Take his head

99 2 0
                                    

Es herrschte absolute Ruhe im Thronsaal des Polis Towers.

Es war zu still, ich hielt kurz den Atem an, um jedes Geräusch aufzunehmen. Der Prinz der Ice Nation stand vor Marcus Kane und sah ihm direkt in die Augen. Jeder hier Anwesende beobachtete die skurrile Szene, ich fürchtete, dass er ihm sofort das in seinem Ärmel versteckte Messer in den Hals rammen würde. Ich hatte es bemerkt, seine Handbewegung hatte Roan verraten.

Nachdem Kane ihm das Angebot unterbreitet hatte, sich zu nehmen, was es kosten würde, Frieden zu erhalten – inklusive Kanes Leben – herrschte Totenstille im Thronsaal. Lexa saß auf ihrem Thron und studierte schweigend die Blicke des Prinzen. Sie wusste, dass sie nichts tun konnte, ohne dass es auf einer Seite Opfer geben würde. Dies war eine Angelegenheit zwischen Skaikru und Azgeda.

Clarke hockte neben ihr wie ein Schoßhündchen und wirkte vollkommen verschreckt. Ich hingegen stand nur etwa zwei Meter hinter Kane, direkt im Blickfeld von Roan. Er war ein attraktiver, großer Mann mit dunklem Haar und einem Blick in den dunklen Augen, dem ich lieber nicht allein ausgesetzt werden würde. Etwas Verruchtes, Mysteriöses lag darin, was mich stutzig machte, doch bevor ich überhaupt erkannte, was es war, begann er zu sprechen.

„Nun, da du so darum besorgt bist, Frieden zwischen den Skypeople und Azgeda zu halten... Was würdest du meiner Mutter vorschlagen zu tun? Diese Kränkung einfach anzunehmen und unserem Namen und unserer Fraktion Schande zu bereiten?", meinte er ruhig und blieb wie ein Fels vor Kane stehen. Er überragte ihn um einen halben Kopf und sah herablassend auf das ehemalige Ratsmitglied der Ark hinunter.

Kane versuchte, sich irgendwie aus der Situation zu retten und stammelte Phrasen vor sich her, die Roan versöhnlich stimmen sollten. Dessen Interesse schweifte jedoch ab, ziellos sah er sich im Raum um. Zumindest so lang, bis sein durchdringlicher Blick sich in meine Augen bohrte. Einige Augenblicke starrte er mich nur an, dann schlich sich ein winziges Lächeln auf seine Lippen. Ich erzitterte unter seinem Blick und wollte meinen abwenden, konnte jedoch nicht.

Kane redete und redete immer weiter, während ich versucht war, mich unter die Menge zu mischen und unauffällig den Raum zu verlassen. Doch sein Blick hielt mich gefangen, jede kleinste Bewegung wurde von ihm aufgefangen und beobachtet. Ich konnte nicht einmal atmen, ohne dass er das Heben und Senken meines Brustkorbes registrierte.

Nachdem er genug von Kanes Versuchen hatte, hob er schlicht und einfach die Hand. Raunen ging durch die Menge, ich wollte einfach nur verschwinden. „Blut verlangt nach Blut. Aber ich werde gnädig sein, im Namen meiner Mutter, und die Skypeople für den heutigen Tag verschonen." Erleichterung auf allen Gesichtern, die Stimmung wirkte euphorisch.

Dann setzte er erneut an. „Aber... ich nehme sie mit." Damit zeigte er auf mich und die freudige Stimmung brach augenblicklich ab. Ich war ein Mitglied der Skypeople, Kane würde es nicht dulden, dass er mich mitnahm. Der Schock floss durch meine Adern und ließ mich erstarren, so als würde man ohne Schutzanzug für einige Sekunden im All schweben.

„Das... das können wir nicht tun! Sie gehört zu uns!", rief Marcus verzweifelt, Entsetzen und Angst flutete den Thronsaal. Roan lachte nur auf und antwortete: „Dann wird jeder einzelne in diesem Raum und in Arkadia sterben." Ich konnte kaum fassen, wie plötzlich alles von mir abhängig gemacht wurde.

