»Und was, wenn doch?«, fragte ich trotzig wie ein Kind. Wenn sie mich so behandelte, dann konnte ich mich auch so benehmen.

»Sei doch nicht dumm. Du hast schon so keine Chance. Nimm das Katana. Damit hast du fast immer trainiert. Du weißt nicht mal wie man die Peitsche benutzt.«

»Danke für die Aufmunterung.«, erwiderte ich gereizt. Sie hatte ja recht, warum nahm ich ihr übel, dass sie mir die Wahrheit sagte.

»Du weißt es doch selber. Du bist ein hoffnungsloser Fall. Wenn ich es nicht hinbekomme dich zu einer Kämpferin zu machen, dann schafft das niemand.«

»Anscheinend doch.«, widersprach ich. »Mayser konnte kämpfen. Sie hat nie einen Kampf verloren.«

»Den Mann will ich treffen, der das geschafft hat.«, sagte sie höhnisch und lachte.

»Es war eine Frau. Mehyl und ich wurden von meiner Mutter trainiert.«

»Wie hat sie das den geschafft bei euch beiden?«, fragte sie etwas freundlicher.

» Sie hat es nicht bei uns beiden geschafft. Mehyl war ein hoffnungsloser Fall. War immer nur in seine Bücher vertieft und hat sich geweigert Lebewesen zu verletzten. Und wie sie es bei mir geschafft hat weiß ich nicht. Diese Erinnerung habe ich nicht.«

»Erbärmlich. Da ist der Beweis, dass nur wir dunklen Neyfrem stark genug sind um bis in die Ewigkeit zu leben.«, sagte sie angewidert.

Ich zuckte mit den Schultern. »Ich geh mich aufwärmen.«

»Vergiss nicht. Du darfst deine Fähigkeiten nicht benutzen, sonst wird es ein schlimmeres Nachspiel für dich haben, als die Demütigung zu verlieren.«

Lange dauerte er nicht, bis endlich Hiyon und seine Mutter kamen. Viya versuchte sich ihre Missbilligung nicht anmerken zu lassen, als sie mich sah, aber sie machte keine gute Arbeit. Sie schien es noch immer nicht zu verkraften, dass ich sie besiegt hatte. Nun trug sie mehr als nur eine Halskette um sich gegen mich zu schützen. Zwei neue Ringe zierten ihre Finger und dazu passende Ohrringe. Ich konnte spüren, wie alles aus dem selben Edelstein gefertigt worden war um meine Fähigkeiten zu blockieren. Hatte sie etwa Angst vor mir? Ich grinste sie wissend an. Sie drehte sich einfach um und ging zu den anderen aus der Gilde. Hiyon trug einen nagelneuen Trainingsanzug. Dieser Tag war der wichtigste seines Lebens, denn hiervon hängte es ab, wie seine ganze Zukunft aussehen würde.

»Sie denkt du könntest mich wirklich besiegen.«, lachte Hiyon und schaute mich missbilligend von Kopf bis Fuß an. »Aber auch nur, weil sie dich nicht kämpfen gesehen hat.«

Ich antwortete ihm nicht. Wie hieß es so schön? Diskutiere niemals mit Idioten. Sie ziehen dich auf ihr Niveaurunter und schlagen dich dann durch Erfahrung. Das war mein Lebensmotto und ihr würde es sicherlich nicht für diese mickrige Made ändern.

Verspätet tauchten Mehyl und Des auf und setzten sich auf die freien Plätze der Loge. Attica nickte mir zu und machte sich ebenso auf dem Weg zur Loge. Dort angekommen nahm sie zu Mehyls linker Seite Platz. Dieser Anblick brachte mich zum Schmunzeln. Zu Mehyls linker und rechter Seite saßen die Leute, die Mehyl wohl am liebsten tot sehen wollten. Atticas Grund war mir noch unbekannt, aber es würde wohl nicht mehr lange dauern, bis ich es herausfand. Die beiden dunklen Neyfrem denen er am meisten vertraute, waren zugleich die, die ihm am meisten hassten. Was eine Ironie des Schicksals. Mehyl sah meinen Blick und nickte mir ohne jede Gesichtsregung zu. Zum Zeichen, dass er meine Gegenwart zur Kenntnis genommen hatte. Ich erwiderte sein nicken und wandte mich ab. Die Prüfungen begannen und die geprüften wurden an einen gewählten Ort gebracht. Durch ein Hologramm ähnliches Bild, dass mitten in die Arena schien, konnte man alles in echt Zeit verfolgen. Doch die Endergebnisse liefen alle genauso, wie zu erwarten gewesen war. Diejenigen, die sich im Training hervorgetan hatten, hatten auch bei den Prüfungen die Oberhand. Doch es gab eine kleine Überraschung, mit der ich nicht gerechnet hatte. Die Gewinner durften entscheiden, welchen Einstiegsrang der Verlierer erhielt. Aber anders als alle anderen hier interessierte ich mich nicht brennend dafür, wer welchen Rang bekommen sollte und so ging ich, ohne Hiyon eines Blickes zu würdigen, zu den Waffen, um meine vorherige Entscheidung -die nur dem Zweck dienen sollte Attica aufzuziehen- neu abzuwägen. Obwohl es keinen Unterschied machen würde welche Waffe ich auswählte. Bestimmt würde er mich zu seiner Putzfrau machen, wenn er gut gelaunt war.

Hinter mir räusperte sich jemand. Noch bevor ich mich umdrehte wusste ich, dass Des hinter mir stand. Selbst ohne das ich seine Stimme hörte, wusste ich wie er klang. Schon ein räuspern genügte um ihn auszumachen.

»Was willst du? Solltest du nicht mit Mehyl in der Loge sitzen?«, fragte ich ihn.

»Mehyl meinte ich solle mich mit dir zeigen. Es würde den dunklen Neyfrem deine Macht zeigen, wenn sie uns zusammen sehen. Mit Mehyls rechten Hand verheiratet zu sein und somit den zweit mächtigsten Mann nach Mehyl hinter sich zu wissen, würde die anderen Ehrfurcht lehren.«, sagte der unechte Des arrogant.

»Du weißt aber schon, dass du nicht wirklich seine rechte Hand bist? Wenn er wüsste, wer du wirklich bist würde er dich nicht mal eines Blickes würdigen.«, sagte ich ihm telepathisch.

Das wischte ihm sein arrogantes Grinsen aus dem Gesicht und in mir breitete sich Genugtuung aus.

»Ich glaube Mehyl würde es eher verwunderlich finden, wenn wir nicht mehr miteinander reden. Er weiß wieviel du und Des euch bedeutet. Des tut das doch angeblich alles um dir zu helfen. Dann wäre es widersprüchlich, wenn wir nichts mehr miteinander zu tun hätten. Des ist kein dunkler Neyfrem. Er müsste noch von seinen Gefühlen geleitet werden. Obwohl jeder hier vorgibt dieses Detail zu übersehen, ist es jedem jeden Tag deutlich vor Augen. Ein Neyfrem steht in ihrer Hierarchie vor allen dunklen Neyfrem. «, stellte er klar. »Also lass uns das dunkle Traumpaar sein.« Er zwinkerte mir gespielt zu.

»Verzieh dich.« Das war das letzte was ich jetzt brauchte. Auch noch Schauspielern zu müssen für irgendwelche möchte gern Bösewichte. Des war dabei sich abzuwenden, bevor ich ihn zurückhielt. »Warte. Es ist so weit. Ich werde meinen Teil der Abmachung einhalten. Ich habe Caleb vorhin Bescheid gesagt. Er weiß, wo er dich hinbringen muss. Aber Mehyl darf nichts davon mitbekommen. Ich kann dir nach meiner Prüfung eine Stunde geben, aber nicht mehr.« Seine Miene wurde ernst und er nickte dankbar, bevor er ging. 

Dark Neyfrem #2Where stories live. Discover now