Entschlossen verlasse ich die Waschküche, ziehe mir meine Jacke an, schnappe die Leine von der Garderobe und schnalze mit der Zunge. Fussel kommt sofort, lässt sich anleinen und wir gehen spazieren. Der Wind ist kalt, kündigt den nahenden Winter an und passt mir gerade perfekt in den Kram. Den Kopf freikriegen, durchlüften. Vielleicht bin ich nur paranoid und bilde mir alles ein. Er ist müde, ausgelaugt und hat den Kopf voll mit tausend Dingen. Es ist klar, dass wir nicht bis ans Lebensende zusammenkleben müssen, wenn wir kurz getrennt sind. Vielleicht muss ich mich jetzt einfach daran gewöhnen, dass es sich allmählich etwas normalisiert. Er freut sich, das weiss ich doch eigentlich. Wäre nur das mit dem Handy nicht gewesen...das verunsichert mich. Nicht, dass ich ständig danach verlange, sämtlichen Inhalt zu durchforsten und akribisch zu kontrollieren, aber er hat es nie so vor mir versteckt.

„Na, Fussel, ich beneide dich manchmal. Deine Sorgen will ich haben", sage ich zum Hund, der mich fröhlich angrinst und sich dann einem interessanten Grasbüschel zuwendet. Hund müsste man sein. Von hinten bis vorne verwöhnt werden, allen auf der Nase tanzen und die grösste Sorge ist der leere Futternapf. Solange sie jetzt keinen ihrer Rekordhaufen setzt, den ich dann wieder aufnehmen darf, könnten wir einen schönen Spaziergang haben. Bis wir zurück sind, ist die Wäsche sicher auch fertig und wenn es gerade lediglich Hausarbeit ist, die mich von irgendwelchen Hirngespinsten ablenkt, kann ich ja froh sein.

Etwas über eine Stunde später fühle ich mich halb durchgefroren und hab einen zufriedenen Hund dabei, der ins Haus springt und alles überprüft. Ich hänge meine Jacke wieder auf. Die zwei Liebenden sitzen aneinander gekuschelt noch immer da, wo ich sie verlassen habe.

„Ah, Fussel, da bist du ja!", ruft Liv freudig überrascht auf und dreht sich zu mir. „Wann bist du denn weg?"

„Keine Ahnung, vor ner Weile. Habt ihr wohl nicht mitbekommen", antworte ich brav und grinse sie frech an.

„War sie wenigstens brav?"

„Fussel ist bei mir immer brav. Liegt wohl an meiner überwältigenden Männlichkeit." Liv grinst mich an. „Ist die Wäsche schon fertig?"

„Warte, ich seh nach", ruft sie und springt auf. „Ja! Ich häng sie gleich auf!"

Mich neben Ardy fallen lassend, sieht er mich merkwürdig an. „Alles gut bei dir?", fragt er vorsichtig und ich nicke.

„Wird arschkalt draussen, aber der Hund muss ja trotzdem raus. Die nächsten Tage ist Regenwetter angesagt, das wird also ein richtig schöner Spass. Kalt und nass ist keine angenehme Kombination."

„Ist ja eigentlich ihr Hund, nicht deiner."

„Familienvieh. Das sind wir doch eh. Irgendwie ne total bunte Familie."

„Kann man so sagen", stimmt Ardy mir zu und ich seufze.

„Ist bei Taddl alles okay?", frage ich direkt heraus. Liv wird in ein paar Minuten wieder da sein und wenn was ist, will ich sie bei aller Liebe nicht dabei haben. Ja super, sogar Ardy benimmt sich jetzt seltsam. Das sind sicher keine Hirngespinste. In meinem Kopf beginnt es zu dröhnen und ich starre ihn an.

„Glaube schon", sagt er ausweichend. Ja, sehr hilfreich! Wunderbar! Da Ardy ja so gut lügen kann, als wäre er Pinocchio persönlich, fehlt nur die wachsende Holznase.

„Ist irgendwas passiert?", hake ich nach und diesmal sieht er mich nur kurz an.

„Nicht, dass ich wüsste." Lügner. Du weisst alles und sagst es nicht. Weisst du eigentlich, wie schlecht du flunkern kannst, wenn man dich erst näher kennt?

„Du weisst, dass du ein miserabler Lügner bist", raune ich ihm zu und gehe weg, ignoriere seinen Ruf. Das Dröhnen wird zum Kopfschmerz und darauf habe ich keine grosse Lust. Taddl sitzt im Schlafzimmer hinter halb geschlossener Tür und ich eile direkt ins Bad, schlucke eine Schmerztablette und klammere mich ans Waschbecken. Tief durchatmen. Wenn du jetzt durchdrehst, wird es sicher nicht besser.

Zwischen Masken und MusikWhere stories live. Discover now