Prolog

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Das Gefühl verrückt zu sein, ist keins um dass man jemanden beneiden würde. Vermutlich ist das einer der Gründe, warum die meisten Menschen sich von mir fernhielten. Eigentlich ist es ganz einfach: Tatsache ist nun mal, dass niemand gerne die Wahrheit sagt, am wenigsten über sich selbst. Ausnahmen werden da nicht gerne gesehen. Denn im Grunde interessiert es niemanden, wie es dir wirklich geht oder was in Wahrheit in einem vorgeht. Sie fragen wie du dich fühlst, ob alles in Ordnung sei, und hoffen dabei auf die einfachste Antwort:

Klar, alles okay, mir geht es prima. Warum das so ist? Weil die ehrliche Antwort meist hart, und lang ist. Und wer will sich so etwas schon anhören müssen und das möglicherweise noch am frühen Morgen vor dem ersten Kaffee?

Ein Teil von mir wollte es nicht wahrhaben und hat den engsten Vertrauten trotz einiger Bedenken erzählt was mit mir los war, damals als es begann und mein Leben von Tag zu Tag komplizierter und verwirrender wurde. Ein Fehler wie sich, nicht sehr viel später, herausstellte. Es tat weh, ändert aber nichts daran, dass ich Recht hatte. Es war weder Einbildung noch eine Spinnerei oder eine ausgewachsene psychische Störung. Es war die Realität. Meine Realität, die wie ein Science-Fiction Roman klingt und dennoch in der echten Welt passiert ist, ob es den Zweiflern, Fanatiker und Wissenschaftlern nun passte oder nicht.

Gewollt habe ich es nie. Nicht wirklich. Es war schon immer da, unterdrückt, bis es irgendwann herausbrach. Irgendwie habe ich mich im Laufe der Zeit tatsächlich damit arrangiert jede Nacht schreiend aufzuwachen. Dass man sich unter diesen Umständen mit niemandem nachts das Bett oder einen Raum teilen kann, versteht sich von selbst. Meine Eltern wunderten sich lediglich für eine Weile über mein mürrisches Verhalten am Morgen, was mich nicht störte, bis mein Vater eine Erklärung verlangte und ich sie ihm eines Tages, vollkommen genervt und fertig mit den Nerven, gab. All zu gut hatte er es nicht aufgenommen. Natürlich verpackte er das, was er wirklich dachte in schöne Worte, aber die Nachricht dahinter war ganz klar: Du spinnst doch. Vermutlich konnte ich von Glück sagen, dass er mich nicht von den Männern in den weißen Westen abholen ließ, auch wenn er mit Sicherheit darüber nachtgedacht hatte.

Aber wenn man oft genug hört, dass etwas nicht mit einem stimmt, glaubt man es irgendwann selbst. Deshalb habe ich erst spät damit angefangen, den Dingen wirklich auf den Grund zu gehen. Fast zu spät. Doch ich tat es. Und es war nicht umsonst.

Diese Geschichte ist nicht nur über mich und wie ich starb. Sie ist über die Leben der Menschen, die ich auf die eine oder andere Art rettete. Sie ist über die Menschen, die ich zurücklasse, und auf die ich vertraue ihr Leben in vollen Zügen zu genießen.

Bis zum letzten Augenblick.

My Long Way To DeathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt