Aber egal, Schule interessierte mich in diesem Augenblick nicht im Geringsten. Viel wichtiger war mir im Moment Cathy. Die Stimmen, die ich im Hintergrund gehört hatte, hatten nicht gerade freundlich geklungen. Ausserdem war es mitten in der Nacht, da fand ich es echt beunruhigend, dass bei mir zu Hause anscheinend irgendwas los war.

Angestrengt lehnte ich mich nach vorne, um besser durch die Windschutzscheibe hindurchstarren zu können, als wir in unser Viertel einbogen. Auf den ersten Blick wirkte alles ruhig, aber ich spürte genau, dass das täuschte. Ich hatte mittlerweile einen ziemlich guten Riecher dafür entwickelt, wenn irgendwas nicht in Ordnung war. Deshalb war ich beinahe ein bisschen darauf gefasst, als ich auf dem riesigen Parkplatz vor unserem Wohnblock ein seltsames blaues und blinkendes Licht entdeckte.

Mit einem Mal bereute ich den ganzen Alkohol, den ich heute Nacht mal wieder in mich reingeschüttet hatte. Obwohl ich mich eigentlich bestens fühlte, war mein Sichtfeld doch ziemlich eingeschränkt und alles wirkte ein bisschen verschwommen. Deshalb erkannte ich auch erst, als wir näher auf das blaue Licht zufuhren, woher es kam und was es zu bedeuten hatte.

Aber da war es schon zu spät. Zumindest für den Typen hinter dem Steuer, der den Wagen mit einem ziemlich hohen Alkoholpegel durch die Strassen lenkte. Aber auch Luca und ich würden gefickt werden, das wurde mir in dieser Sekunde bewusst, in der der Wagen scharf abbremste.

Panisch sah ich Luca an, der meinen Blick mindestens genauso angstvoll erwiderte. Somit war diese nächtliche Fahrt wohl oder übel zu Ende. Ich verstand zwar, dass die Bullen ab und zu Fahrausweis- und Alkoholkontrollen durchführen mussten, aber weshalb sie das direkt vor meiner Wohnung taten, war mir echt ein Rätsel. Hier war schliesslich nachts rein gar nichts los und es gab normalerweise auch keine alkoholisierten Autofahrer, ausser jetzt natürlich uns.

Bisher waren wir erst einmal in eine Kontrolle geraten. Das war im Sommer gewesen, als wir mit einem Typen aus der Tuner-Szene unterwegs gewesen waren. Aber der Typ war weder betrunken, noch bekifft gewesen und war auch einigermassen anständig gefahren. Deshalb hatten wir keinen sonderlich grossen Stress bekommen. Das einzige, was die Bullen verwundet hatte, war, dass Luca und ich, zwei fünfzehnjährige Idioten mitten in der Nacht mit einem beinahe dreissigjährigen Typen durch die Stadt gekurvt waren. Aber der Typ hatte uns gerettet, indem er steif und fest behauptet hatte, unser Cousin zu sein und dass er uns nur nach Hause fahren wollte. Anfangs waren sie zwar misstrauisch gewesen, aber irgendwann hatten sie es ihm abgekauft und uns weiterfahren lassen.

Damals waren es nur zwei gewesen, die sich in der Innenstadt rumgetrieben hatten, aber jetzt schienen es weitaus mehr als zwei zu sein. Führten die etwa direkt vor meiner Wohnung eine Grosskontrolle durch oder was? Misstrauisch äugte ich aus dem Fenster. Sogar wenn der Typ hinter dem Steuer ein Multitalent gewesen wäre, hätte er keine Chance gehabt, denen jetzt noch zu entkommen. Die waren überall auf der ganzen Parkfläche verteilt. Selbst mit einer fluchtartigen Wendung wären wir nicht von hier weggekommen, denn plötzlich blinkte sogar hinter uns ein Blaulicht.

Verdammt nochmal, die hatten sich echt überall platziert. Ich schaffte es nicht mal, all die blinkenden Blaulichter zu zählen, so viele waren es. Ängstlich drückte ich mich näher an Luca, als ich einen Bullen bemerkte, der wie aus dem Nichts plötzlich vor dem Wagen auftauchte und uns zur Seite winkte.

Obwohl wir nicht mehr als 15 km/h drauf gehabt hatten, gab es einen heftigen Ruck, als der Typ auf die Bremse trat. Dabei kamen mir beinahe die paar Biere der letzten Stunden wieder hoch. Ich musste mich echt verdammt zusammenreissen, um nicht auf der Stelle den gesamten Wagen vollzukotzen.

Aber es war mehr als nötig gewesen, dass der Typ auf die Bremse getreten war, denn ansonsten wäre dieser Bulle vor uns jetzt wohl ziemlich flach gewesen. Kaum war der Wagen zum Stillstand gekommen, tauchten aus der Dunkelheit von allen Seiten noch mehr Bullen auf. Wir alle waren in diesem Moment nicht in der Lage, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Zu sehr waren wir damit überfordert, zu begreifen, was hier gerade abging.

Escape... Schatten der VergangenheitWhere stories live. Discover now