Sie hatten ein Lächeln verdient.

Langsam bahnte ich mir einen Weg zum Dorf zurück, friemelte währenddessen gedankenverloren an dem Saum meines grauen Pullovers herum.

Oder besser gesagt Fens Pullover.

In Gedanken versunken lächelte ich leicht. Zumindest das hatte sich nicht geändert...

Tut mir Leid Yve, ich trage immer noch keine Kleider.

»Hey.«

Liam drehte sich lächelnd zu mir um, seine braunen Augen funkelten gutmütig.

»Wie geht's?«, fragte er, beinahe beiläufig, doch ich war kein Trottel, ich wusste, was hinter diesen Worten steckte.

Er bemühte sich, es möglichst unauffällig zu tun und trotzdem war mir sehr wohl klar, wie prüfend er mich musterte.

Vermutlich dachte er, ich würde jeden Moment vor ihm zusammenbrechen, in Tränen ausbrechen und nie wieder aufstehen.

Vor drei Wochen hätte ich genau das vermutlich getan, doch ich hatte viel Zeit, um nachzudenken.

Und ich wusste: Ylva und Fenris hätten niemals gewollt, dass ich so komplett in meinem Selbstmitleid versank.

Also versuchte ich es.

Mehr oder minder aufrichtig lächelte ich Lee an.

»Es geht«, antwortete ich schließlich wahrheitsgetreu.

Denn es stimmte. Es war so ein Mittelding - irgendwie.

Manchmal spürte ich, wie mein Herz kurz aussetzte, wie es für einen Moment schmerzhaft zog. Aber es wurde besser.

So gut es eben werden konnte, nachdem zwei geliebte Menschen gestorben waren.

Trotzdem glaubte ich, mit dem Schmerz wesentlich besser umgehen zu können, als Alec...

Ich seufzte bei dem Gedanken an ihn, Lee wirkte nicht wirklich überzeugt, nickte dann jedoch.

»Wollen wir?«

Ich nickte ebenfalls und wir liefen los, ich war mir ziemlich sicher, dass die meisten Schüler sich bereits auf den Weg gemacht hatten.

»Gibt es Neuigkeiten von Gabe?«, fragte Liam schließlich irgendwann, ich seufzte bedauernd.

Gabe...

»Nein, er ist immer noch verschwunden...«

Gabe war seit ihrem Tod nicht mehr aufgetaucht.

Wenn Fenris das wüsste... er würde ausrasten.

Unsere Jäger taten zwar alles, um seine Witterung aufzunehmen, aber bis jetzt waren sie nicht wirklich erfolgreich gewesen. Ich konnte nur beten, dass es ihm gut ging - das er noch lebte.

Und dabei blendete ich gekonnt aus, wie unwahrscheinlich das alles schien.

Ich meine, er war Gabe. Er würde das schon schaffen.

Ich wünschte mir nur, er hatte nicht mitansehen müssen, wie seinem Gefährte...

Nein, selbst wenn ich es langsam schaffte, wieder aufrecht zu gehen, daran konnte ich nicht denken.

Daran wollte ich nie wieder denken...

◊♠◊♠◊♠◊

Es war ein komisches Gefühl. Wieder in der Schule zu sein, meine ich.

Immerhin war ich auch seit einem Monat nicht mehr hier gewesen.

Und es war merkwürdig. Denn... alles schien wie immer.

Aruna - Die Rote WölfinWhere stories live. Discover now