Dust-System-Industries-Corporation

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Kapitel 1 

Die Dust-System-Industries Corporation war die erfolgreichste Software Firma Nordamerikas. Es war ein Privileg hier eine Praktikumsstelle zu ergattern und Maya war mehr als stolz auf sich, diese Stelle alleine durch ihre Leistungen erhalten zu haben und nicht durch den Nachnamen den sie seit einigen Wochen trug. Zumindest glaubte sie das. Doch während ihres Bewerbungsgespräches hatte die ältere Dame, die für die Nachwuchstalente verantwortlich war, nicht den Eindruck erweckt, als hätte sie Mayas Maskerade durchschaut.
Sie hatte sich mit ihrem Mädchennamen, dem früheren Familiennamen, für das Praktikum beworben, um eventuellen Unterstellungen zu entgehen und sich beweisen zu können, bevor jemand herausbekam wer sie tatsächlich war. Selbstverständlich hatte sie auch nicht vor, Damien die Gelegenheit zu geben sich erwischen zu lassen. Einen vorzeitigen Abbruch konnte sie sich nicht leisten. Trotz ihres Planes sich bei ihrem Stiefbruder für alles zu Rächen, bevor sie ihm so gehörig den Kopf verdrehte, dass er diese Eismauern um sich einreißen musste, war sie auf den Platz angewiesen.
Das Praktikum war für alle Studenten, die das erste Semester erfolgreich hinter sich gebracht hatten, verpflichtend und bei Mayas Leistungen erwarteten ihre Professoren eine absolute Spitzenbewertung. Das hier war also die Möglichkeit zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen - oder sich komplett lächerlich zu machen.
Nervös klopfte ihr Herz gegen ihren Brustkorb, als sie noch einmal ihre enge aber züchtige Bluse glatt strich, sich die schweißnassen Hände an dem teuren Stoff ihres Buissnesrockes abzuwischen und den festen, hohen Zopf zu kontrollieren, mit der sie ihre lange rote Lockenpracht zusammen hielt. Sie würde es schwer haben ernst genommen zu werden, das wusste sie genau. Mit ihren gerade einmal einen Meter sechzig an Körpergröße, die auch die hohen Schuhe nicht ausgleichen konnten, ihren runden, puppenhaften Gesichtszügen und den Sommersprossen auf den Wangen war sie nicht gerade respekteinflößend. Doch eines stand fest: Sie würde sich absolut nichts gefallen lassen.
Sie hatte bei verschiedenen Kursen, einem Psychologen und mithilfe einer menge Selbsthilfebüchern gelernt, ihre Schüchternheit zumindest für die Außenwelt abzulegen, den Kopf mit einer leicht arroganten Art zu erheben und sich so zu benehmen, als würde sie sich in dem was sie tat nicht wie der letzte Loser fühlen. Wenn sie das ausstrahlte, dann würde man aufhören sie als das traurige Opfer eines Übergriffes zu sehen und dann würde sie selbst auch aufhören sich als solches zu fühlen. Vielleicht. Vielleicht aber würde die Last ihrer Albträume sie irgendwann dazu bringen komplett zusammenzubrechen. Das würde sie herausfinden müssen.
Genauso wie sie schon bald erfahren würde, ob sie in Damien tatsächlich immer noch so verliebt war wie in dem Moment, als sie in seinen Armen gelegen hatte. Auch wenn das ständige Ziehen in ihrem Herzen und diese bodenlose Sehnsucht nach ihm ihr bereits Antwort genug sein sollte. Kurz nachdem sie aus dem Krankenhaus entlassen worden war und vor Enttäuschung wegen seiner plötzlichen Ignoranz ihr gegenüber fast zusammen gebrochen wäre, hatte sie geglaubt ihn zu hassen. Ihn wirklich zu verabscheuen, aber dieser Hass hatte sich nur wenige Wochen später in Leere verwandelt.
Sie war wütend auf ihn, ja. Sie wollte sich an ihm rächen, ja. Aber vor allem wollte sie in seinr Nähe sein, seine erdrückende Gegenwart spüren und alles tun, was er von ihr verlangte. Sie wollte sich wieder von ihm fesseln lassen, sich hilflos unter ihm winden, während er seine Spiele mit ihr spielte, sie zum Schreien brachte, während er unablässig ihren Körper für seine Lust missbrauchte.
Diese Seite, die er in ihr geweckt hatte, machte ihr Angst und sie machte es ihr unmöglich sich mit ihren Bedürfnissen an andere Männer zu wenden. Sie konnte sich nicht vorstellen, so etwas mit einem anderen als Damien erleben zu können. Niemals.
Während sich Mayas Wangen bei den Erinnerungen an die Nächten mit Damien erhitzten, erreichte sie den Eingangsbereich des kleinen Bürokomplexes wo sich das Personal fast auf die Füße trat und die Frauen an der Rezeption so schwer beschäftigt waren, dass sich zunächst niemand um sie kümmerte.
„Entschuldigung?", sprach sie eine Frau mittleren Alters an, die mit einem Headset auf dem Kopf, einem Organizer in einer Hand und einem Stift in der anderen, nicht weniger oder mehr ausgelastet wirkte, wie ihre beiden Kolleginnen. DC, wie man das Unternehmen ihres Stiefbruders umgangssprachlich in der Presse nannte, war in den letzten Monaten so extrem gewachsen, dass die angemieteten Büroräume zu klein und das bestehende Personal gnadenlos ausgelastet war. Die Frau, die Maya eingestellt hatte, hatte ihr stolz mitgeteilt, dass ihr CEO, Damien Dust, alias ihr Steifbruder und Ex-Lover, ein ganzes Gebäude in der Innenstadt von Manhattan gekauft hatte in das die Firma so schnell wie möglich umziehen würde, sofern der Umbau endlich fertig war. Außerdem gab es bereits Pläne für einen Anbau, für dessen Genehmigung sich Damien seit Wochen stark machte.
Maya schluckte die Bilder, die in ihr aufstiegen, herunter. Bilder von Damien und einer unglaublich schönen Blondine, mit der er vor zwei Tagen essen gewesen war. Die Paparazzi hatten einige sehr vorteilhafte Bilder geschossen und an Online-Magazine verkauft wo bereits über Vetternwirtschaft diskutiert wurde. Denn besagte schöne Blondine war niemand geringeres als die Tochter des Bürgermeisters persönlich.
Es war bezeichnend, dass nicht einmal diese Klatsch-Magazine dieser Romanze etwas anderes als kühle Berechnung seitens des strengen CEOs andichteten. Damien Dust war nicht bekannt für ausfallende Beziehungsskandale, für diesen Part war sein Bruder Marcus verantwortlich gewesen. Und selbst nach seiner öffentlichen Denunzierung wegen des Übergriffes auf Maya, wurde es die Presse nicht müde sein Verschwinden aus der Öffentlichkeit lautstark zu bedauern. Verdammt, der Kerl hatte seine eigene Porno-Seite gehabt. Und Maya war sich sehr wohl bewusst, dass einige Frauen es einfach nur unfassbar romantisch fanden, dass sich der Playboy Marcus Dust von einem scheinbar unauffälligen Mädchen den Kopf hatte verdrehen lassen und quasi verrückt nach ihr geworden war.
Maya hätte ihn lieber mit den Bezeichnungen in der Presse gesehen, die er verdient hatte. Einen Psychopathen, einen Mörder. Aber das Leben war in den seltensten Fällen fair und würde ihr diesen Gefallen wohl niemals tun.

Zwischen UnsWhere stories live. Discover now