Die Banane

10 5 0
                                    

Unsere Reise führt uns an den Mekongdelta. In Cần Thơ, werden wir Zeugen des berühmten Floating Market. Schon um fünf Uhr früh legen wir mit einem kleinen Boot ab und erleben einen der faszinierendsten Teile der Reise. Schon bald ist der Fluss kaum noch zu erkennen, sondern gleicht einem bunten Gewusel verschiedener Schiffe. Das Leben spielt sich auf dem Wasser ab. Ich empfehle jedem sich bei Google dieses Ereignisses anzusehen. An kaum einem Ort der Welt lässt sich so viel auf Booten kaufen. Es gibt Früchte, heiße Suppe, Elektrogeräte, Schmuck und sogar eine schwimmende Tankstelle.
Bevor es weiter nach Châu Đoc geht, verbringen wir fast einen ganzen Tag auf dem Wasser. Unser nächstes Ziel ist es nach Kambodscha einzureisen. Schon früh am nächsten Morgen stehen wir auf und werden von einem Fahrradtaxi zu einem Speedboat gebracht. Die Bootsfahrt führt uns zu einer kleinen Grenzkontrolle, wo wir für 30$ ein Visum erhalten.

Der Mekong ist einer der längsten Flüsse der Erde und schlängelt sich durch sechs Länder. Reisen findet auch hier zu großen Teilen auf dem Wasser statt. Diesem Trend folgen wir und durchqueren das halbe Land. Das alles wäre vermutlich sehr schön, wenn ich nicht wüsste wie sehr Anna mich inzwischen verabscheut. Jede Minute stelle ich mir vor, wie schön es wäre mit jemand anderem hier zu sein. Anna verkneift sich fast alle zynischen Kommentare, doch zu oft merke ich, wie sie die Lippen zusammenpresst um sich nicht erneut über irgendeine Bagatelle aufzuregen.
Schließlich treffen wir in Siem Reap ein. Die Ortschaft ist das Tor zur alten Stadt Angkor. Auf fast 200 Quadratkilometern kann man hier alte Ruinen erkunden und viel über die Kultur der Khmer lernen.
Am bekanntesten ist Angkor Wat, das größte heilige Gebäude der Welt. Wer Südostasien bereist, sollte diesen Ort auf keinem Fall verpassen.
Um Anna bei Laune zu halten, darf sie seit Saigon alle Entscheidungen treffen. Mir ist nur noch wichtig, die letzten Tage unserer Reise ohne weitere Strapazen zu überleben.
Auch unser Hostel hat sie ausgesucht. Als ich uns durch die schmalen Gassen navigiere, dringt schnell Musik an meine Ohren. Wie es scheint ist in unserer neuen Unterkunft Dauerparty angesagt. Doch ich würde vermutlich eher dreißig Quallenbrötchen essen, als eine erneute Diskussion mit Anna zu beginnen.

Auf dem Weg zu unserem Zimmer kommen wir an einem Pool vorbei. Tätowierte, durchtrainierte Typen laufen hier herum. Jeder von ihnen hat entweder eine Bierflasche oder eine dürre Tussi an seiner Seite. Was für mich dystopisch ist, muss für Anna der Himmel auf Erden sein. Es riecht nach Dope und Nagellack.
Während Anna sich frisch macht, versuche ich herauszufinden, wie wir am nächsten Tag nach Angkor kommen. So kann ich der lauten Musik zumindest für eine Stunde entrinnen. Ich hätte nicht wenig Lust alles hier ohne Anna zu machen, doch kann sie scheinbar nicht alleine sein.
Als ich in der flimmernden Hitze ein Mototaxi nach dem anderen abklappere, merke ich erst wie indisponiert ich mich fühle. Mein Kopf pocht, alles fühlt sich heiß an und irgendwie ist mir auch übel. Obwohl Anna keine erneuten Ausraster hatte, hat mir ihre Abneigung in den letzten Tagen kräftig zugesetzt. Ich muss dringend irgendwo hin wo ich mich wohl fühle. Doch ins Hostel kann ich nicht, denn da warten nur Gedröhne und Anna auf mich. Und hier draußen ist es nicht sehr gemütlich. Die Welt um mich her erscheint mir zunehmend düsterer. Alles fühlt sich irgendwie hart an. So wie in einem Albtraum, aus dem ich nicht aufwachen kann.
Ich finde eine abgemagerte Katze und spiele etwas mit ihr. Vermutlich hat die auch Tollwut, doch das ist mir egal. Alles in mir will nur ein Lebewesen treffen, was mir nicht böswillig gesonnen ist. Und diese Katze mag mich zumindest.
"Miau", sage ich und komme mir vor, als sei ich obdachlos.
"Hey, in fünf Tagen ist das alles vorbei", höre ich David 2.0 sagen. Er ist lässig gegen eine Steinmauer gelehnt und schlürft einen Cocktail. Der Typ hätte in unserem Hostel vermutlich schnell Freunde gefunden.
Als ich aufstehe streicht mir die Katze um die Beine. Ein Auto brettert vorbei, einen Anhänger mit Hühnern im Schlepptau. Die Katze verschwindet panisch in einem Hauseingang.
Durch heißen Staub geht es zurück. Verzweifelt versuche ich mich zu ermuntern und denke an zu Hause.

Albtraum Im DschungelWhere stories live. Discover now