Ich wusste nicht, was ich darauf hätte erwidern sollen. Ehrlich nicht.

Ich blickte einfach stumm zu Lee hinauf, der nun wieder nach vorne starte, als wäre nichts gewesen.

Und dann wurde mir plötzlich mit einem Mal etwas klar.

Liam hatte Recht. Mit allem.

Ben hätte das nicht gewollt und mit jedem weiteren, traurigen Gedanken drückte ich doch nur aus, dass ich nicht an ihn glaubte. Und das stimmte nicht. Ich glaubte an ihn. Ich glaubte an Ben.

»Du hast Recht.«

Überrascht sah Lee mich an, meine Stimme war erstaunlich fest gewesen.

Und ich wusste, dass das daran lag, dass ich mir selber glaubte.

Innerlich schnaubte ich auf.

Liam hatte sowas von Recht! Ich sollte endlich aufhören, im Selbstmitleid zu schwimmen! Das würde Ben nicht helfen.

Und da hoben sich Liams Mundwinkel, zufrieden lächelte er mich an.

»Siehst du«, meinte er und ich konnte nicht anders, als - wenn auch etwas zurückhaltend - ebenfalls zu lächeln.

Ich meine, ich sollte lächeln. Das sollte ich wirklich. Mein Lächeln bestärkte doch nur meinen Glauben an Ben und ich glaubte an ihn.

»Wir sehen uns nach der Schule«, verabschiedete ich mich schließlich von Liam, der zu seiner Haltestelle abbog.

Er nickte mir zu, »Bis später«, dann war er verschwunden.

Keine fünf Minuten später trat ich ebenfalls aus dem Wald und irgendwie fühlte sich mein Herz leichter an.

Gott ich hatte da echt einmal raus gemusst.

Eza hatte Recht gehabt. Ich wäre daran kaputt gegangen, wäre ich weiter dort sitzen geblieben.

Doch zum Glück hatte ich meine Freunde, wie mir mit einem Mal wieder klar wurde.

Zum Glück zeigten sie mir den Weg, wenn ich ihn einmal aus den Augen verlor, wenn er zwischen all diesen Gedanken verschwand, unauffindbar schien.

Trotzdem beschlich mich ein mulmiges Gefühl, als ich nach weiteren zehn Minuten aus dem Bus stieg.

Ich wies mich scharf an, aufzuhören um ihn zu trauern, doch als ich die alte Eiche sah, den leeren Platz unter ihr, durchfuhr für einen kurzen Moment ein kleiner Stich mein Herz.

Hör auf Aruna! Er lebt! Du glaubst an ihn!

Ich atmete tief durch, fing für einen Moment Liams bestärkenden Blick auf, dann setzte ich einen Fuß vor den anderen.

Er lebte.

Meine Schritte wurden fester.

Ben lebte.

Und schließlich lief ich mit erhobenem Blick auf die Schule zu.

Ich hatte mir den Gang schwerer vorgestellt und obwohl diese eine Person an meiner Seite schmerzlich fehlte, brach ich nicht zusammen, wie ich es gedacht hatte.

Denn Ben war nicht tot.

Ich öffnete die Tür zu meinem Klassenraum - keine Sorge Ben, ich schreib für dich mit - und ließ mich auf meinen Platz fallen.

Meine Tasche stellte ich auf Bens Platz.

Kurz ruhte mein Blick auf besagtem Platz - niemand sollte sich dort hinsetzten. Das war Bens Platz. Bens Platz neben mir.

Aruna - Die Rote WölfinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt