Sue

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Mein Outfit ergänzte ich mit meinem Lieblingspullover, mit dessen Rollkragen ich stets, zum Leiden meiner Eltern, prima mein Gesicht verbergen konnte. Bevor ich mich allerdings auf den Weg nach unten machte, erhaschte ich noch einen Blick im Spiegel. Ein für ihr Alter eigentlich zu kleines Mädchen, mit auffällig rotem Haar, sah mich an. Selbst auf Zehenspitzen erreiche ich nicht die Durchschnittsgröße eines Menschen im 14. Lebensjahr. Schon in der Grundschule machte sich mein gehemmter Wachstum bemerkbar, als meine Mitschüler und Mitschülerinnen mich letztlich in der vierten Klasse um einen Kopf überragten. Mitunter "wiesen" meine Mitschüler mich darauf hin, dass ich mit meiner Größe nicht zur Mehrheit der menschlichen Bevölkerung gehörte und sich das im Schulalltag als Nachteil für mich erwies. Jedes mal, wenn mich ein Lehrer an die Tafel bat, machten sich die Anderen nichtmals die Mühe ihr Lachen zu unterdrücken....

Schnell wie der Wind packte ich eilig meine Koffer und legte mir meine Umhängetasche um, die ich mit Mamas Hilfe ,mit einen Vergrößerungszauber ausgestattet hatte. Ziemlich nützlich, wenn man einiges an Büchern zu schleppen hat. Da diese als Handgepäck gilt, muss ich dort sämtliche Notwendigkeiten unterbringen. Also stopfte ich eine weitere Lektüre zu den dort bereits auftürmenden Büchern, mein Etui, mein Notizblock, ein paar Snacks für schlechte Zeiten, mein MP3-Player, Kopfhörer, ein Erste-Hilfe-Set; man weiß ja nie und naja Großmutters Buch.

Fertig gepackt, schleppe ich daraufhin schwermütig meine Koffer nach unten. ,,Du bist spät", sagte meine Mutter mit besorgten Blick zu mir, als ich in die Küche kam. ,,Ess erst mal dein Frühstück ", folgte darauf, als sie mir mein leckeres Frühstück reichte. Ihre Duftwolke von frischen Kräutern und Besorgnis erregenden Chemikalien mit sich ziehend, verschwand sie auch schon wieder aus meiner Blickrichtung. Ich ließ mich auf meinem Stuhl sinken und aß mein Frühstück; Himbeeren Müsli. Mit gefüllten Magen, beendete ich mein Frühstück mit einem Glas Wasser. Zugleich kam meine Mama mit einen kleinen Päckchen wieder in die Küche. ,,Ich hab da was für dich", sagte sie euphorisch. ,,Wir, haben was für dich" korrigierte Papa sie, der hinter Mama aufgetaucht war. Er lehnt seinen Kopf an ihre Schulter und streichelt sie über die andere Schulter. ,,Na gut, von uns Beiden", sie gibt ihn ein leichten Seitenhieb, ,,aber ich habe es verpackt, denk daran, wenn du die Verpackung 'aufreißt'." Freudig nahm ich das Päckchen an und Mama löst sich kurzzeitig von Papa, ehe sie mir einen Kuss auf die Stirn gab. ,,Eine Kleinigkeit für unseren größten Schatz" ,,Danke", ich lächelte sie an.
,,Nun denn", er löste sich diesmal von Mama, ,,Sue, deine Koffer sind schon im Kofferraum. Wir müssen jetzt so langsam mal los zum Bahnhof", und strich mir kurz sanft über die Schulter. Bevor ich mich allerdings vom Stuhl erhob, griff ich nach meiner Tasche, worin ich das Päckchen legte. Anschließend trat ich über die Türschwelle und inhalierte die frische Luft sowie den Duft der ringsum wachsenden Blumen von Papa und den Kräutern, die er zusätzlich für Mama anpflanzte. Am Auto angekommen, warf ich noch einen letzten Blick auf unser Zuhause. Ich werde hier voraussichtlich für die nächsten vier bis sechs Jahre nur für wenige Wochen in den Ferien wieder bei ihnen sein können. Dann fuhren wir los.

Zwischenzeitlich ruckelt es sehr stark, immerhin gibt es hier keine richtigen Asphaltstraßen, und wir fahren gerade durch einen stark bewachsenen Wald. Die Steine des Weges sind um die Wurzeln der Bäume herum gepflastert worden. Wer hier nicht lebt oder gar aufgewachsen ist, würde meinen; dieser Wald mit seinen vielen Wegen wäre ein Labyrinth. Zudem ist der Weg nicht für ein maschinell gefertigtes Konstrukt, wie diesem Auto hier, ausgelegt. Allein in unserer großen Siedlung hier, kann man die Familien, die über ein solch fahrtüchtiges Konstrukt verfügen, von einer Hand ablesen. Derzeitig ist meine Familie sogar die einzige Familie, welches das Auto noch nicht einmal zu Schrott gefahren hat. In diesem Wald; eine wahre Meisterleistung! Das verdanken wir Papas Geduld und Mamas Analyse der besten Fahrweise durch einen Dickicht. Ersatzteile oder eine Reparatur sind nicht nur kostspielig, sondern nehmen auch viel Zeit in Anspruch. Ersatzteile oder geeignete Reparateure sind nur von außerhalb unserer Siedlung auffindbar. Hinzu kommt, dass der Versand eben durch unseren huckeligen, labyrinthischen Pfad nicht leicht zu bewältigen ist. Dementsprechend kann es bis zu Monate oder schlechtenfalls Jahren dauern, bis man das Gefährt wieder einwandfrei nutzen kann. Unser Auto mag zwar noch funktionstüchtig sein, aber es sieht schon sehr mitgenommen aus. Da wo der Lack abgeplatzt ist, ist Rost und teilweise wächst da sogar Moos. Keine Ahnung, wie es möglich ist, dass es dort wachsen kann, aber es ist, als würde das Auto versuchen, sich äußerlich an die Waldlandschaft anzupassen.

Esencia Internat für magische WesenWhere stories live. Discover now