Kapitel 4- Xaras Sicht

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Gelangweilt saß ich auf dem Bordstein einer kleinen verträumten Londoner Vorstadtstraße. Neben mir auf dem grauen Asphalt stand mein riesiger Koffer, in den ich fast alles gestopft hatte was ich besaß.

Im Moment war ich so sauer auf meinen Vater, dass ich nicht vorhatte in den Ferien dieses komischen Internats nach Hause zu fahren.

Gab es das überhaupt? Zu Hause?

Mein Vater hatte sich zwar größte Mühe gegeben mir das alles so verständlich wie möglich zu erklären, aber viel gebracht hatte es nicht.

Ich hatte schon kapiert, dass es nötig war auf diese Schule zu gehen. Weil ich so besonders war und außergewöhnlich Kräfte hatte... Blablabla. Aber warum ich bis dahin nicht bei meinen Eltern bleiben konnte, verstand ich beim besten Willen nicht.

Stattdessen sollte ich zu dem Cousin meines Vaters, weil er sich angeblich so gut auskannte mit meinen Besonderheiten. „Weil er auch etwas Besonderes ist", hatte mein Vater gesagt.

Das alles änderte aber nichts an der Tatsache, dass ich ihn noch nie gesehen hatte und auch mein Vater ewig keinen Kontakt mehr mit ihm gehabt hatte.

All diese Gründe hatten dazu geführt, dass ich mich mit Händen und Füßen gegen den Vorschlag meines Vaters wehrte, den das aber überhaupt nicht kümmerte.

Letztendlich hatte er mich einfach ignoriert und beschlossen den Plan in die Tat umzusetzen.

Und so befanden wir uns an einem ungewöhnlich heißen Sommertag in der kleinen Einkaufsstraße, mein Vater an die Hauswand eines Cafés gelehnt und ich neben meinem Koffer hockend, und warteten auf den Cousin meines Vaters, auf diesen Mann namens „Harry"

Nach der Aussage meines Vaters sollte er (hoffentlich) in zwei Minuten auftauchen, mich mitnehmen und mich die restlichen Wochen bis Schulbeginn bei sich und seiner Familie wohnen lassen.

Angeblich habe er drei Kinder von denen die zwei älteren Kinder, beides Jungs, schon auf diese Hogwartsschule gingen und ein Mädchen, welches jetzt mit mir auf die Schule kommen würde.

Auch wenn ich wegen dieser ganzen Situation ziemlich sauer auf meinen Vater war, konnte ich nicht leugnen, dass da noch andere Gefühle waren, wie Vorfreude und Neugier.

Ich hatte immer bemerkt, dass ich anders war und meine Klassenkameraden hatte auch ziemlich deutlich gemacht, dass sie mich deswegen nicht leiden konnten.

Und jetzt freute ich mich unglaublich, dass ich Leute kennenlernen sollte, die so waren wie ich. Vor allem mit diesem gleichaltrigen Mädchen wollte ich mich unbedingt anfreunden.

Als ich kurz darauf schon zum zweiten Mal auf meine Armbanduhr schaute, sprang der große Zeiger genau in diesem Moment auf die 12.

Es war drei Uhr. Hinter mir hörte ich ein leises Räuspern und erschrocken drehte ich mich blitzschnell um.

Dort stand ein schwarzhaariger Mann mit leuchtend grünen Augen. Wenn ich schätzen müsste, würde ich sagen, dass er ungefähr so alt wie mein Vater wäre.

Er lächelte ein ehrliches Lächeln und streckte mir seine Hand hin: „Schön dich kennenzulernen Xara! Ich bin Harry."

Vorsichtig lächelte ich zurück und schüttelte sein Hand. Da ich bei neuen Bekanntschaften immer noch ein bisschen schüchtern war, erwiderte ich leise: „Hi!" und beließ es dann dabei.

Harry machte auf mich einen sehr netten Eindruck und ich dachte mir, dass ich meinen Onkel mögen würde.

Er begann auch direkt sich auf der Beliebtheitsskala nach oben zu arbeiten, indem er ganz selbstverständlich das Gespräch am laufen hielt und so keine peinliche Pause entstehen konnte.

„Ich habe uns ein Taxi bestellt, da ich mir sehr sicher bin, dass du unser übliches Fortbewegungsmittel dir nicht gefallen würde", meinte er freundlich.

Eigentlich wollte ich Harry noch fragen, wie sie sich normalerweise fortbewegen würden, aber mir blieben die Worte vor Aufregung im Hals stecken.

Es schien ihm gar nichts auszumachen, dass er wegen mir mit dem Taxi fahren musste und Harry wurde mir somit immer sympathischer und sympathischer.

Nachdem ich mich so knapp wie möglich von meinem Vater verabschiedet hatte, der obwohl er mich loswerden wollte, recht betrübt aussah, mein Onkel meinem Vater zunickte und ich meinen schweren Koffer in das inzwischen eingetroffene Taxi gewuchtet hatte, ging es los.

Auch während der Autofahrt betrieb Harry rege Konversation.

Er erzählte mir von Lily, seiner Tochter, die mir sehr ähnlich sei, wie er meinte. Ich wusste nicht genau ob sich diese Ähnlichkeit auf das Äußere beziehen sollte, aber ich dachte mir, dass ich das ja schon bald herausfinden konnte

Außerdem erfuhr ich, dass heute die beiden Söhne aus dem Zaubererinternat zurück kommen sollten und es deswegen eine kleine Feier mit einer befreundeten Familie geben sollte.

Ich hatte ein wenig Angst davor heute so viele neue Leute kennenzulernen, die auch etwas „Besonderes" waren, wie mein Vater es gennant hatte.

Bevor ich mir noch mehr Gedanken machen konnte, hielt das Taxi schon an. Harry war schon ausgestiegen und hielt nun mir die Autotür auf. Scheu lächelte ich ihn an, als ich ausstieg.

Da waren wir also.

Xara & LorcanWhere stories live. Discover now