"Colin", spreche ich den Schüler, der schon wieder unruhig auf seinem Stuhl hin und her rutscht, an. "Bist du bereit, dein Referat zu halten?" Nickend greift er nach einigen losen Blättern, die sofort darauf in einem hohen Bogen durch die Luft segeln. "Nicht schon wieder", stöhnt der Junge, als er mit voller Wucht gegen den Tisch knallt, nachdem er seine Notizen vom Boden aufgesammelt hat.

Meine Fingerspitzen an meine Stirn legend versuche ich, meinen Kopf nicht zu offensichtlich über diese Situation zu schütteln. Im Lehrerzimmer habe ich aufgeschnappt, dass seine Eltern darauf bestanden haben, dass er die achte Klasse überspringt. Angeblich sei er letzten Frühling viel zu stark unterfordert gewesen. Doch es geht auch das Gerücht um, dass sich Colin so komisch benimmt, weil seine Eltern schon lange darüber nachdenken, sich scheiden zu lassen.

Aber meiner Meinung nach, lässt sich der Braunhaarige einfach von vielen anderen Dingen zu schnell ablenken. Sei es von seinen Mitschülern, die ihm während des Unterrichts Fragen stellen. Oder von seinem Federmäppchen, das seiner Meinung nach nicht ordentlich genug aufgeräumt ist. Oder von den warmen Sonnenstrahlen, die durch das Fenster fallen, und den Vögeln, die sich auf den Ästen der alten Eiche niederlassen.

"Du bist so ein Affe", lacht Mary den armen Jungen laut aus. Wie vor zwei Jahren, ist sie das Mädchen mit dem größten Mundwerk. Außerdem übernimmt sie immer noch gerne das Kommando. "Mary", ermahne ich die Schülerin mit einer scharfen Stimme. Glücklicherweise ist sie danach sofort still. "Also, Colin", bitte ich ihn mit einer Handbewegung nach vorne, damit wir endlich mit dem Unterricht starten können.

"Ich komme mir vor, wie in einem Irrenhaus", stöhne ich, als ich mich neben Matteo auf einen der roten Plastikstühle in der Mensa fallen lasse. Auch wenn die Lehrer uns ständig nahelegen, dass wir unsere Mittagspause lieber im Lehrerzimmer verbringen sollten, treffen wir uns meistens hier. Mit unserem Alter fallen wir unter den meisten Zwölfklässlern, die komischerweise unheimlich erwachsen aussehen, gar nicht auf.

"Wem sagst du das?", schiebt mir der Braunhaarige ein halbgeschmolzenes Eis hinüber, "ich hätte mich auf deinen Vorschlag, mein Praktikum hier zu machen, nicht einlassen sollen." Meine Nase rümpfend stochere ich mit dem Plastiklöffel in dem Becher herum. "Ohne mich hättest du bis heute noch kein Praktikumsplatz gefunden", erinnere ich Matteo daran, dass ich ihm diese Stelle klar gemacht habe.

"Eines Tages werde ich noch vor dir auf die Knie fallen, um dir dafür zu danken", grinst mich der Junge breit an. "Ist klar", rolle ich mit meinen Augen, bevor ich so tue, als würde ich seine blödsinnige Aussage in den nächsten Mülleimer werfen. Schweigend esse ich das, was einmal ein Eis darstellte, während Matteo genüsslich seinen Bananenjoghurt löffelt. "Widerlich", lasse ich Würgegeräusche erklingen.

Bevor mir der Braunhaarige an die Kehle springen kann, lässt sich ein Mädchen, dessen Haarspitzen pink gefärbt sind, an unserem Tisch nieder. "Hi", zwitschert sie schon regelrecht, während sie meinen Sitznachbar anschmachtet. Aus dem Augenwinkel nehme ich wahr, wie Matteo sich versteift. "Was willst du?", frage ich Mandy möglichst freundlich.

Sie trägt nicht nur einen bescheuerten Namen, der mich an ein Mädchen, das ständig übergroße Kaugummiblasen formt, erinnert. Sondern sie schmeißt sich schon vom ersten Tag unseres Praktikums an den Jungen neben mir heran. "Was ich will?", tippt sich das Mädchen ein wenig dümmlich mit ihrer Fingerspitze an die Lippen, "eine Verabredung mit diesem Schönling hier."

Geschickt beugt sich Mandy über den Tisch, sodass man in ihren Ausschnitt blicken kann. Doch Matteo scheint dies nicht zu interessieren. "Kommt gar nicht in die Tüte", schiebt er sich eine weitere Portion seines Joghurts in den Mund. "Aber wieso denn nicht?", schmollt das Mädchen sofort, während sie langsam ihren Arm ausstreckt.

Verärgert haue ich meine flache Hand auf den Tisch, bevor Mandys Finger die von Matteo berühren können. "Verzieh dich endlich!", zische ich wütend, "er hat bereits eine Freundin." Mit dieser Aktion ziehe ich direkt einige komische Blicke auf mich. Außerdem wird es wahrscheinlich Auswirkungen auf meine spätere Bewertung habe, wenn die Schüler anfangen zu tratschen. Doch als das Mädchen irritiert von unserem Tisch aufsteht, grinse ich zufrieden.

"Also wenn du mit so einer Furie zusammen bist, wäre sowieso nie etwas aus uns geworden", zieht Mandy schnippisch ihre Augenbrauen in die Höhe. Dann entfernt sie sich mit einem großartigen Hüftschwung von uns. Während sich seine Mundwinkel ganz leicht heben, legt Matteo seine Hand um meine Finger, die immer noch vor Wut zittern. "Ich bin froh, dass Paula so eine Freundin, wie dich hat", nickt er mir dankend zu.

"Kein Problem", grinse ich breit. Als das laute Klingeln mitteilt, dass die Pause nun zu Ende ist, stehen wir Beide auf. Indem wir die roten Stühle langsam über den Linoleumboden unter den Tisch zurückschieben, veranstalten wir einen riesigen Krach. Lachend sehe ich zu Matteo, der ebenfalls schmunzelt, hinüber. Ich habe keine Ahnung, wieso das so ist. Doch wir Zwei haben unglaublich viel Spaß, wenn wir uns genauso kindisch, wie die restlichen Schüler hier benehmen.

"Auf in den nächsten Höllen-Unterricht", stöhnt der Braunhaarige, als sich unsere Wege an der Haupttreppe trennen. "Auf in den nächsten Höllen-Unterricht", stimme ich ihm lächelnd zu. Dann nehme ich nur jede zweite Treppenstufe, um schnellstmöglich in den zweiten Stock zu gelangen. Schließlich sollte ich nicht immer nach den ganzen Schülern im Klassenraum antanzen.

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Für diejenigen, die sich nicht mehr erinnern: Lilly, Colin und Mary tauchen im sechsten Kapitel auf. Von mir aus könnt ihr dort gerne noch einmal vorbeigucken😉

"cause i wanna be more than friends with you..." ♪♫♪

Wenn man ständig einen Ohrwurm von LiaCartwright's Liedern hat😅😅

Meant To Be \\ Shawn MendesWhere stories live. Discover now