Verlustängste

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POV: Manuel

Das Haus ist ordentlich, sauber und aufgeräumt. Selbst frische Blumen stehen überall herum, was Liv zu verdanken ist. Wir haben uns zu zweit um alles gekümmert. Fussel liegt in ihrer Koje neben dem Sofa und pennt. Den Kühlschrank haben wir extra heute noch aufgefüllt mit allen Bedarfsmitteln. Alles ist bereit und wir beide sitzen gespannt auf dem Sofa. Liv spielt immer wieder nervös am Handy herum und sieht gefühlt alle zehn Sekunden auf die Uhr.

„Sie müssen endlich kommen", murmelt sie und starrt zur Tür. Im Vergleich zu ihr bin ich die Ruhe selbst und versuche neben ihrem Gehampel ein Buch zu lesen.

„Sie kommen ja bald", wiederhole ich erneut und werfe das Lesezeichen in die Mitte. Seufzend lehne ich mich zurück. Die Ungeduld kann ich ihr nachfühlen. Meine hab ich versucht zu verdrängen, aber mit einer nervösen Frau an der Seite klappt das nicht so gut. Stattdessen werde selbst ich immer nervöser. Nicht, dass in letzter Sekunde noch eine Nachricht kommt, dass sie erst morgen kommen oder so was in der Art.

Fussel hebt den Kopf und spitzt die Ohren, ehe sie freudig bellend auf die Haustür losstürmt. Wenige Momente später öffnet sich diese und unsere Männer treten ein. Liv ist schneller als ich, fällt Ardy um den Hals und schmeisst ihn fast um. Taddl kann das Schlimmste verhindern, ehe er mich umarmt und mich begrüsst.

„Endlich zu Hause", murmelt er und presst sein Gesicht an meinen Hals.

„Hast mir gefehlt", raune ich ihm zu und er küsst mich innig. „Habt ihr alles geschafft?"

„Ja. Wir haben alles geschafft. Den Rest der Arbeit können wir hier machen und dann bin ich froh, wenn das durch ist."

„Das gehört eben zur Musik dazu", versuche ich ihn aufzumuntern und er lächelt müde. Noch ein flüchtiger Kuss, dann schleppt er sein Gepäck nach oben und ist verschwunden. Liv hat Ardy ins Haus kommen lassen, Fussel springt aufgeregt umher und ich ziehe den Hund zurück, dass wir die Tür schliessen können.

Ich folge Taddl nach oben und finde ihn beim Auspacken. Liebevoll umarme ich ihn von hinten und er zuckt zusammen. Verunsichert lasse ich ihn gleich wieder los. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass er sein Handy sperrt und in die Tasche steckt, während er sich zu mir umdreht.

„Alles in Ordnung?", frage ich vorsichtig und er nickt.

„Alles okay. Bin nur total erledigt. Lange Tage, kurze Nächte, weisst ja."

„Kann ich dir beim Auspacken helfen? Wir wollten heute eh noch Wäsche machen, morgen bügeln und so." Verdammt, ich klinge nach der perfekten Hausfrau. Fehlt nur noch das Fünf-Gänge-Menü, das ich komplett selbst koche. Irgendwie ist die Stimmung hier gerade echt seltsam geworden. Ob er es merkt oder nicht, aber Taddl ist etwas abweisend. Nerve ich ihn? Habe ich was falsch gemacht? Bin ich zu aufdringlich?

Kommentarlos verschwindet er im Badezimmer und ich sammle die Schmutzwäsche ein, werfe sie in den frisch ausgeräumten Wäschekorb und trage es nach unten. Liv und Ardy finde ich kuschelnd und knutschend auf dem Sofa wieder und öffne schweigend seinen Koffer, schmeisse alles in die Maschine und starre stumm auf die Maschine, die sich allmählich mit Wasser füllt. Ich streiche mir durch die Haare. So hat er sich noch nie benommen. Egal, was war, die körperliche Nähe war ihm nie zuwider gewesen. Was ist passiert, dass er sich so benimmt? Ich würde so gerne Ardy fragen, wenn Taddl schon nichts sagt, aber er verschmilzt gerade mit seiner Liebsten.

Diese wenigen Augenblicke eben, das ist neu. Hat er sich so sehr an die Rückkehr gewöhnt, dass er seinen Dingen nachgeht? Früher hat er alles einfach in eine Ecke geschmissen und mich begrüsst, als wäre er jahrelang verschollen gewesen, aber jetzt sagt er nur kurz hallo und lässt mich wie blöd einfach stehen.

Zwischen Masken und MusikWo Geschichten leben. Entdecke jetzt