindruck auf mich.

»Also gut. Hör mir gut zu. Ich habe nicht mehr viel Zeit. Du musst mir jetzt vertrauen. Es gibt zwei wichtige Dinge die du wissen musst. Ich habe Des damit beauftragt, meine Augen und Ohren bei Mehyl zu sein. Es hat uns verdammt viel gekostet, um Des da reinzubringen. Es musste sich Mehyl auf so viele unerdenkliche Weisen beweisen. Unterschätze nicht die Opfer die er gebracht hat. Des ist kein dunkler Neyfrem und hat grausame taten begangen, um an Mehyls Seite zu stehen. Wir haben unsere eigenen Leute gefoltert und getötet. Sogar...« Sie sah mich verstört an. »Rede mit Des! Sag ihm er soll dir alles erzählen. Scheiße. Ich weiß ja noch nicht einmal, ob bis jetzt alles nach Plan läuft oder ob wir alle schon tot sind. Wenn alle unsere Taten umsonst waren...«

Sie sah Gedanken verloren auf den Boden, bis ihr bewusstwurde, dass diese Erinnerung noch in die Perle musste. »Okey die zweite Sache wird sich jetzt komisch für dich anhören. Aber deine Kindheitsfreundin. Deine beste Freundin, die wie eine Schwester für dich ist. Sie ist wichtig für mein Plan. Behalte sie in deiner Umgebung. Das hätte ich dir wohl früher sagen sollen. Aber sie ist bestimmt sowieso nicht allzeit entfernt. Sie würde dich niemals aus den Augen verlieren.«

Was war hier los? Wieso wusste Mayser, dass ich Kate treffen würde? War das auch alles geplant? Sie wusste sogar, dass Kate in meiner Nähe sein würde. Etwas übersah ich hier.

Mayser gähnte leise und riss damit meine Aufmerksamkeit zurück auf sich. »Wenn ich mich auf etwas freue, dann darauf wie ein Baby zu schlafen. Und das im wahrste Sinne des Wortes.«, sagte sie und lachte trocken. »Wie auch immer. Rede mit Des und nimm die nächste Perle mit. Die kannst du nur mit ihm sehen. Viel Glück zukünftiges Ich.«

Mit diesen letzten Worten erlosch Maysers Gestallt vor mir. Wieso konnte sie mir nie klare Antworten geben? Nach jeder Perle fühlte ich mich noch ratloser als zuvor. Wieso konnte sie mir nicht einfach von Anfang an alle Fakten geben und ich entschied, wie ich mit ihnen umging. Diese Rätsel gingen mir auf die Nerven. Zach musste mir helfen die nächste Perle zu öffnen und dann würde ich Des besuchen, damit er mir endlich alles erzählte. Von wegen er wusste von nichts. Dieser verdammte Lügner. Ich schaute in den Beutel. Eine der restlichen drei Perlen leuchtete in einem ungewohnten lila. Als ich die lila Perle heraus nahm geschah nichts. Das hieß ich musste sie wohl wirklich mit Des zusammen schauen.

Leise schlich ich in Zach und Freyas Zimmer. Ich ging vorsichtig an Zachs Bett und schüttelte ihn leicht. Er öffnete die Augen, als sei er schon wach gewesen. Mit meiner Hand deutete ich zur Tür, um ihn zu verstehen zu geben, dass er mir folgen sollte. Sofort verstand er was ich meinte und stand auf.

»Du musst mir helfen, Zach.«, sagte ich, als wir im Wohnzimmer standen. Ohne auf seine Antwort zu warten, drückte ich ihm die lila Perle in die Hand. Ich war echt zuversichtlich gewesen, dass es diesmal gut laufen würde, aber wieder geschah nichts.

Verdammt! Wieso funktionierte es nicht. Des Körper berührte doch die Perle. Wie sollte ich mir jetzt die Perle ansehen, wenn Des nicht mehr unter uns weilte. Ich konnte die Perle nicht in den Dolch mitnehmen. Meine letzte Möglichkeit war es also wirklich, Des in seinen alten Körper zu stecken. »Okey Zach... vertraust du mir?«, fragte ich ihn leise.

»Was ist das für eine Frage?«, fragte er rhetorisch und lachte. Als er bemerkte, dass mir seine Späßchen nicht gefielen, sagte er: »Natürlich nicht.«

»Dir bleibt keine Wahl. Entweder du vertraust mir oder du stirbst.«, gab ich ehrlich zu. »Ich muss Des zurückholen. Ich könnte dich sterben lassen, aber ich muss zugeben, dass du bis jetzt der nützlichste von dieser Gruppe für mich warst. Auch wenn du nicht der beste Schauspieler bist.«

Ich hatte etwas gegen ihn in der Hand um ihn zu kontrollieren. Das heißt ich würde einen wichtigen Verbündeten verlieren, wenn ich ihn tötete. Außerdem würde Freya ausflippen und unsere Abmachung würde auch zunichte gehen.

»Ich wusste, dass ich dir ans Herz gewachsen bin.«, reizte Zach mich.

»Bist du nicht.«, erwiderte ich.

»Dann kannst du mich genauso gut töten. Das wäre weniger Arbeit.«

»Klar, damit Freya nicht mehr kooperiert? Spinnst du?«, fragte ich ihn. Er musste doch sehen warum ich ihn nicht töten konnte.

»Du bist mir auch ans Herz gewachsen.« Genervt verdrehte ich die Augen.

»Komm mit und verkneif dir die dummen Kommentare, sonst gerate ich noch in Versuchung dich doch zu töten.«

»Wohin gehen wir.«, fragte er.

»Eine Wolfsbestie jagen.«

Dark Neyfrem #2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt