»Du hast mich unterschätzt.« Keine zwanzig Sekunden hatte ich gebraucht um ihn zu bewältigen.

»Nein. Aber du hast mich überrascht. Letztes Mal konntest du nicht einmal deine Faust richtig ballen.«, sagte er scherzhaft. Warum er in dieser Situation noch Witze reißen konnte verstand ich jedoch nicht. Er hatte eindeutig verloren.

Bevor ich wusste wie mit mir geschah, lag ich auf dem Rücken und konnte mich nicht mehr bewegen, denn anders als ich hatte Luc auch darauf geachtet meine Beine zu sichern. Jetzt war es an mir ihn überrascht anzusehen.

Ich musste ihn erst in dem Glauben lassen, dass er die ober Hand hatte, bevor ich mich aus seinem Griff befreien konnte. Musste ihn mit irgendetwas ablenken. »Du und Kate also?«

»Was meinst du?« Er zog die Augenbrauen zusammen und sah mich forschend an.

»Seid ihr zusammen?«, es widerstrebte mir über Gefühle reden zu müssen, aber ich wusste, dass ich ihn nur so aus der Fassung bringen konnte.

»Was nein. Wir sind nur Freunde. Sie war in der gleichen Lage wie ich.«, erwiderte er und lockerte dabei sein Griff. »Als du dort geblieben bist haben wir dich alle verloren. Ich konnte es nicht übers Herz bringen ihr zu sagen was mit dir passiert war. Wie ich einfach....«

Ich ließ mein Kopf nach vorne schellen und knallte meine Stirn voller Wucht gegen sein Gesicht. Seine Nase gab nach und ein knackendes Geräusch war zu hören. Ich drehte mich auf ihn und sicherte diesmal auch seine Beine. »Verdammt, Ivy. Was soll das?« Er wollte nach seiner Nase greifen, doch ich packte noch fester seine Arme fest.

»Ich hätte dich auch umbringen können. Also sei mir lieber dankbar.« Diesmal war ich es die lachte, doch es klang er wie ein räuspern. »Ich brauch außerdem niemanden der um mich trauert. Davon habe ich nichts.«

Er sah mich verletzt an. Nicht wegen seiner Nase, sondern wieder wegen irgendwelchen unnötigen Gefühle. Es war ein Geschenk des Himmels, dass ich die endlich los war. Umso mehr ich mit Neyfrem zu tun hatte, umso mehr stellte ich es fest.

»Wie geht's Freya?«, fragte er schließlich.

»Jetzt auf einmal sorgst du dich um ihr wohl ergehen? Letztes Mal wolltest du nicht einmal wissen ob sie noch am Leben ist.« Er schaute weg. Konnte mir nicht mehr in die Augen sehen. Luc wusste ganz genau, dass sie lebte und in dieser Lage wegen ihm war. Wir alle waren in dieser Lage, seinetwegen. Er hatte uns zu dieser Selbstmordaktion überredet und wir waren maßlos gescheitert. Zach war in Des Körper gefangen, Freya verrottete langsam in ihrer Zelle und ich war die einzige die dadurch etwas dazugewonnen hatte.

»Morgen lassen wir sie aus der Zelle.«, lockte ich ihn dazu Hoffnung zu schöpfen.

»Was ihr lasst sie frei?«, fragte er ungläubig.

»Nein. Aber wir haben einen Weit aus besseren Ort gefunden, der sie dazu bringen wird uns doch noch zu helfen.« Es war die Wahrheit, doch ich ließ es so klingen, als sei es ein schrecklicher Ort. Er wurde kreidebleich und ich wusste, dass ich ins Schwarze getroffen hatte.

»Was für ein Jammer. Sie ist mir bei meinen Besuchen in ihrer Zelle irgendwie ans Herz gewachsen. Aber naja, die gute muss nun mal ihren Zweck erfüllen.«

»Hör auf so zu reden. Das bist nicht du.«, flüsterte er fast.

»Doch. Genauso bin ich.«, sagte ich ganz langsam, damit er es endlich verstand. »Akzeptier das endlich.«

»Nein.« Er schüttelte den Kopf, als würde das etwas daran ändern.

»Ich bin nicht mehr dieses dämliche Mädchen, dass nur auf die Gefühle der anderen bedacht ist und durch den Tod einer Freundin komplett aus den Fugen gerät. Ich fühle rein gar nichts mehr. Da wo mal mein Herz war, hat mein Gehirn ein Loch eingeschlagen und sich dort weiter ausgebreitet.« Er sah mich an und sein Blick sagte mir, dass ich wirres Zeug rede, doch genau so war es. Mir war nur noch mein Verstand geblieben.

»Du warst nicht dämlich.«, gab er schnell zurück.

»Doch. Das war ich.«, widersprach ich gleichgültig. »Ich habe gewonnen findest du nicht?«

Er sah mich lange nur an. Luc hob sein Kopf und ich dachte schon, dass er mir genauso wie ich ihm eine Kopfnuss verpassen wollte. Also schützte ich mit einer Hand mein Gesicht. Dadurch hatte ich seinen Arm freigelassen, doch statt mich anzugreifen schob er energisch meinen Arm von meinem Gesicht und lehnte sich wieder vor. Er ließ mir keine Zeit zu reagieren und presste seine Lippen an meine. Diesmal hatte ich jedoch noch ein Funken selbst Respekt und versuchte mich von ihm zu lösen, bevor es sich in Hyse auflöste. Er ließ nicht locker, egal wie sehr ich mich stemmte. Ich mochte vielleicht eine gute Taktik haben, aber wenn es um bloße Muskelkraft ging war er mir weit überlegen. Sein Kuss veränderte sich und wurde sanfter, so als würde er mich nicht zerbrechen wollen. Als sei ich aus Porzellan. Er zog mich fester an sich und mein Körper wollte sich nicht wehren, egal wie sehr ich es versuchte. Ich ließ es einfach geschehen.

Wusste wieder nicht warum Luc diese Wirkung auf mich hatte. Natürlich hatte ich keine Gefühle für ihn. Das war schließlich unmöglich, aber mein Verstand ließ meine Schutzmechanismen jedes Mal fallen, wenn er mir so nah war. Lucs Kuss wurde intensiver und ich begann den Kuss zu erwidern. Mein Verstand hatte eindeutig den Geist aufgeben. Er packte meine Taille und zog mich, ohne den Kontakt unserer Lippen zu unterbrechen von sich. Erst als es zu spät war merkte ich, dass er auf mir war und meine Arme an den Boden hielt. »Nein. Ich finde ich habe gewonnen.«, flüsterte er leise in mein Ohr. Er hatte den Kuss genutzt, um mich zu besiegen. Das war die ganze Zeit sein Plan gewesen. Diesmal würde es mir unmöglich sein seinem Griff zu entgehen. Auf eine weitere Kopfnuss würde er nicht reinfallen. Verdammt. In diesem Moment hasste ich meinen Körper dafür auf ihn reingefallen zu sein. Mit all meiner Kraft versuchte ich ihn von mir zu stoßen, doch es ging nicht. Ich hörte nicht auf, mich zu wehren.

»Hör auf. Du weißt, dass ich gewonnen habe.«, sagte Luc und grinste. »Sag es und ich lasse dich los.«

»Du denkst du hast gewonnen?«, fragte ich ihn belustigt. Vielleicht hatte er den Kampf gewonnen, aber ich hatte immer noch meine Fähigkeiten und diese waren seinen überlegen.

»Es wäre unehrenhaft deine Fähigkeiten zu benutzen.«

»Ich scheiß auf die Ehre.«, schrie ich ihn wütend an. Ich sammelte meine Energie und schloss meine Augen, um leichter in seine Gedanken zu kommen. Mit voller Kraft stieß ich gegen eine Wand aus Metall. Ich wurde rausgeschleudert und vollkommen schockiert riss ich meine Augen auf. »Was war das?«

Ich sah ihn an und seine Haut hatte sich verändert. Sein Gesicht und seine Arme war überzogen von einer dünnen Metallschicht, die seine Hautschimmern ließ. Was zur Hölle war das? Luc sah aus wie ein Zombie. Seine Haut war so grau, dass sie blass schien und er hatte mich ernsthaft abgewehrt. »W- Wie...?«, stammelte ich. Ich überlegte was ich über Lucs Fähigkeiten wusste. Er konnte sich in die Träume von Leuten schleichen und sich verwandeln. Als wir auf die Erde gingen um Freya zu suchen hatte er seine Fähigkeiten dazu benutzt den Verstand eines Soldaten gegen eine Metallwand laufen zu lassen. Das musste es also sein.

»Komm schon Ivy. Lass es sein. Gib einfach zu, dass ich gewonnen habe.«, sagte er diesmal ernst.

»Na schön.«, zischte ich und er ließ los. Ich rappelte mich schnell auf und brachte den größtmöglichen Abstand zwischen uns. »Ich gehe zurück zum Fest.« Es war demütigend schonwieder gegen Luc verloren zu haben.

»Vergiss nicht dich bei Kate zu entschuldigen. Sie muss es dir abkaufen.«, sagte er und ließ mich gehen.

Dark Neyfrem #2Where stories live. Discover now