„Endlich wisst ihr, was ihr aneinander habt, versau das also nicht!"

Irgendwann überrascht er mich und platzt einfach auf die Bühne. Ardy grinst nur wissend und Mary klatscht animierend in die Hände. Das Publikum macht mit. Unter viel Jubel küsst er mich und ich weiss, wie viel Mut ihn das gekostet hat, hierher zu kommen. Spätestens jetzt gibt es Dutzende von Fotos, die uns zusammen zeigen. Spätestens jetzt weiss jeder, wer mein Manu ist. Jeder weiss jetzt, zu wem ich gehöre, wem ich mein Herz geschenkt habe. Wen ich heiraten will und werde.

Dieser Auftritt bleibt einmalig, das hat er danach nie wieder getan, was diesen Auftritt zu etwas ganz Besonderem macht. Ich finde ihn danach als immer noch zitterndes Häuflein Elend in die Ecke einer Couch gedrängt. Erst als ich auftauche, kann er sich entspannen und drückt meine Hand auf der Suche nach dem Halt, den nur ich ihm geben kann. Wir verlassen den Veranstaltungsort gemeinsam und mit ihm an der Hand traut er sich sogar, ein kurzes Statement abzugeben.

„Wir sind verlobt", sagt er laut genug, dass genug es mitbekommen und sie kreischen.

„Wann ist die Hochzeit?"

„Ist das nicht überstürzt?"

„Haben Sie die Krise überwunden?"

„Sind Sie glücklich?"

„Warum jetzt?"

Manu beantwortet keine der Fragen.

„Das ist unsere Privatsache. Ihr werdet alles Wichtige bald erfahren", verspreche ich im Gegenzug und lasse mich von Manu wegziehen. Die Security, die wir um uns haben, verhindern, dass uns etwas passiert. Wütende Fans gibt es noch immer, er bekommt ab und an Hassbotschaften, die ihm alles Schlechte wünschen, aber wie es an ihm abperlt, ist bewundernswert. Es ist ihm mittlerweile schlicht egal.

„Du bist alles, was für mich zählt", erklärt er nüchtern und löscht ostentativ einen dieser Kommentare. Er behielt sogar Recht, was die Flut an Hormonen betrifft. Es beruhigte sich alles, wurde normal. Diese Flut kam nur, wenn ich von der Tour wieder nach Hause kam und er seinen Hunger nach Nähe stillte. Er behielt auch Recht mit Larissa, die ihm eine richtig gute Freundin geworden ist, ebenso ihre Partnerin Alex. Sie zeigt sich immer öfter bei uns und scheint sich wohlzufühlen. Könnte vor allem daran liegen, dass die Streitereien gewöhnlicher Natur sind und nicht gleich drohen, das Ende der Welt einzuläuten.

Aber an dem Tag, an dem meine Rückkehr stattfindet, wird er beinahe unzurechnungsfähig und es bleibt keine Zeit für ein Hallo. Vielleicht behält er trotzdem Recht und auch das ebbt irgendwann ab. Er gibt seine Arbeit nicht auf, um uns auf Tour zu begleiten. Vielmehr fragt er zum ersten Mal nach fast drei Jahren, ob wir zusammen ziehen wollen. Wir haben die Reihenfolge etwas durcheinander gebracht, meint er bloss. Und er will Ardy dabei haben. Er ist ihm mittlerweile so wichtig wie mir. Keiner von uns kann sich vorstellen, irgendwie alleine zu wohnen. Immerhin darf man es Ardy hoch anrechnen, dass wir überhaupt an diesem Punkt angelangt sind. Was hätten wir ohne ihn getan? Wieder fünfzehn Jahre gewartet?

„Bist du dir sicher?", frage ich. Das Ganze findet wenige Wochen nach seinem Bühnenauftritt statt und Manu nickt. „Du, Ardy, Liv und ich. Wir kleben schon so oft aneinander, als wären wir eine Familie, wo liegt dann da der Unterschied? Zu viert brauchen wir vielleicht nicht einmal mehr nur eine Wohnung, sondern können uns ein Haus leisten, in dem ihr euer Studio unterbringen könnt. Unendlich viel Platz braucht das ja auch nicht", überlegt er laut und hat mehrere Tabs mit Immobilienseiten offen. Über die Schultern sehe ich ihm zu.

„Tja, Geld habe ich mehr als genug dafür", raune ich und küsse seinen Hals.

„Ich will auch etwas dazu beisteuern."

„Liebling, alles was ich will bist du. Also lass es mich kaufen. Dafür ist Geld ja da!" Er lächelt mich kurz an, wendet den Blick aber wieder dem Bildschirm zu.

„Meinetwegen, wenn du unbedingt willst. Ardy und Liv kommen sicher gleich vorbei, dann können wir ihre Meinung einholen und dann loslegen, wenn es ihnen passt. Sonst wird es doch nur wieder eine Wohnung."

„Egal was, egal wohin, Hauptsache zusammen. Von mir aus können wir so auch unter einer Brücke hausen."

„Du wirst kitschig."

„Darauf stehst du doch."

„Ein wenig, aber die beiden kommen gleich, also zügle dich. Spar es dir für nachher auf."

„Du lässt mich warten?", raune ich ihm mit so tiefer Stimme ins Ohr, dass er Gänsehaut bekommt. Ich kenne seine Schwachpunkte. „Aber ich kann nicht warten..." Eine einzelne Lippenberührung reicht, dass er nachgibt. Ja, ich kenne ihn wirklich. 

Natürlich sind beide sofort von der Idee begeistert ein gemeinsames Haus zu beziehen und schmieden bereits eifrig Pläne. Liv träumt von Haustieren, am Liebsten will sie Katzen, lässt sich aber wegen Manus Allergie umstimmen zu einem Hund. Wenige Wochen später bereits können wir einziehen und uns einrichten. Die Schlafzimmer liegen weit genug auseinander, dass wir uns nicht gegenseitig stören würden und hey, es läuft besser, als ich mir je hätte erträumen können. 

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Zwischen Masken und MusikDonde viven las historias. Descúbrelo ahora