Die ersten Leute versuchten schon, aus dem Saal herauszukommen, jedoch wurde die Tür von den Wachen des Prinzen versperrt. Es gab kein Entkommen, dessen war sich auch Kane bewusst. Trotzdem weigerte er sich weiterhin und versuchte zu schlichten: „Könnt ihr nicht einfach meinen Kopf mit zu eurer Königin nehmen? Alles wäre geregelt und es gäbe keinen Streitpunkt mehr..."

Roan schüttelte mit dem Kopf und blickte wieder zu mir. Ich war unfähig, mich zu bewegen, und dachte fieberhaft nach, was ich tun sollte. Die Entscheidung wurde mir eigentlich schon abgenommen, niemals würde ich meine Leute sterben lassen. Ich würde mich nicht weigern, mit ihm zu gehen, wenn die Skypeople in Frieden leben konnten.

„Erstens bist du nicht der Anführer der Skaikru, zweitens haben sich die Bedingungen gerade geändert. Sie kommt mit oder ihr sterbt alle." Seine Worte hallten durch den wieder verstummten Raum. Kane fing erneut an, ihn umstimmen zu wollen, doch ich trat vor und hob die Hand, damit er damit aufhörte.

Erstaunt blickte Marcus mich an, ich drehte mich zu Roan und meinte mit zitternder Stimme: „Ich komme mit, wenn die Azgeda mein Volk in Frieden leben lassen." Ich wollte härter wirken, als ich es eigentlich war, und versuchte gerade und selbstbewusst stehen zu bleiben. Der Prinz musterte mich grinsend und sah dann zu Kane, der fassungslos zwischen uns stand.

„Nein... es muss eine andere Lösung geben! Amelia, tu das nicht!" Clarke schaltete sich ein und stürmte nach vorn. „Wir können das nicht zulassen!" Ich drehte mich zu ihr um und antwortete leise: „Was würdest du tun? Wenn ich bleibe, sterben alle. Ich will nicht mit dieser Schuld leben müssen." Damit war meine Entscheidung getroffen. Clarke hatte die Anspielung auf Mount Weather verstanden, ich hatte einige meiner besten Freunde von der Ark dort verloren und hatte ihr noch nicht verziehen. Kane blieb mit offenem Mund neben Clarke, während ich mich neben den Prinz begab und auf den Boden blickte. Er überragte mich um mindestens zwanzig Zentimeter, ich traute mich kaum, mich neben ihm zu bewegen.

„Die Entscheidung wurde getroffen.", kam von Lexa, die sich erhoben hatte und vom Podest aus auf den Thronsaal herabblickte. „Die Skaikru werden in Frieden weiter in Arkadia leben, die Azgeda ziehen in ihre Gebiete zurück. Das Opfer, was gebracht wurde, wird nie vergessen werden."

Bevor Roan sich umdrehen konnte, stürzte Kane zu mir und umarmte mich ein letztes Mal. Er war wie ein Vater für mich gewesen, Tränen sammelten sich in meinen Augen. "Warum hast du –", setzte er an, ich schüttelte nur mit dem Kopf und antwortete leise: „Ihr werdet weiterleben, das ist alles was zählt."

Nachdem er sich nickend abwandte, landete ich in Clarkes Armen. „Wir holen dich da raus, irgendwie.", flüsterte sie in mein Ohr und drückte mich an sich. Ich meinte ebenso leise: „Tut das nicht. Ich komme schon irgendwie zurecht." Dann spürte ich eine große Hand auf meiner Schulter, die mich mit bestimmten Druck von ihnen wegzog.

„Es ist Zeit.", sagte Roan lächelnd und zog mich etwas unsanft in Richtung Tür. Ich verkniff mir Tränen und hob die Hand zum Abschied, dann waren wir aus dem Thronsaal heraus. Die Wachen folgten uns schweigend, während wir die vielen Stufen bis zum Boden hinabstiegen. Als wir fast das Ende des Polis Towers erreicht hatten, blieb er kurz stehen und fragte: „Muss ich dir eine Kette anlegen oder bleibst du freiwillig?"

„Ich habe meine Entscheidung getroffen, wofür bräuchte ich dann Ketten?", gab ich trocken wider, er lachte amüsiert auf und präsentierte sein strahlendes Lächeln. „Ihr Skypeople seid wirklich ein merkwürdiges Volk.", meinte er, dann lief er weiter und zog mich am Handgelenk die letzten Stufen hinunter.

   


Mother in LawWhere stories live. Discover now