Flucht

179 15 6
                                    

POV: Manuel

Es ist schwer zu glauben, wie viel Spass es macht, gegen die drei zu spielen. Zwar bin ich in diesem Spiel noch ziemlich eingerostet, aber das legt sich schnell und der Kampf ist hart, den ich zweimal sogar gewinne. Wir schreien, brüllen, fluchen und werfen uns nicht ernst gemeinte Beleidigungen an den Kopf. Während das Spiel lädt, drückt Taddl ganz kurz meine Hand, sieht mich schnell an und legt wieder los. Irgendwann gibt Ardy verzweifelt auf und lässt den Controller vor sich auf den Boden plumpsen.

„Ey, ehrlich Leute, bin ich der Einzige, der fair spielt?", jammert er und Liv knuddelt ihn liebevoll.

„Ach was, wir sind einfach nur besser als du", neckt sie ihn und gibt ihm einen Kuss auf die Wange.

„Ich hab Hunger, gehen wir essen." Im Vorbeigehen zwinkert sie mir kurz zu und ich mag sie langsam wirklich ganz gerne.

„Jetzt?", fragt Ardy verdutzt.

„Sieh mal auf die Uhr, Schatz. Ich hab wirklich Hunger und will wieder mal ausgehen. Taddl, Manu, ihr kommt sicher mit?", fragt sie und ihr Gesichtsausdruck erlaubt keine Widerworte. Langsam werde ich doch nervös. Am Schluss sitze ich alleine auf der Couch und starre den schwarzen Fernseher an. Alle drei ziehen sich noch um, ich höre sie über irgendwas Belangloses reden, Taddl legt eine spontane Rapeinlage ein. Ausgehen ist nicht wirklich mein Ding. Zwischen den Wohnungen, dem Studio und der Arbeit pendeln ist eines, aber Restaurants sind etwas ganz anderes. Von Bars, Clubs und dergleichen ganz zu schweigen.

Liv ist die Erste, die mich offensichtlich sucht.

„Du bist ja noch hier", stellt sie fest.

„Soll ich etwa gehen?", frage ich zynisch zurück und starre sie an.

„Ne, so meine ich das nicht. Du sitzt immer noch hier. Komm mit", sagt sie und greift nach meinem Handgelenk. Sie ist stärker als erwartet und zieht mich auf. Eigentlich mag ich das gar nicht und ihr spielt es keine Rolle. Alle drei sind fröhlich und aufgestellt, sie haben sichtlich Spass. Mit etwas Abstand laufe ich den drei Freunden nach, steige in die Bahn und setze mich zu ihnen ins Viererabteil. Irgendwie komme ich mir vor die das fünfte Rad am Wagen. Ihr Hauptthema ist die Musik, da kann ich nicht mitreden. Währenddessen sehe ich aus dem Fenster und beobachte die Umgebung, die vorbeizischt. Taddl greift nach meiner Hand und zieht mich nach draussen, sonst hätte ich die Station verpasst.

„Alles in Ordnung bei dir?", raunt er leise.

„Ja", ist meine knappe Antwort. Zweifelnd sieht er mich an, hakt aber nicht weiter nach. Liv hat ein Restaurant ausgesucht, in dem sie speisen will und schnappt sich einen der Tische im hinteren Bereich, der etwas abgeschottet ist. Etwas mehr Ruhe.

„Ich sterbe gleich vor Hunger", stöhnt sie.

„Das sagst du jedes Mal", gab Taddl zurück und sie kicherte.

„Weil es stimmt. Oooh ja Essen! Trinken!" Der Kellner bringt uns die Karten, nimmt etwas später die Bestellungen auf und verschwindet wieder. Mit den Getränken bringt er mir etwas, woran ich mich klammern kann. Eine ganz dekadente Cola Light. Sie haben tausend Themen, von denen ich noch nie etwas gehört habe, reden über Dinge, über die ich nichts sagen kann und generell fühl ich mich, als gehöre ich nicht hierher. Das ist nicht meine Welt. Meine Welt ist einfacher gestrickt, hat seine Muster und Abläufe, mit denen ich mich wohlfühle und es spielt mir keine Rolle, ob es langweilig ist oder nicht. Ich bin nicht spontan, nicht gesellig, ziemlich verschlossen, sarkastisch und stur. Keine Attribute, um schnell viele Freunde zu machen. Die drei haben sich davon bisher nicht abwimmeln lassen. Nun gut, Ardy wurde über Taddl ein Freund und Liv über die beiden, sonst hätte ich nie gross etwas mit ihnen zu tun gehabt.

Zwischen Masken und MusikWhere stories live. Discover now