Kapitel 12

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P.O.V. Kathi

„Da lagen wir wohl beide falsch." Elena lächelte mich wissend an, ging dann geradewegs auf die Jungs zu, die wir zu den Länderspielen begleiteten. Wir hatten gerade überlegt, wo sich die beide Fußballer wohl aufhielten, als Marco uns zu ihm und Leroy gewunken hatte. Also folgte ich Elenas Beispiel und lief ebenfalls zu den beiden, und während Elena sich schon kurz mit Marco unterhielt spürte ich genau Leroys Blick auf mir liegen. Peinlich berührt sah ich ihm direkt in die Augen und musste feststellen, dass er mich weiterhin ansah, auch wenn ich ihn beim Gucken erwischt hatte. Das Ganze war mir etwas unangenehm, sodass mir unglaublich warm wurde.

Ich stellte mich zu Leroy, welcher mich zur Begrüßung einfach nur anlächelte. Wir hatten uns vor einer Stunde noch gesehen und abgesprochen, wie oft wir uns am besten zusammen zeigen sollten. Da wir uns beide mittlerweile auch als Freunde gut verstanden war es für keinen ein Problem ein wenig aufeinanderzuhocken, trotzdem brauchten wir ab und zu Zeit für uns selbst oder mit anderen Leuten. Dass ich mir ein Zimmer mit Elena teilen musste war pures Glück gewesen, denn mit ihr verstand ich mich wirklich gut.

„Das Essen wurde gerade gebracht. Wir können uns was nehmen.", erklärte er mir und Elena dann. Wir beschlossen zu viert, dass wir uns an einen freien Tisch setzen wollten, nachdem wir uns jeder eine Portion des Essens genommen hatten. Erik schien noch nicht da zu sein, und da wir Josi in unserem Zimmer schlafen gelassen hatten saßen wir nur zu viert an einem Tisch. Elena hatte mir das ganze Drama um ihrer besten Freundin und Erik erzählt, da ich anfangs zu verwirrt war, warum sie weinend ins Zimmer gekommen war. Sie schien das Ganze echt zu beschäftigen und ich würde ihr gerne helfen, wenn ich wüsste wie.

„Marco.", Elena pustete ihren Löffel Suppe erst, bevor sie weiter zu reden begann. „Treffen wir uns nachher in deinem Zimmer, um den Plan zu besprechen?" Per Augenkontakt schienen die beiden weitere Sachen auszumachen, die scheinbar nicht für unsere Ohren gedacht waren. „Was für ein Plan?" Leroy war zu neugierig und fragte einfach die Frage, die ich extra unterdrückt hatte. Interessiert hob auch ich meinen Kopf und sah zwischen Elena und Marco hin und her.

Das Mädchen neben mir seufzte, bevor sie uns die Kurzfassung erklärte. „Marco und ich wollen Josi und Erik zusammenbringen und Jenny eins auswischen, damit Josi wieder glücklich ist." Es schien kompliziert zu sein das zu erreichen, also konnte ich mich dieses Mal nicht daran hindern kurz nachzufragen. „Können wir euch irgendwie helfen?" Kurz versicherte ich mich mit einem Blick zu meinem Fake-Freund, ob er überhaupt helfen wollte, er nickte als Antwort fast unmerklich. Die beiden neben uns schwiegen, als würde keiner etwas sagen wollen und schon dann war mir klar, dass die beiden erstmal alleine über alles reden wollten.

„Wir müssen noch alles besprechen, im Moment könnt ihr nicht helfen. Aber wenn, dann sagen wir Bescheid.", lautete Marcos Antwort, genauso, wie ich es gedacht hatte. Verstehend nickte ich, aß mein Essen und wartete darauf, bis Leroy endlich das Thema wechselte. Wir unterhielten uns ausgelassen über verschiedene Themen, bis Erik plötzlich mit einem Teller in der Hand vor uns stand.

„Habt ihr Josi gesehen? Ich kann sie nicht erreichen..." Er schien ein wenig verzweifelt zu sein, seine wild abstehenden Haare bestätigten meine Annahme. Elena übernahm das Wort, schließlich war sie enger mit Josi befreundet als ich. „Sie ist in meinem Zimmer und ruht sich aus. Du solltest sie erst einmal in Ruhe lassen, bis sie mit dir reden will." Der Unterton in ihrer Stimme klang warnend, was auch Erik zu verstehen schien. Ich fragte mich gerade, wo er seine Freundin gelassen hatte, da drehte letzter Genannter sich geknickt, aber nickend um und suchte sich einen anderen Platz zum sitzen.

Nach dem Essen trennten sich erstmal die Wege von mir und Elena, da diese sofort mit Marco deren Plan durchgehen wollte. Die beiden hatten kurzfristig entschieden das Ganze in unserem Zimmer zu tun, damit Elena da war, wenn Josi wieder wach wurde. Elena hatte mich gefragt, ob das okay wäre, und ich hatte zugestimmt, also musste ich mir jetzt wohl oder übel einen anderen Platz für die nächste Stunde suchen. Nachdenklich sah ich hoch zu dem Wuschelkopf, der mich schmunzelnd musterte, während er seine Hände in seiner Jogginghose vergrub. „Na komm, wir laufen einfach noch eine Runde ums Außengelände."

Bevor ich mich alleine in die Lobby setzen musste stimmte ich also zu, musste wie automatisch grinsen, als er Richtung Ausgang nickte und auf mich wartete. Schweigend liefen wir direkt nebeneinander her, seine Anwesenheit spürte ich dabei deutlich. Die kühle Nachtluft traf mich im Gesicht, außerdem wurde es so langsam dunkel draußen. Als Reaktion auf die plötzliche Kälte nahm ich meinen Cardigan und hielt beide Enden vor meinen Oberkörper, wo ich meine Arme dann auch verschränkte. Leroy lief ausdruckslos neben mir her, doch die Stille war nicht unangenehm. Ich genoss es sogar einfach den Schotterweg neben ihm herzulaufen und nachdenken zu können, ohne dass er mich unterbrach. Das schien er zu merken.

Wir kamen bei einer Bank an, wo der Junge mit der kakaofarbenen Haut anhielt. „Komm, wir setzen uns hierhin." Einverstanden mit seinem Vorschlag setzte ich mich auf die eine Seite der Bank, er folgte meinem Beispiel und ließ sich so nahe neben mir nieder, dass unsere Schultern sich minimal berührten. Ich nahm mir einen Moment, um mich zu wundern, dass Leroy sich so aufmerksam um mich kümmerte. Klar, ich war nur wegen ihm hier, trotzdem würde ich es verstehen, wenn er etwas mit seinen Teamkollegen machen wollte. Er wirkte auf mich eher wie ein Einzelgänger, der gerne auch mal alleine ist. Irgendwie machte ihn diese Ruhe, die er immer ausstrahlte, sympathisch.

„Du scheinst dich ziemlich gut mit Elena zu verstehen.", sagte er auf einmal in die Nacht hinein. Meine Aufmerksamkeit auf ihn richtend, drehte ich mich zu ihm um. Er erwiderte meinen Blick mit einem kurzen Lächeln, sah dann lieber weiter geradeaus, was ich dann auch tat. Wir konnten auch miteinander reden, ohne uns dabei anzusehen. „Sie ist wirklich nett und ich bin froh, dass ich auf ein Zimmer mit ihr gekommen bin. Werde mich wohl ein wenig an sie halten, da sie auch das erste Mal bei sowas dabei ist." Ob sie die Freundin von Marco war wusste ich gar nicht, mir kam es eher so vor, als würde sie manchmal skeptisch sein, was Marco anging. Als würde sie etwas hindern ihn noch mehr zu mögen.

Es war offensichtlich, dass Leroy gerade an den Plan von den beiden dachte, also schnitt ich das Thema nochmal an. „Weißt du was die beiden vorhaben?" Er schüttelte mit dem Kopf. „Ich weiß nur, dass die beiden ihren Plan morgen früh sofort durchziehen wollen. Habe Marco heute beim telefonieren gehört." Verstehend nickte ich wieder, danach gingen wir wieder unseren eigenen Gedanken nach.

Gerade schaute ich nachdenklich auf die Fassade des Hotelgebäudes und dachte darüber nach, wie ich in meine Situation gekommen war, da spürte ich etwas Warmes an meinen Fingern. Überrascht schaute ich hinunter zu diesen und stellte fest, dass Leroy unsere Hände miteinander verschränken wollte. Erst zögerte ich, ließ ihn dann aber meine Hand nehmen. Was er sich dabei gedacht hatte wusste ich beim besten Willen nicht, doch das war mir egal, weil mir seine kleinen Gesten wie diese jetzt gefielen.

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