Ich zucke zusammen, als ich plötzlich Taddls Hand auf meinem Bein spüre, er sucht nach meiner Hand und hält mich fest. Er lässt erst los, als das Essen kommt. Irgendwie überstehe ich das Ganze hier. Es hat wenige Besucher, die meisten ignorieren uns und so kann ich etwas entspannen. Ich liebe ihn, ich stehe zu ihm, aber ich bin keiner, der die Gefühle gross öffentlich bekunden will. Das ist für mich Privatsache. Aber er ist in der Sache das genaue Gegenteil und ihn stört es nicht, mich an sich zu drücken, zu küssen und all das. Aber ich will ihn nicht zurückweisen, das verletzt ihn sowieso nur wieder und dann spinnt er sich was auch immer zusammen.

Er hält mich fest, als wir gehen und ich spüre, wie uns ein paar dabei ansehen. Kopf runter und durch. Wir sind gleich draussen und ich ziehe frische Luft in meine Lungen. Zittrig atme ich aus. Als offensichtliche zwei Pärchen schlendern wir weiter durch die nächtliche Stadt. Von allen Seiten fühle ich mich angestarrt und blossgestellt.

„Können wir nach Hause?", platze ich irgendwann heraus.

„Willst du nicht mit in den Club?", fragt Liv überrascht und mir spannt sich jeder Muskel abweisend an.

„Nicht mein Ding", sage ich zerknirscht. Taddl ist hin- und hergerissen, das sehe ich ihm deutlich an. „Sonst...ich kann auch allein gehen. Is okay."

„Bist du sicher?", fragt er nach und ich nicke tapfer. „Soll ich später vorbeikommen? Weiss nicht, wie lange wir weg sind."

„Du hast ja einen Schlüssel." Hauptsache, er kommt noch vorbei. Sie begleiten mich noch zur Strassenbahn und er küsst mich zum Abschied, was ich sehr schnell abbreche und in die Bahn stürze. Es ist mir gerade egal, wie blöd er sich fühlt, aber er sollte wissen, wie es mir dabei geht. Im engen Kreis ist es kein Problem mehr, aber alles andere ist eins. So viele Stationen, bis ich endlich zu Hause ankomme und direkt in die Wohnung renne. Meine vier Wände, in denen ich mich sicherer fühle, alles aussperren kann, was mich da draussen belastet. So schnell ich kann, fliehe ich in meine Wohnung und lehne mich gegen die geschlossene Tür.

Mitten in der Nacht wache ich auf. Es rumpelt. Ein leiser Fluch, Taddl hat sich wohl irgendwo auf dem Weg ins Bad gestossen. Ich höre, wie er sich wenig später für die Nacht umzieht, spüre, wie er ins Bett steigt und sich neben mich legt. Er riecht immer noch nach Club. Wie immer kuschelt er sich an mich und schläft direkt ein. Die Atemzüge werden regelmässig, er schnarcht sogar leise. Es ist nicht einfach, direkt wieder einzuschlafen. Eigentlich kann ich gerade gar nicht mehr schlafen. Vierzig Minuten warte ich, ehe ich aufstehe und ins Wohnzimmer gehe. Der Computer startet leise hoch und mir fällt nichts Besseres ein als ihn zu googeln. Die neusten Fotos sind bereits online und zeigen die drei beim Feiern mit irgendwelchen Fremden. Ardy und Liv, die unbekümmert feiern, sich küssen und tanzen. Taddl, der sich um seine Fans kümmert. Ein Foto ist schlimmer als das nächste. Flirten kann er. Und er tut es ausgiebig. Bisher habe ich das immer nur am Rande mitbekommen, aber jetzt sehe ich das Ergebnis. Wie sie sich freuen, sich an ihn pressen und ein paar küssen ihn sogar auf die Wange. Der Killer ist eine junge Blondine, die von ihm einen Kuss auf die Wange bekommt. Nicht cool. Wenn ich mich also weigere, öffentlich irgendwelche Zärtlichkeiten auszutauschen, dann tut er es mit irgendwelchen fremden jungen Weibern?

Die halbe Nacht verbringe ich im Netz, habe mich in meinem Kontrollwahn verloren und drehe immer mehr durch. Es gibt tausende solcher Fotos. Ein paar deutlich ältere Aufnahmen zeigen ihn mit den Exfreundinnen, sogar einem Exfreund, der gar kein Problem hatte, ihn zu umarmen. Einmal mehr frage ich mich, was er dann von mir will. Einem verklemmten Spasti, der am Liebsten in seinen eigenen vier Wänden hockt.

Mir ist schwindelig und schlecht, Kopfschmerzen melden sich zu Wort und mit einem Blick auf die Uhr schrecke ich auf und verlasse die Wohnung überstürzt. Zu spät kommen will ich nicht.

Zwischen Masken und MusikWo Geschichten leben. Entdecke jetzt