Warum wirkte Alec so erschüttert?

Nervös fuhr ich das dunkle Holz des Schreibtisches entlang, einfach, um etwas zu tun zu haben, als ich plötzlich eine Einkerbung spürte.

Verwirrt hielt ich inne, mein Blick glitt auf die Stelle hinab. Wenn man nicht genau hinsah, erkannte man es nicht.

Ich kniff die Augen zusammen, trennte die verschiedenen Farbnuancen voneinander.

Eine Schublade!

Warum zur Hölle brauchte der versteckte Schubladen?

Okay, das war eine dumme Frage. Mir vielen ungefähr drei dutzend Möglichkeiten ein, warum einer wie er verstekte Schubladen benötigte.

Verstohlen blickte ich über meine Schulter, als erwartete ich, dass Alec in eben diesem Moment mit verschränckten Armen hinter mir stehen würde, doch da war niemand.

Ich wusste nicht, warum ich es tat. Vielleicht, weil ich Ablenkung brauchte. Vielleicht, weil ich mal wieder viel zu Neugierig war, was ungefähr alles anging. Vielleicht, weil ich wieder ein neues Geheimnis verborgen in seinem Schreibtisch vermutete. Vielleicht, weil ich einfach ich war. Letzteres fasste es wohl ziemlich gut zusammen.

Angespannt harkte ich meine Finger unter die Einkerbung, tastete nach Halt, sah ein letztes Mal über die Schulter und zog dann.

Ein schweres Geräusch ertönte, ich erstarrte, lauschte erschrocken, jeden Moment bereit, nach hinten zu springen und so zu tun, als wäre nichts gewesen.

Doch nichts passierte. Waren sie überhaupt noch im Haus?

Ich zog erneut, wartete wieder angespannt, horchte auf jedes einzelne Geräusch, nichts geschah.

Und als ich schließlich ein drittes Mal zog, gab die Schublade mit einem klackenden Geräusch nach, plötzlich hielt ich ein Teil des dunkelbraunen Tisches in meiner Hand.

Hastig sah ich mich um und legte die Abdeckung der Schublade auf den Schreibtisch, spähte dann neugierig über die Öffnung im Tisch.

Hä?

Überrascht griff ich hinein, aus irgendeinem Grund hatte ich den Atem angehalten.

Bilder? Warum Bilder?

Also jetzt keine Foto-Bilder oder so, sondern richtige Bilder. Gezeichnete Bilder.

Warum versteckte er die?

Fasziniert strich ich über das erste Bild. Warum war dieser Junge auch so verdammt gut?

Nebenbei kannte ich diese Zeichnung. Es war Callahan.

»Du bist viel zu talentiert, als das es dir gut tun würde«, nuschelte ich zu niemandem bestimmten und ließ mich vorsichtig auf Alecs Schreibtischstuhl fallen, auf dem er selbst vor kurzem noch gesessen hatte.

Neugierig blätterte ich zum nächsten Bild, betrachtete faszinierd die klaren Linien, die zu einem Gesicht verschwommen, ihn perfekt grinsend darstellten, so wie er die meiste Zeit schaute.

Mik.

Dann folgten Missy, Lila, der Braunhaarige, Siren und die anderen beiden Ven, die mit ihnen zur Schule gingen.

Es musste hart für Alec gewesen sein, heute so mit Siren umzuspringen, denn ganz offensichtlich bedeutete sie ihm doch ziemlich viel.

Ich betrachtete ihr Bild für einen Moment.

Das seidige, schwarze Haar fiel glatt auf ihre Schultern, sie lächelte wie es nur Siren konnte, ihre Augen erstrahlten geradzu.

Ja, sie war verdammt hübsch. Aber mittlerweile hatte ich das Gefühl, dass das an ihren Ven Genen lag, so, wie die alle aussahen...

Aruna - Die Rote WölfinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt