《4. Kapitel》

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Ein zarter Schmetterling. Fliegend von Blume zu Blume.

Ein leuchtender Stern. Erhellend die gesamte Dunkelheit.

Einem leise Violine. Spielend eine fröhliche Melodie.

Das Schöne. Das Sanfte. Das Gute.

Zerstört. Auf ewig. Begraben unter hunderten von Trümmern. Blutig. Niedergeschlagen. Tot.

Wie mein Herz.

Es musste bereits Mitternacht sein. Vielleicht auch schon viel später. Ich wusste es nicht.

Die Straße war in Dunkelheit gehüllt und einzig und allein die wenigen Straßenlaternen hüllten alles in ein gelblich schimmerndes Licht. Viel Helligkeit spendeten sie nicht, aber wenigstens konnte ich die groben Umrisse der parkenden Autos und der Wohnhäuser ausmachen. Mehr musste ich gar nicht erkennen, schließlich wusste ich auch so, wie alles hier aussah. Die eintönigen  Reihenhäuser, allesamt aus weißen Fassaden und dunkleren Fensterläden bestehend. Zwei Etagen. Jeweils ein kleiner Garten und eine Garage. Schön war es nicht, nach meinem Geschmack jedenfalls. Aber es wirkte friedlich. Perfekt für kleine glückliche Familien. Nicht für mich. 

Sicherlich würde die Straße bei vielen erwachsen gewordenen Kindern in Erinnerung bleiben. Als der ruhige und schöne Ort der Kindheit. Sie würden mit ihren neuen Familien hierher zurückkehren, ausgelassen plaudern und dann wieder in ihr kleines perfektes Leben verschwinden- in eine andere Siedlung wie diese.

Ich hingegen verband nichts mit dieser Straße und dem Haus wie jedem anderen hier, welches ich seit einigen Monaten mein Zuhause nennen sollte. Ich war lieber fort. Mehr Vergnügen bereitete es mir, meine Freizeit in der Schulbücherei zu verbringen, bis diese abends um neun Uhr schloss. Dann ging ich in den Park einige Straßen weiter. Bloß nachts kehrte ich nach 'Zuhause' zurück. Zum Einen, um meiner Tante Susan keinen allzu großen Schrecken einzulagern,  zum anderen, weil, naja, irgendwo musste ich ja schlafen.

Auch heute war es nicht anders gewesen.

Jetzt, wo die Nacht schon längst begonnen hatte und die Sterne hoch am Himmel standen, war es für mich an der Zeit, hierher zurückzukehren.

Da war es auch schon. Das Haus meiner Tante.

Nur wenige Meter davon entfernt blieb ich stehen, schien dank meiner schwarzen Kleidung beinahe mit dem Schatten eines nahestehenden Baumes zu verschmelzen. Im Haus brannte kein Licht, einzig und allein das Flackern des Fernsehers im Wohnzimmer konnte ich ausmachen. Nicht anders als jeden Abend. Susan schlief nach ihren langen Arbeitstagen meistens vor dem Fernseher ein und es war beinahe zu einer Gewohnheit für mich geworden, diesen auszuschalten, sobald ich zurückkehrte, und  anschließend noch die Decke über sie zu legen. Aufgefallen musste es ihr bereits sein, aber sie hatte mich nicht drauf angesprochen. Es war wie ein stilles Übereinkommen. Es existierte, aber keiner sagte etwas dazu.

Alles war, wie ich es kannte und das ließ mich schon gleich ruhiger atmen. Andere würden es vielleicht nicht verstehen und brauchten Aufregung, Abwechslung, aber ich genoss die Gewohnheit. Denn war alles so, wie man es kannte, dann konnte es sich auch nicht zum schlechten wandeln. Es bestand kein Risiko. Ich mochte die Gewohnheit.

Meine Schritte waren leise, als ich die Straße schnell überquerte und zeitgleich meinen Schlüssel aus der Tasche kramte. Nur leicht konnte ich die Geräusche des Fernsehers durch das offene Fenster hören, ein beinahe schon beruhigendes Geräusch, das mir bewies, dass es war, wie es sein sollte.

Sobald ich durch die Tür geschlüpft war und meine Schuhe leise ausgezogen hatte, spähte ich vorsichtig durch die Tür ins Wohnzimmer. Alles wie immer. Von den vielen bemalten Leinwänden in der Ecke und dem Regal daneben, bis hin zum Fernseher und den Fotos an der Wand. Betrachtete man die vielen Farbpaletten, die Zeitschriften auf dem Tisch und die bunt zusammengewürfelten Bilderrahmen und Möbel, wirkte alles doch wie ein großes Chaos. Ich wusste, dass es Susan so gefiel. Sie pflegte zu sagen, dass man die gesamte Pracht des Lebens nur dann auskosten konnte, probierte man auch alle Farben aus. Eine wahre Künsterlin nun einmal.

Outsider | #IceSplinters18 #EasterAwards2018Where stories live. Discover now